Sie hat ein arbeitsreiches Leben hinter sich. Doch Ulrike Barthel denkt noch lange nicht an den wohlverdienten Ruhestand. Die einstige Fachbiologin und Frau Doktor für Medizin aus Pankow will mit ihren 75 Jahren weiter tatkräftig zupacken: Im Tierpark Berlin, wo sie bald als ehrenamtliche Helferin im Einsatz sein wird.
An einem ihrer künftigen „Arbeitsplätze“ haben wir Ulrike Barthel getroffen – im Tierpark-Streichelzoo. Über 20 Schafe und Ziegen tummeln sich da, zur Freude vieler Eltern, die dort mit ihren Kindern hautnah die Tierwelt erleben dürfen. In dieser Anlage wird man ab März Ulrike Barthel treffen.
Über 800.000 Berliner arbeiten ehrenamtlich - Ulrike Barthel ist eine von ihnen
Über ihre Aufgaben weiß sie bestens Bescheid. „So werde ich in der Eingangsschleuse darauf achten, dass die Besucher richtig Türen öffnen, damit nicht eines der Schafe oder der Ziegen die Gelegenheit nutzt, aus dem Streichelzoo auszubüxen“, sagt sie. Danach wird die Helferin die Gäste darum bitten, dass sie sich beim Betreten und Verlassen des Geheges die Hände desinfizieren. „Das ist zum Schutz der Tiere und der Menschen wichtig, damit beim Streicheln keine unnötigen Keime übertragen werden“, sagt die einstige Biologin.
Beim Füttern der Tiere wird Ulrike Barthel darauf achten, dass die Tierpark-Besucher im Streichelzoo auch wirklich nur das den Schafen und Ziegen geben, was es vor dem Gehege in speziellen Automaten an Futter gibt. „Wir wissen, dass Gäste gerne mal etwa Mohrrüben von zu Hause mitbringen und es den Tieren geben wollen“, sagt Barthel. „So lieb es gemeint ist, aber das geht wirklich nicht. Denn das Futter von daheim könnte den Tieren eher schaden als nützen.“

Ulrike Barthel ist eine von mehr als 800.000 Berlinern, die in der Hauptstadt einem Ehrenamt nachgehen. Die in ihrer Freizeit zum Beispiel in Sportvereinen mitarbeiten, in soziale Einrichtungen tätig sind oder bei der Pflege von Parkanlagen oder Denkmälern helfen. Und das alles, ohne dafür Geld zu nehmen.
Ohne die ehrenamtliche Arbeit vieler fleißiger Berliner würde es auch den Tierpark nicht geben. Tausende Menschen leisteten freiwillig Arbeitsstunden, als vor fast 70 Jahren in Friedrichsfelde der Aufbau des Tierparadieses begann, das heute mit 160 Hektar der größte Landschaftstiergarten Europas ist. Jahrelang unterstützten Freiwillige über den Förderverein die Arbeit von Tierpark und Zoo.
Nun starten die beiden Hauptstadt-Zoos in eigener Regie ein neues Ehrenamt-Programm. Wochenlang wurden Mitstreiter gesucht, die sich besonders in den begehbaren Gehegen wie den Streichelzoos und dem Vari-Wald (in dem die Lemuren im Tierpark leben) oder bei der Greifvogel-Flugschau um die Besucher kümmern und deren Ansprechpartner sein sollen. Dafür haben die Pfleger, die vor allem für die Tiere da sein müssen, kaum Zeit bei ihrer vielen Arbeit.
Ehrenamt im Berliner Zoo und Tierpark: Jahreskarte, Seminare und kleine Feiern sind der Lohn
„Über 150 Menschen haben sich beworben“, sagt Maike Hausmann (29), die im Tierpark und Zoo für die ehrenamtlichen Helfer verantwortlich ist. Nicht nur Rentner haben sich gemeldet, auch Studenten, Anwälte, Ärzte waren darunter. Sich aus Liebe zu den Tieren und zur Natur engagieren: „Viele der Bewerber erklärten, dass sie neben ihrer eigentlichen Tätigkeit etwas Sinnvolles in ihrer Freizeit machen wollen“, sagt Hausmann.

Im März werden etwa 70 ehrenamtliche Helfer im Tierpark und im Zoo mit ihrem Einsatz beginnen. Mindestens vier Stunden am Tag, wie oft in der Woche, kann jeder für sich entscheiden. „Als Dankeschön für das Engagement werden wir mit unserem eigenen Programm die Ehrenamtlichen nicht nur weiterbilden und ihnen ganzjährig einen kostenlosen Eintritt in Zoo, Tierpark und Aquarium ermöglichen, sondern mit ihnen zukünftig auch bei internen Veranstaltungen als Team zusammenkommen – etwa bei einer Weihnachtsfeier“, sagt Hausmann.
Ulrike Barthel ist bei diesem Helfer-Team mit dabei. Obwohl sie gut ausgelastet ist, als Großmutter mit ihren vier Enkelkindern (zwischen 3 und 15 Jahre alt) viel unternimmt, zwei Kater besitzt, die ihre ganze Aufmerksamkeit fordern, und sich gerade noch in einem anderen Ehrenamt um die Dokumentation von einer Spinnensammlung im Naturkundemuseum kümmert. Nun kommen Tierpark und Zoo dazu. „Ruhestand liegt mir nicht“, sagt Ulrike Barthel. „Und mit dem Helfen in den Berliner Tiergärten wird nun das wahr, wovon ich immer als Mädchen geträumt habe.“ Denn der Tierpark ist seit Klein auf ihre große Liebe.

Aufgewachsen in Görlitz besuchte sie als Kind mit ihren Eltern oft das Tierparadies in Friedrichsfelde und war tierisch begeistert. „Als ich Biologie studierte, war ich Praktikantin beim Tierpark-Gründer und Direktor Prof. Heinrich Dathe“, sagt Ulrike Barthel. Gerne hätte sie auch im Tierpark nach dem Studium gearbeitet. „Aber irgendwie hat das damals nicht geklappt.“ Stattdessen führte das Berufsleben sie in die Humanmedizin. Die Pankowerin arbeitete unter anderem an der Akademie der Wissenschaften, half später beim Aufbau eines Transplantationszentrums in Mainz.
Helfen im Tierpark: Für Ulrike Barthel erfüllt sich ein alter Traum
Doch nun erfüllt sich ihr alter Traum. Und wer künftig in Friedrichsfelde auf Ulrike Barthel in ihrer schicken grünen Ehrenamtshelfer-Weste trifft, wird viel Wissenswerte über den Tierpark und seinen fast tierischen 8000 Bewohnern erfahren, von denen der Rote Panda zu ihren Lieblingen gehört. Denn wenn man dieser Frau so zuhört, glaubt man, dass sie fast alles über diesen Tiergarten weiß.
„Die eigene Begeisterung für den Tierpark und auch für den Zoo auf die Besucher zu übertragen, den Erwachsenen und Kindern vieles über die Tiere und der Natur zu erzählen, ist für mich eines der wichtigsten Anliegen in meinem Ehrenamt“, sagt Ulrike Barthel. „Denn nur was man kennt und liebt, das schützt man auch.“ ■