Potsdam macht’s schon

Die Wärme, die aus der Tiefe kommt: Mehr Geothermie für Berlin

Geothermie könnte in Zukunft bei der Energieversorgung eine wichtige Rolle spielen. Berlins Umweltsenatorin setzt darauf und will mehr Tempo machen.

Teilen
In Potsdam ist das Projekt, Energie aus der Tiefe zu gewinnen, schon weit fortgeschritten. Berlin will nun aufholen und den Ausbau von Geothermie forcieren. 
In Potsdam ist das Projekt, Energie aus der Tiefe zu gewinnen, schon weit fortgeschritten. Berlin will nun aufholen und den Ausbau von Geothermie forcieren. Soeren Stache/dpa

Bei der Nutzung von Erdwärme als Energiequelle hat Berlin nach Einschätzung von Umwelt- und Klimaschutzsenatorin Manja Schreiner erheblichen Nachholbedarf. „Wir brauchen die Geothermie. Das ist ein ganz wichtiger Bereich auch für Berlin“, sagte die CDU-Politikerin. „Wir haben immer noch 90 Prozent konventionelle Wärmegewinnung über fossile Energieträger – und nicht so viele andere Möglichkeiten.“

Lesen Sie auch: Morgens oder abends duschen? So machen Sie es richtig>>

Mit Blick auf das Ziel Klimaneutralität sei es wichtig, alle Optionen zu nutzen, von Abwärme bis Biomasse. „In meinem Haus liegt die Verantwortung für den Geothermiebereich. Um unseren Beitrag zu leisten, wollen wir dabei jetzt schneller vorankommen“, sagte Schreiner. „Die Prognosen sagen, dass bis zu 20 Prozent des Wärmehaushaltes über Geothermie möglich sind. Ich habe mir deshalb vorgenommen, einen größeren Fokus auf das Thema zu legen.“

So funktioniert Geothermie

Geothermie macht sich die Tatsache zunutze, dass in der Erdkruste Wärmeenergie gespeichert ist. Sie lässt sich zum Heizen, aber auch zur Stromerzeugung nutzen. „Wir haben in Berlin 13 Potenzialstandorte identifiziert, die aktuell technisch-geologisch untersucht werden und von denen drei Standorte für Probebohrungen ausgewählt werden“, sagte Schreiner. Der Vorgängersenat hatte die Probebohrungen bereits im letzten Jahr in Auftrag gegeben. 

Förderprogramm Geothermie in Berlin

„Damit nehmen wir auch Projektentwicklern Arbeit ab, denn es ist ja ein Risiko, ob man tatsächlich fündig wird, wenn man in die Tiefe bohrt.“ Für die Probebohrungen seien Investitionen von weit über einer Million Euro erforderlich. „Investoren müssen aber trotzdem noch viel Geld in die Hand nehmen. Daher wollen wir die Geothermie mit einem Förderprogramm unterstützen“, kündigte die CDU-Politikerin an. „Förderungen soll es sowohl für private als auch für öffentliche Unternehmen geben. Mit dem Förderprogramm wollen wir auch das Risiko von Investoren abfedern, wenn es am Ende nicht klappt.“

Manja Schreiner (CDU), neue Berliner Senatorin für Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, in ihrem Büro am Köllnischen Park 
Manja Schreiner (CDU), neue Berliner Senatorin für Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, in ihrem Büro am Köllnischen Park Wolfgang Kumm/dpa

Auch der Energieanbieter Vattenfall etwa erforscht Standorte für Energiegewinnung durch Geothermie in Berlin: „Für die Standortsuche haben wir eine Studie in Auftrag gegeben, die uns anhand historischer Bohrdaten eine Karte von Berlins Untergrund liefern wird. Darüber legen wir die Karte unseres Stadtwärmenetzes. So können wir feststellen, in welchen Gegenden das beste geologische Potenzial besteht und wo wir gleichzeitig die besten Voraussetzungen zur Einspeisung der Untergrundwärme in unsere Netze haben“, sagte Philippe Lehmann, Vattenfalls Projektleiter für Tiefengeothermie 2022.

Lesen Sie auch: Schock beim Wetter: Land unter! Wo es jetzt zu Sturzfluten kommt>>

Die nun erst neu aufgewärmte Idee, Tiefenwärme zu nutzen, ist schon länger bekannt. Schon 2013 wurde eine Potenzialstudie für die Nutzung der oberflächennahen Geothermie in Berlin in Auftrag gegeben, heißt es auf der Webseite des Bundesverbands Geothermie. Unter anderem seien dabei die 15.000 vorhandenen oberflächennahen Bohrungen ausgewertet worden. Die Ergebnisse lassen sich in Karten öffentlich einsehen.

Der Einsatz von Wärmepumpen zur Gebäudebeheizung sei in Berlin immens gestiegen, so der Verband weiter. 2004 gab es nur 132 Geothermie-Anlagen. Berühmte Beispiele sind der Erdwärme-Pendelspeicher unter dem Deutschen Bundestag und die Geothermie-Anlage des Berliner Stadtschlosses. 2018 waren bereits über 3500 Geothermie-Anlagen verzeichnet.

Geothermie-Vorreiterprojekt in Potsdam

Auch in Potsdam zapft man die Wärme in 1800 Metern Tiefe an. Der Energieversorger Energie und Wasser Potsdam (EWP) will ein ganzes Wohngebiet mit Geothermie versorgen. Im letzten Winter begannen die Bohrungen, die noch bis Juni 2023 dauern sollen. Rund 1800 Meter tief soll gebohrt werden. Dort befindet sich eine 200 Millionen Jahre alte Schicht aus Buntsandstein, die Wasser mit Temperaturen von 65 bis 70 Grad Celsius führt. Das ist die heiße Ware, an die die Potsdamer gelangen wollen. Aus zwei Bohrlöchern soll dann 50 Jahre lang klimaneutrale Energie gewonnen werden.

Lesen Sie auch: Rhododendron richtig gießen, düngen, schneiden – mit diesen Tipps>>

Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund sieht in der Erdwärme einen zentralen Bestandteil für eine klimaneutrale Versorgung über Nah- und Fernwärmenetze. Der Kommunalverbund hat allerdings ebenfalls auf die hohen Kosten hingewiesen. Eine komplette Geothermie-Großanlage könne bis zu 50 Millionen Euro kosten. Eine kürzlich in Schwerin durch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Betrieb genommene Anlage kostete den Stadtwerken zufolge gut 20 Millionen Euro.