Kassen schlagen Alarm

Explodierende Gesundheitskosten: Jeder fünfte Euro geht für Pillen drauf!

In Berlin und Brandenburg liegen die Gesundheitsausgaben über dem Durchschnitt. Das liegt nicht nur an der alternden Gesellschaft.

Teilen
Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für Medikamente liegen in Berlin und Brandenburg bei 4,4 Milliarden Euro.
Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für Medikamente liegen in Berlin und Brandenburg bei 4,4 Milliarden Euro.Bihlmayerfotografie/imago

Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erreichten 2022 an der Spree alarmierende Höhen: Mehr als 21 Milliarden Euro flossen in die medizinische Versorgung von Berlin und Brandenburg. Damit sind die Kosten binnen eines Jahres um fast eine Milliarde Euro gestiegen – ein Zuwachs, der Fragen zur langfristigen Finanzierbarkeit des Systems aufwirft. Kein Wunder, dass die Krankenkassenbeiträge weiter steigen.

Wie das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg mitteilt, liegen erstmals detaillierte Zahlen zu den verschiedenen Leistungsarten vor. Diese enthüllen nicht nur, wohin das Geld fließt, sondern zeigen auch die wachsende Belastung für das Gesundheitssystem und die Gesellschaft insgesamt.

Fast ein Drittel der gigantischen Summe wurde für Waren ausgegeben – rund 6,7 Milliarden Euro, wobei der Löwenanteil von 4,4 Milliarden Euro allein auf Arzneimittel entfiel. Das bedeutet, dass mehr als jeder fünfte Euro der GKV für Medikamente verwendet wurde. Dabei ist die Versorgung mit Arzneimitteln zweifellos wichtig, doch der unaufhörliche Anstieg der Kosten könnte schon bald zur finanziellen Achillesferse der Krankenkassen werden.

Ein weiteres Drittel der Gesamtausgaben, 6,5 Milliarden Euro, floss in ärztliche Leistungen. Trotz aller Effizienzsteigerungen im Gesundheitswesen steigen die Kosten für Diagnosen, Behandlungen und ambulante Versorgung weiter.

Hinzu kommen 4,8 Milliarden Euro (22,7 Prozent) für pflegerische und therapeutische Leistungen – ein Bereich, der angesichts der alternden Bevölkerung mit Sicherheit weiter wachsen wird. Selbst die Verwaltungskosten der GKV, die oft als vermeintlicher „Nebenschauplatz“ erscheinen, summierten sich auf knapp eine Milliarde Euro (4,6 Prozent).

Pillen-Trend zeigt in eine eindeutige Richtung: weiter nach oben

Besonders bemerkenswert ist der Höchstwert der Pro-Kopf-Ausgaben in Brandenburg. Mit 3956 Euro pro versicherte Person gab es dort bundesweit die höchsten Ausgaben, während Berlin mit 3755 Euro ebenfalls deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 3630 Euro lag.

Zum Vergleich: Vor zehn Jahren beliefen sich die Pro-Kopf-Kosten in Brandenburg auf lediglich 2882 Euro. Dieser fast 40-prozentige Anstieg in einem Jahrzehnt illustriert, wie drastisch die Kosten im Gesundheitswesen aus dem Ruder laufen.

Die Gesundheitskosten steigen, auch weil die Berliner älter werden.
Die Gesundheitskosten steigen, auch weil die Berliner älter werden.Westend61/imago

Der Trend zeigt in eine eindeutige Richtung: weiter nach oben. Schon 2021 waren die Ausgaben in Berlin und Brandenburg gestiegen, doch der Sprung von 538 Millionen Euro in Berlin (+4,6 Prozent) und 342 Millionen Euro in Brandenburg (+3,9 Prozent) innerhalb eines einzigen Jahres verdeutlicht, dass die Kostendynamik an Tempo zulegt.

Besonders beunruhigend ist die Tatsache, dass die Hauptstadtregion im Vergleich zu anderen Bundesländern überproportional belastet ist – ein Warnsignal für die Politik, die drohende Kostenexplosion entschlossen zu adressieren.

Mehrere Ursachen für die explodierenden Gesundheitsausgaben

Experten sehen mehrere Ursachen für die explodierenden Ausgaben. Die demografische Entwicklung spielt eine zentrale Rolle: Die Bevölkerung altert, chronische Krankheiten nehmen zu, und damit steigen sowohl die Behandlungs- als auch die Pflegekosten.

Gleichzeitig treiben neue, oft teure Behandlungsmethoden und patentgeschützte Medikamente die Kosten zusätzlich in die Höhe. Hinzu kommt ein wachsender Fachkräftemangel, der Personalkosten steigen lässt und das System zusätzlich belastet.

Die alarmierenden Zahlen aus Berlin und Brandenburg sind kein isoliertes Phänomen – sie sind ein Vorbote für ganz Deutschland. Die GKV, die jahrzehntelang als Garant für die flächendeckende Versorgung galt, steht vor einer Zerreißprobe. Ohne strukturelle Reformen drohen explodierende Beiträge für Versicherte, Leistungskürzungen und eine Belastung, die das System kaum mehr tragen kann.

Ist es Zeit für eine ehrliche Debatte? Mit Sicherheit. Die 21 Milliarden Euro, die in der Hauptstadtregion aufgewendet wurden, sind nicht nur eine Zahl – sie sind ein Weckruf. Denn die Frage ist nicht mehr, ob das System reformiert werden muss, sondern wie schnell wir handeln, bevor die Kostenwelle uns alle brutalstmöglich überrollt. ■