Haben SIE auch eine?

Elektronische Patientenakte: Berliner Ärzte hinken hinterher

Die ePA soll vieles einfacher machen für Praxen und Krankenhäuser, doch die Praxis sieht anders aus. Was sollten Patienten wissen?

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Berliner Ärzte hinken bei der Elektronischen Patientenakte hinterher.
Berliner Ärzte hinken bei der Elektronischen Patientenakte hinterher.Christian Ohde/imago

Ab 1. Oktober ist sie Pflicht: die elektronische Patientenakte, kurz ePA. Ärzte, Kliniken und Therapeuten müssen Befunde, Arztbriefe oder Rezepte darin speichern. Doch es hakt noch an verschiedenen Punkten.

Gynäkologin Christiane Wessel hat oft Frauen in ihrer Praxis, die gar nicht wissen, dass eine elektronische Patientenakte von ihnen existiert. Viele hören zum ersten Mal davon. Das ist ein Problem, das die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin. Seit Mai läuft sie bundesweit. Aber: Nicht alle Praxen haben die Technik. Etwa 20 Prozent der Berliner Vertragsärzte hängen noch hinterher. „Diese 20 Prozent sollen es aber im Laufe des Oktobers schaffen“, sagt Wessel.

Deutlich schlechter sieht es bei den Kliniken aus. Viele der 53 Berliner Häuser haben nicht die aktuelle Software, um ePA-Daten zu nutzen. Bis Jahresende wird höchstens die Hälfte richtig dabei sein. Das Problem: Ein digitales Flickwerk. Praxen arbeiten mit Praxis-Verwaltungs-Systemen (PVS), Kliniken mit Krankenhaus-Informations-Systemen (KIS). Alles von verschiedenen Anbietern, alles anders. Zusammenhalten soll das die Telematik-Infrastruktur – wenn sie läuft. „Das ist leider nicht immer der Fall“, so Wessel.

Ihre Praxis muss Befunde erst in PDFs umwandeln, bevor sie in die ePA hochgeladen werden können. Automatisch geht da nichts. Andere Praxen berichten von ähnlichen Umwegen. Und die Kommunikation mit den Kliniken? Wie aus dem letzten Jahrhundert. „Die Infos der Krankenhäuser kommen immer noch per Brief oder Fax“, klagt Wessel.

Die Kliniken kämpfen derweil mit ganz eigenen Problemen. „Die Systeme müssen an die jeweilige, oft hochkomplexe IT-Landschaft angepasst werden“, sagt Marc Schreiner von der Berliner Krankenhausgesellschaft. Updates werden erst schrittweise geliefert. Berliner Klinikmanager beklagen außerdem Sicherheitsprobleme, berichten von Störungen, die regelmäßig auftreten. Sie haben Sorge, dass ihre Systeme nicht ausreichend von Schadsoftware geschützt sein könnten.

Eine Gesundheitskarte in ein Lesegerät gesteckt. Die mit der Karte verknüpfte elektronische Patientenakte ist in der deutschen Bevölkerung populär. Allerdings hinken Berliner Ärzte hinterher.
Eine Gesundheitskarte in ein Lesegerät gesteckt. Die mit der Karte verknüpfte elektronische Patientenakte ist in der deutschen Bevölkerung populär. Allerdings hinken Berliner Ärzte hinterher.Jens Kalaene/dpa

Wenigstens können Patienten selbst entscheiden, wer was in ihrer ePA sieht. Schließlich muss der Zahnarzt nicht unbedingt sehen, was der Kardiologen für ein Medikament verschrieben hat, den Physiotherapeuten gehen die Rezepte nichts an, die in der Apotheke eingelöst wurden. Doch festlegen kann man das nur über eine App. Wer die nicht hat, muss akzeptieren: Alle sehen alles.

Wie lange dauert es, bis die ePA für alle verfügbar ist?

Und wie lange wird es nun dauern, bis die ePA für alle verfügbar ist? Eine repräsentative Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts ergab: 42 Prozent der Kliniken wollen die ePA noch in diesem Jahr in vollem Umfang einsetzen. 31 Prozent glauben, dass sie erst im ersten Quartal 2026 so weit sind, der Rest hält den Sommer als Termin für realistisch. Ein weiterer Grund für das schleppende Tempo ist zu wenig Personal in den Krankenhäusern. Die Einführung sei kompliziert, sagen Beschäftigte, Schulungen würden lange dauern. Ärzte und Pfleger klagen: zu viele Klicks, zu viel Zeit.

Die meisten Ärzte sehen Vorteile: „Relevante Gesundheitsdaten sind schnell verfügbar, Behandlungen lassen sich besser koordinieren“, sagt Schreiner für den Bereich der Berliner Krankenhäuser. So denken auch viele Praxisinhaber. Doch die Stimmung ist gespalten: Für ein Drittel überwiegen die Chancen, ein Drittel ist kritisch – und dem Rest ist es schlichtweg egal.

Dieser Text entstand mit Unterstützung von künstlicher Intelligenz