Für eine Fahrradstraße

Die Wut der Kleingärtner von Wedding: Gebt uns unsere Parkplätze zurück!

255 Parkplätze verschwanden vor wenigen Wochen, als der Charles-Corcelle-Ring in Berlin-Wedding zu einer Fahrradstraße umgebaut wurde.

Author - Berliner KURIER
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Die Kleingärtner der KGA Napoleon protestieren dagegen, dass der Charles-Corcelle-Ring, die einzige Zufahrstraße zu vier Kleingartenanlagen, in eine Fahrradstraße umgewandelt wurde.
Die Kleingärtner der KGA Napoleon protestieren dagegen, dass der Charles-Corcelle-Ring, die einzige Zufahrstraße zu vier Kleingartenanlagen, in eine Fahrradstraße umgewandelt wurde.Stefan Henseke

255 Parkplätze wurden gekillt. Die Wut der Kleingärtner am Charles-Corcelle-Ring in Berlin-Wedding ist groß. Für eine neue Fahrradstraße wurden viele der dringend benötigen Parkplätze für gleich vier Kleingartenanlagen (KGA) plattgemacht. Viele Ältere haben jetzt Schwierigkeiten, zu ihren Parzellen zu kommen. Am Freitagabend gehen die Kleingärtner erneut auf die Straße, um gegen die Verkehrspolitik des grünen Bezirksstadtrats Christopher Schriner zu demonstrieren.

Schon im April besuchten KURIER-Reporter die Kleingärtner der KGA „Quartier Napoleon“. Dutzende kamen zu dem Termin, wütend über die Pläne des grünen Bezirksstadtrats Christopher Schriner, die jetzt umgesetzt wurden. „Seit fast zehn Jahren haben mein Mann und ich hier unser Gärtchen“, erzählte Maybritt Kirchbaum (65) dem KURIER. „Ich habe fünf Schrauben in der Wirbelsäule, bin zu 50 Prozent schwerbehindert. Ohne Auto schaffe ich es nicht mehr hierher.“

In Berlin-Wedding: Kleingärtner wütend, Demo ab ab 17 Uhr

Die Kleingärtner erzählten uns, dass hier viele Ältere ihre Laube haben, die nicht mehr gut zu Fuß sind, auch eine Familie mit zwei schwerbehinderten Kindern. Doch die nächste Bushaltestelle sei zehn Minuten Fußweg entfernt. Ralf Kirchbaum (80) machte sich damals Sorgen um die Zukunft in seinem grünen Idyll. „Es geht nicht nur um den Sack Erde, es geht auch um Kartoffeln, Getränke, Fleisch. Wie sollen wir die ohne Auto hierherschleppen?“

Betroffen sind Hunderte Kleingärtner, rund 800 Parzellen gibt es entlang des Charles-Corcelle-Rings. Doch alle Proteste halfen nichts. Anfang Juni wurden Haltverbotsschilder aufgestellt, später begannen die Fahrbahnmarkierungen. Die Laubenpieper wollen nicht klein beigeben, fordern ihre Parkplätze zurück. Für den heutigen Abend haben sie zum zweiten Mal zu einer Protestdemonstration aufgerufen, berichtet die Berliner Zeitung. Um 17 Uhr ziehen sie vom Charles-Corcelle-Ring zum Kurt-Schumacher-Platz.

Für diese neue Fahrradstraße am Charles-Corcelle-Ring in Berlin-Wedding wurden die dringend benötigten Parkplätze der Kleingärtner gekillt.
Für diese neue Fahrradstraße am Charles-Corcelle-Ring in Berlin-Wedding wurden die dringend benötigten Parkplätze der Kleingärtner gekillt.Emmanuele Contini

Grüner Bezirksstadtrat setzt sich über BVV-Beschluss hinweg

Denn die Parkplätze in der Nähe reichen nicht aus. Jaqueline Galle (34), Mutter von drei kleinen Kindern, erzählt in der Berliner Zeitung, dass sie für den Weg von den verbliebenen Parkplätzen zu ihrem Garten jetzt mindestens eine halbe Stunde brauche.

Sauer sind die Kleingärtner, dass sich der der grüne Bezirksstadtrat über ein Votum der BVV hinweg gesetzt hat. Die hatte Mitte Dezember beschlossen, den Umbau des Corcelle-Rings zur Fahrradstraße auszusetzen. Mit den Stimmen der CDU, von Teilen der SPD, der Linken und der FDP. Doch Schriner hat sich darüber hinweggesetzt, der Beschluss war nicht bindend. Jaqueline Galle wird heute wieder ihr Schild von der vorigen Demo im Dezember in die Höhe halten, erzählt sie in der Berliner Zeitung. Auf dem Schild steht: „Grüne Träume oder echte Sicherheit – Unsere Parkplätze sind kein Luxus“.