Nur noch wenige Stunden, dann liegen in den Supermärkten, Tante-Emma-Läden und Fachgeschäften des Landes wieder bunt verpackte Raketen, Böller, Fontänen und Batterien – am 28. Dezember startet der Verkauf von Silvesterfeuerwerk! Dann können sich Feuerwerks-Fans wieder nach Herzenslust eindecken, ihre Ersparnisse verpulvern und – vor allem in Städten wie Berlin – heimlich schonmal die eine oder andere Rakete in den Nachthimmel steigen lassen. Es ist eine Zeit, die für mich schon immer etwas Magisches hatte, denn ich LIEBE Feuerwerk. Doch viele tun es nicht. Die Debatte über Sinn und Unsinn der Knallerei wird jedes Jahr aufs Neue erbittert geführt. Und warum? Weil Böller-Irre uns allen den Spaß verderben!
Feuerwerks-Fan oder Böller-Chaot? Das ist ein riesiger Unterschied!
Ich war schon als Kind ein großer Fan von Silvesterfeuerwerk. Jedes Jahr stellte ich mich mit meinem Vater in meiner Heimatstadt in Sachsen vor die örtliche Drogerie, um – es waren die 90er-Jahre – Knaller, Raketensortimente und Fontänen. Alles nicht zu vergleichen mit dem heutigen Pyro-Sortiment. Die ersten Feuerwerksbatterien gab’s damals etwa unter der Ladentafel, der Händler hatte sie für seine Stammkunden da. Mit dem Profi-Feuerwerk, das sich Laien heute an den Himmel zaubern können, hatten sie nichts zu tun. Doch damals war man mit „19 pfeifend aufsteigenden Blinksternen in Verwandlung zu knisternden und pfeifenden Blinkkreiseln“ – so stand es in der Beschreibung von einer unserer ersten Batterien – der König auf der Silvesterfeier.
Ich verdiente mir das Geld für den Feuerwerks-Einkauf damals durch gute Zensuren. Kein Scherz: Für jede 1 auf dem Zeugnis durfte ich mir etwas im Wert von zehn Mark aussuchen. Nach dem Einkauf wurden die Pyro-Produkte dann voller Vorfreude betrachtet – und jede Fontäne war, wenn sie ihre Glitzer-Sterne in den Nachthimmel spuckte, ein Highlight. Die Erinnerungen sind noch heute präsent – und sie verleiten mich jedes Jahr dazu, dass ich durch die Geschäfte stapfe, hier und da ein paar Kleinigkeiten erstehe. Die ich dann, wenn die Silvesternacht gekommen ist, nur widerwillig zünde. Nicht, weil ich keine Lust darauf habe. Sondern weil mir die Böller-Deppen, die überall ihr Unwesen treiben, gehörig auf den Senkel gehen.

Schon seit Wochen wird wieder diskutiert. Über Böller-Verbote, über den Sinn und Unsinn von Feuerwerk. Ich bin inzwischen so weit: Ich würde es am liebsten verbieten. Und das, obwohl ich selbst ein riesiger Feuerwerks-Fan bin. Warum? Weil es da draußen so unfassbar viele Idioten gibt, die Feuerwerk als Spielzeug betrachten. Die damit auf eine Art und Weise umgehen, die sie selbst und andere gefährdet. Und denen das – und das ist das allerschlimmste – völlig egal ist. Manchmal machen sie es gar nicht mutwillig, manchmal sind sie einfach nur dumm. Haben Sie beispielsweise mal das Video einer Silvesterparty gesehen, bei der eine Frau einen zwei Meter hoch sprühenden Vulkan, der ausschließlich draußen gezündet werden sollte, auf dem Wohnzimmertisch zündet? Seit ich es sah, frage ich mich: Wie bescheuert kann man eigentlich sein?
Während man den Handel mit illegalem Feuerwerk vielleicht bekämpfen und begrenzen kann, kann man eines nicht begrenzen: die Dummheit der Menschen.
