Die Weltzeituhr auf dem Berliner Alexanderplatz ist von der Klimaschutzgruppe Letzte Generation mit oranger Farbe besprüht worden. Schon am Nachmittag des Dienstag begannen die Reinigungsarbeiten an dem Wahrzeichen auf dem Alexanderplatz. „Wir warten noch auf eine Aussage zu Aufwand und Kosten“, hieß es dazu vom Bezirk Mitte.
Die Weltzeituhr, ein Werk des DDR-Formgestalters Erich John, der heute 91-jährig in Biesdorf lebt, steht nahe dem Bahnhof Alexanderplatz und wurde 1969 der Öffentlichkeit übergeben. Sie zeigt die Zeitzonen der Erde und darin liegende Städte. Oberhalb der Uhr in Form eines Zylinders stellt ein Modell das Sonnensystem dar. Die Uhr steht unter Denkmalschutz und ist seit Jahrzehnten ein beliebter Treffpunkt bei Verabredungen auf dem großen Alexanderplatz. John sagte dem rbb Radio 88.8 am Mittwoch, er sei sehr traurig über „so viel Unvernunft gegenüber Leistungen, die andere unter großer Mühsal erbracht haben, die auf einmal zunichte gemacht werden“.

Er riet den Aktivisten ihre „kontraproduktiven Aktionen“ bleiben zu lassen. „Es ist Unfug. Und es ist Idiotie.“ John erläuterte, mit der Form der Proteste würde das Anliegen der Aktivisten genau ins Gegenteil verkehrt werden. Viele Berliner seien mit der Weltzeituhr emotional verbunden. Es sei nicht nur eine Uhr. Es sei ein Zeichen der Weltoffenheit von Berlin, so John.
„Die sollen die Uhr selber reinigen“
Die mutwillige Beschädigung der Uhr kritisieren nicht nur Passanten, die ausnahmslos Unverständnis über die Aktion äußern. „Die erreichen gar nichts“, sagt ein Paar kurz nach dem Anschlag der Berliner Zeitung. Die Botschaft der Letzten Generation sei zwar in Ordnung, sagt sie, nämlich sich für eine saubere Umwelt einzusetzen. „Der Weg aber ist falsch.“ Die Verursacher sollten die Weltzeituhr selbst reinigen müssen, so das Paar.
Auch in der Berliner Politik wird das Vorgehen der Letzen Generation scharf kritisiert, vor allem vor dem Hintergrund der erhöhten Gefährdungslage für jüdische Einrichtungen in Berlin.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Innensenatorin Iris Spranger (SPD) zu der Aktion: „Das Maß ist übervoll.“ Die Polizei sei im Dauereinsatz zum Schutz von Juden und Israelis. Währenddessen begehe die Letzte Generation Straftaten. „Ihr Bekenntnis, für das Gemeinwohl agieren zu wollen, ist unglaubwürdig, wenn sie den Schutz israelischen und jüdischen Lebens mit ihren Aktionen gefährden.“ Statt sinnloser Aktionen hätte die Gruppe jetzt die Chance, sich zu Rücksichtnahme und humanitären Werten zu bekennen.

Im Internet äußerten sich viele Nutzer sehr sauer und empört. Sie beschimpften die Klimaaktivisten oder drohten ihnen mit Gewalt. Viele bezweifelten den Sinn der Aktionen. Wie auch ein Berlin-Besucher, der in die Aktion am Alexanderplatz gerät. Überrascht von der Aktion ist er nicht. „Hier muss man ja inzwischen damit rechnen“, sagt er und fügt hinzu: „Jeder hat das Recht zu protestieren, aber es kommt auch darauf an, wie.“ Große Demos vor dem Bundestag oder vor Großkonzernen, das könne er nachvollziehen. Die Farbaktion an der Weltzeituhr und am Brandenburger Tor aber nicht. „Was haben diese Denkmäler mit Klimaschutz zu tun?
Die Letzte Generation hatte am Montag zum Semesterbeginn Gebäude der Technischen Universität (TU) und der Freien Universität (FU) ebenfalls großflächig mit oranger Farbe besprüht. Einige Täter wurden von der Polizei festgenommen. In der vergangenen Woche gab es bereits mehrere Farbaktionen der Gruppe an anderen deutschen Universitäten. Wie teuer die jeweiligen Reinigungen werden, stand noch nicht fest.

Mitte September hatte die Gruppe das Brandenburger Tor besprüht. Die Polizei nahm damals 14 Klimaaktivisten fest. Die aufwendige und komplizierte Reinigung des Denkmals aus Sandstein soll nach Angaben des Senats mehr als 100 000 Euro kosten. Berlin will sich das Geld von der Gruppe zurückholen.
Neue Aktionen der Letzten Generation angekündigt
Für den 28. Oktober kündigte die Gruppe eine „Massenbesetzung“ der Straße des 17. Juni in Berlin an. Seit Anfang 2022 blockierte sie vor allem Straßen, um Staus zu erzeugen und so auf die Gefahren des Klimawandels aufmerksam zu machen. Inzwischen laufen Hunderte Strafverfahren und es gab bereits zahlreiche Verurteilungen. Außerdem wurden die Glasscheiben vor Kunstwerken in Museen mit Essen beworfen. Die Letzte Generation erklärte immer wieder, dass sie vor allem Aktionsformen nutzt, die eine besonders hohe Aufmerksamkeit in den Medien und der Öffentlichkeit erzeugen.