Nach Insolvenz

Einheitswippe auf der Kippe: Das Projekt muss neu ausgeschrieben werden

Die Stahlschale ist zu 85 Prozent fertig und liegt in einer Lagerhalle in Nordrhein-Westfalen. Jetzt muss eine neue Firma per Ausschreibung gesucht werden.

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Als Animation sieht das Denkmal beeindruckend aus: Da die Stahlbaufirma insolvent ist, muss wohl der ganze Auftrag neu ausgeschrieben werden.
Als Animation sieht das Denkmal beeindruckend aus: Da die Stahlbaufirma insolvent ist, muss wohl der ganze Auftrag neu ausgeschrieben werden.Milla & Partner

Die Einheitswippe vor dem Humboldt-Forum steht unter keinem guten Stern. Erst ging die Baufirma insolvent, jetzt muss der ganze Auftrag wohl neu ausgeschrieben werden. Klar ist: Das Denkmal wird nicht wie zuletzt geplant in diesem Jahr fertig werden.

Die Hiobsbotschaft kommt von Axel Klausmeier, Direktor der Stiftung Berliner Mauer. Nach der Insolvenz des Stahlbau-Unternehmens aus Nordrhein-Westfalen, das das Denkmal bauen sollte, müsse wohl das ganze Projekt neu ausgeschrieben werden, wie Klausmeier laut RBB24 am Rande einer Pressekonferenz zu „35 Jahre Friedliche Revolution und Mauerfall“ sagte. Unglaublich: Denn eigentlich ist die 120 Tonnen schwere Stahlschale schon zu 85 Prozent fertig!

Immer teurer, immer später: die Einheitswippe – eine Chronik aus Pech und Pannen

Das ganze Unternehmen ist eine Chronik aus Pech und Pannen. Schon 1998 gab es erste Ideen, ein Einheitsdenkmal zu bauen, seit 2007 ist der Bundestag dabei. Der erste Wettbewerb für die Gestaltung des Denkmals wurde 2009 abgebrochen, denn „ein Viertel der Entwürfe“ war „kompletter Schrott“, wie damals die Zeitung Welt schrieb.

Im zweiten Anlauf setzt sich dann die Idee des Stuttgarter Architektenbüros Milla & Partner durch. Eine begehbare Schale, eine 50 mal 15 Meter große Konstruktion, die schnell nur noch „Einheitswippe“ genannt wurde. Geplant für zehn Millionen Euro, stiegen die Kosten immer weiter. Im April 2016 beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestages, die Planungen für den Bau wieder zu stoppen. Grund:  explodierenden Kosten durch die nötige Umsiedlung von Fledermäusen und die Auflagen des Denkmalschutzes für das historische Gewölbe im Sockel.

An diese Stelle soll die Einheitswippe kommen, wenn sie denn mal fertig wird.
An diese Stelle soll die Einheitswippe kommen, wenn sie denn mal fertig wird.Retox Klar/imago

2017 war der Bundestag auf einmal wieder dabei, doch die Planungen verzögerten sich immer wieder wegen Grundstücks- und Finanzierungsproblemen – und deshalb immer wieder auslaufenden Baugenehmigungen. Der Naturschutzbund klagte, es gab Plagiatsvorwürfe. Zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit im Oktober 2020 sollte das Denkmal eigentlich fertig sein – doch der erste Spatenstich erfolgte mit mehrjähriger Verspätung erst am 19. Mai 2020.

Und die Kosten stiegen weiter und weiter. So mussten Fledermäuse für den Bau umgesiedelt werden, dann brauchte der Bau des Fundaments mehr Beton. Am Ende stiegen die Baukosten auf fast 18 Millionen Euro.

Fehlte nur die Wippe, die auf den seit September 2021 fertigen Wippensockel gesetzt werden muss. Erst rechnete das Bundesamt für Bauwesen mit einer Fertigstellung für das Jahr 2022, dann ging die Planung von 2024 mit natürlich weiter steigenden Preisen aus. 

Da macht jetzt die Insolvenz des Metallbaubetriebs im nordrhein-westfälischen Stemwede die Planungen zunichte. Das heißt: Warten auf eine neue Ausschreibung. Und wir wissen, wie lange so was in Deutschland dauern kann … Und das heißt auch: Warten auf weitere Kostensteigerungen. ■