Die Party-Gäste hatten offenbar Glück im Unglück. Das Problem aber: Brennt die Wohnung ab, schimpfen vor allem die vielen Feuerwerks-Gegner auf die Gefährlichkeit von Feuerwerk. Ein anderes Beispiel sind die sogenannten Polenböller, die jedes Jahr trotz Verbot in rauen Mengen über die Grenzen kommen. Vollidioten importieren sie, weil ihnen die Wirkung der hiesigen Böller nicht groß genug ist. Dann wird das Zeug ohne Rücksicht auf Verluste abgebrannt. Ich habe mal eine Silvesternacht erlebt, in der ein Familienvater Polenböller auf dem Gehweg vor unserem Haus zündete, während Frau und Kinder andächtig im Kreis drumherum standen. Weil sie keine Ahnung hatten, wie gefährlich das Zeug sein kann. Andere warfen die berühmt-berüchtigten „La Bombas“ vom Balkon, während wir den Gehweg darunter benutzten.

Eine aktuelle Pressemitteilung des Bundesverbandes für Pyrotechnik spricht mir aus der Seele – hier wird vor dem illegalen Feuerwerk gewarnt. Denn: Eines der Hauptargumente von Pyro-Gegnern sind die Verletzungen in der Silvesternacht. Nur: Es ist nicht das legale Feuerwerk, das dazu führt. „Die Verletzungsinzidenz bei Feuerwerkskörpern ist äußerst gering. Schwere Verletzungen gehen auf illegales Feuerwerk zurück“, heißt es vom Verband. „Dank strenger Prüfungen und Kontrollen durch Behörden des Bundes und der EU-Mitgliedsstaaten gehen von Silvesterfeuerwerk keine großen Risiken aus“, erklärt Ingo Schubert, der Vorsitzende des Vereins. Immer wieder wurden auch in den vergangenen Wochen bei Kontrollen Schmuggler enttarnt.
Immer wieder werden verbotene Knaller aus dem Ausland nach Deutschland geschmuggelt
Denn: „Die Einfuhr aus dem benachbarten Ausland ist nach wie vor erschreckend leicht.“ Schubert fordert statt Grundsatzdebatten über Feuerwerksverbote, dass der illegale Handel mit Pyrotechnik besser begrenzt wird. Doch während man den Handel mit illegalem Feuerwerk vielleicht bekämpfen und begrenzen kann, kann man eines nicht begrenzen: die Dummheit der Menschen. Wir alle kennen Bilder von jungen Männern, die sich gegenseitig mit Feuerwerksbatterien beschießen. Wir alle haben es schon am Heiligabend knallen gehört – und uns gefragt, ob das denn wirklich sein muss. Wir alle wissen, wie es ist, Böller zwischen die Füße geworfen zu bekommen. Wir alle haben schon einmal quer fliegende Raketen erlebt, die eben nicht aus fest stehenden Flaschen, sondern aus der Hand in den Nachthimmel geschossen worden. Und wenn es dann zu Verletzungen kommt, dann ist das Geschrei groß, und selbst der Feuerwerks-Fan, der – wie ich – aus Freude an den Kindheitserinnerungen die funkelnden Lichter sehen will, gerät in Verruf.
Ich hasse es, mit diesen Vollpfosten in einen Topf geworfen zu werden. Ich möchte mich einfach nur am Glanz der bunten Sterne erfreuen. Ich möchte nicht, dass Böller eine Waffe sind. Ich hasse es, dass die Silvester-Chaoten alle, die einfach nur Feuerwerk lieben, ins Gerede bringen. Ich hasse es, dass ich selbst in der Silvesternacht nicht mehr gern auf die Straße gehe, weil man immer mehr nach links und rechts blicken muss. Und ich hasse die immer wieder aufkeimende Debatte um das Feuerwerk. Denn eines ist klar: Nicht die Pyrotechnik ist böse – die Böller-Idioten sind es. Weil sie keine Rücksicht nehmen, weil sie sich asozial verhalten und keine vernünftige Erziehung genossen haben. Sie verderben uns allen den Spaß.
Was halten Sie von Silvesterfeuerwerk - und von den Menschen, die nicht vernünftig damit umgehen? Schicken Sie uns Ihre Meinung an wirvonhier@berlinerverlag.com. Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften! ■