Der Kiffer-Countdown läuft: In sechs Tagen, ab dem 1. April, ist Kiffen in der Öffentlichkeit erlaubt. Nur nicht nah an Spielplätzen und Schulen. Aber wie sieht es in den Berliner Kneipen und Restaurants aus? Und was bedeutet die Cannabis-Freigabe für Dealer und die Kriminalitätsstatistik?
Nach der weitgehenden gesetzlichen Freigabe von Cannabiskonsum ab dem 1. April können die Berliner Kneipen selber regeln, ob sie Kiffen tolerieren. Marihuana-Rauchen sei dann mit dem Rauchen von Zigaretten vergleichbar, sagt ein Sprecher der Dehoga. Das ist gesetzlich in den meisten Kneipen in Berlin verboten und nur in wenigen Raucherkneipen erlaubt. Allerdings würde in bestimmten Kneipen das Rauchen derzeit schon hingenommen und sei auch im Sommer draußen vor Kneipen, Spätis, Restaurants und in Biergärten üblich.
Party-Kiffer: In den Clubs halten sich bisher schon viele Betreiber nicht an ein Rauchverbot
Ob sich Cannabis also auf den Bänken und Stühlen vor den Kreuzberger Spätis, den Friedrichshainer Restaurants, den Neuköllner Imbissen oder in den Biergärten in Mitte und Charlottenburg verbreiten wird, liegt an den jeweiligen Gästen und Wirten. Der Dehoga-Sprecher zitiert eine Wirtin aus dem Westen der Stadt, die sagte: „Nein, das erlaube ich natürlich nicht, ich will doch mein Bier verkaufen.“ In den bekannten Party-Kiezen könnte das aber ganz anders aussehen.
Das gesetzliche Rauchverbot gilt auch in den Clubs, trotzdem halten sich viele Betreiber nicht daran und tolerieren Raucher mit Zigaretten. Ob das auch für Joints gilt, muss sich laut Dehoga dann zeigen. Clubs könnten Zigaretten hinnehmen, Cannabis aber verbieten oder die Konsumenten in den Freiluftbereich schicken.

Ob Berliner Kneipen, Restaurants und Clubs für ihre Bereiche drinnen und draußen spezielle Hinweise entwickeln, Schilder aufhängen oder Aufkleber bestellen, und wie sich die Rauschwirkung in einer überfüllten Bar mit vier Kiffern auf die Umgebung auswirkt, ist noch völlig offen.
Klar ist, dass die Kriminalitätszahlen rund um Drogen in Berlin stark sinken werden. 2023 erfasste die Berliner Polizei 13.066 Drogen-Verstöße. Davon ging über die Hälfte (7258) auf „Cannabis und Zubereitungen“ zurück. Das geht aus einer Antwort auf eine kleine Anfrage des Abgeordneten Vasili Franco (Grünen) hervor. Verfahren, die größtenteils immer wieder eingestellt wurden – aber viel Arbeitszeit der Beamten in Anspruch nahmen.
Woher soll das Cannabis kommen? „Anbauvereinigungen“ sind erst ab 1. Juli erlaubt
Auch beim Punkt „Unerlaubte Abgabe und Besitz in nicht geringer Menge“ von Drogen spielte Cannabis eine große Rolle. Von 3523 erfassten Taten 2023 ging laut der Antwort der Innenverwaltung 1322 Vorgänge auf Cannabis zurück. Wie sich hier die Teil-Legalisierung auf die Zahl der erfassten Taten auswirken wird, ist allerdings noch unklar. Denn der Handel bleibt weiterhin strafbar.
Legal ist ab 1. April für Erwachsene ab 18 Jahren grundsätzlich der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. In der eigenen Wohnung ist das Aufziehen von drei Cannabispflanzen erlaubt und bis zu 50 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. Was darüber hinausgeht, muss sofort vernichtet werden. Geerntet werden darf nur zum Eigenkonsum, nicht zur Weitergabe an andere. Samen, Pflanzen und geerntetes Cannabis müssen gegen Diebstahl und vor dem Zugriff von Kindern geschützt werden – etwa mit abschließbaren Schränken und Räumen.
Problem: Erst zum 1. Juli werden auch sogenannte Anbauvereinigungen erlaubt. Aber schon ab dem 1. April ist Kiffen erlaubt. Woher, wenn nicht über illegale Wege, soll bis dahin das Cannabis für die Kiffer kommen? Und wenn Dealer nur geringe Mengen direkt mit sich führen, wird es schwer nachzuweisen sein, dass die Droge zum Dealen gedacht ist.
Zum Umgang mit dem neuen Cannabisgesetz hat die Berliner Polizei eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Sie soll klären, wie die Polizei mit der neuen Lage umgehe und wie die Auswirkungen des Gesetzes etwa bei Kontrollen und anderen Maßnahmen seien, teilt die Polizei mit. Der „Übergang in die veränderte Rechtslage“ solle „möglichst reibungslos“ sein und man wolle den Polizisten „die notwendige Handlungssicherheit“ geben.
Vier Schwerpunkte gebe es derzeit für die Polizei zu beachten: Kriminalitätsbekämpfung, Verkehrssicherheit, interne Regelungen zum Verhalten und nötige Schulungen der Polizisten. Man erwarte, dass sich der Aufwand bei Kontrollen und den entsprechenden Bearbeitungen wegen der „neuen komplexen Regelungen“ zunächst erhöhen werde. Gleichzeitig müsse man die Festlegung von Grenzwerten für den Cannabis-Wirkstoff im Blut abwarten.■