Wegen Sinnlos-Alarmierungen

Gefährdete Außenbezirke: Hierher braucht die Berliner Feuerwehr zu lange

44.000 Einsätze! Im Januar mussten die Retter der Berliner Feuerwehr so oft wie noch nie ausrücken. Vor allen Dingen in die Innenstadt. Darunter leiden Bewohner am Rand Berlins.

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In die Außenbezirke Berlins brauchen die Rettungswagen der Berliner Feuerwehr oft zu lange.
In die Außenbezirke Berlins brauchen die Rettungswagen der Berliner Feuerwehr oft zu lange.Frank Sorge/imago

Berlins Retter in Not: Bis Ende Januar mussten die Rettungsdienste schon zu 44.000 Einsätzen ausrücken – das ist ein neuer Rekordwert, berichtet RBB24. Komplett irre: Immer öfter alarmieren überforderte Berliner die Rettungsdienste schon bei Atemwegsbeschwerden während der Grippesaison. Probleme bekommen dann vor allen Dingen Patienten in den Berliner Außenbezirken.  

Gefährliche Folge: Wegen solcher Bagatell-Einsätze gelingt es der Berliner Feuerwehr häufig nicht mehr, ihre Zielvorgabe einzuhalten und innerhalb von zehn Minuten am Einsatzort zu sein. „Das schaffen wir nicht einmal in 50 Prozent der Fälle“, räumt Manuel Barth von der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG) Berlin-Brandenburg gegenüber RBB24 ein.

Das sind laut Feuerwehr gefährdete Gebiete

Vor allen Dingen Berliner, die innerhalb des S-Bahnrings wohnen, scheinen nicht mehr zu wissen, wann man die Retter der Berliner Feuerwehr alarmieren sollte. „Da eine Vielzahl der Einsätze sich in Innenstadtbezirken konzentriert, führt das teilweise dazu, dass Rettungswagen aus den Außenbezirken Richtung Zentrum fahren und weniger Kapazitäten verfügbar sind“, erklärt Manuel Barth.

Rettungskräfte können deshalb die vorgeschriebene Zehn-Minuten-Marke in einigen Teilen der Außenbezirke immer seltener einhalten. Zu den gefährdeten Gebieten zählen laut Feuerwehr: Rauchfangswerder in Treptow-Köpenick oder die Bereiche Pilgramer Straße und Elsensee in Marzahn-Hellersdorf.

Ab dem 25. März soll deshalb ein sogenanntes ein Triage-System die Wende bringen: Lebensgefährliche Notfälle sollen dann priorisiert werden (KURIER berichtete). Notärzte und Notfallsanitäter sollen bei Notlagen wie Herzinfarkten oder Schlaganfällen eingesetzt werden. Möglich wurde die Reform durch eine neue Verordnung der Innenverwaltung, die die Besetzung der Rettungswagen flexibler macht: Für weniger kritische Einsätze wie einen Beinbruch reicht nun ein Rettungssanitäter statt eines Notfallsanitäters aus.

Einsätze werden künftig in fünf Dringlichkeitsstufen eingeteilt. Bei Stufe 1 (fünf Prozent der Fälle) handelt es sich um lebensbedrohliche Notfälle wie Herzstillstand oder Bewusstlosigkeit – hier ist ein Notarzt garantiert. In Notfallstufe 2 (40 Prozent der Fälle), zu der Fälle wie Atemnot nach allergischen Reaktionen oder stärkere Blutungen gehören, kann ein Notarzt weiterhin alarmiert werden. Zusätzlich ist es möglich, einen „First Responder“ – ein nahegelegenes Feuerwehrfahrzeug – einzusetzen.

Bei einer Platzwunde 22 Minuten warten

Bauch- und Rückenschmerzen, Traumata oder Vergiftungen ohne schwere Symptome werden in Kategorie 3 (35 Prozent der Notrufe) eingeordnet. Ungefährliche Blutungen ohne Risikofaktor oder psychische Krisen ohne akute Fremdgefährdung fallen in Kategorie 4 (10 Prozent). Noch weniger dringlichen Notfälle gehören zur Kategorie 5 (zehn Prozent.

Die Wartezeit bei den weniger schweren Fällen kann in Zukunft bei 15 bis 20 Minuten liegen. Wer etwa mit einer Platzwunde in Kategorie 4 fällt, muss künftig sogar mit Wartezeiten von bis zu 22 Minuten rechnen. Notrufe, bei denen es sich eindeutig um ungefährliche Situationen handelt, kann die Feuerwehr an den Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung weiterleiten, heißt es bei RBB24. Das soll auch künftig mit allen Fällen geschehen, die unter die Kategorie 5 mit der niedrigsten Priorität fallen. ■