Service ist ein Fremdwort (für Dienstleistung) – und das besonders bei der Deutschen Post. Die tut in den letzten Jahren alles, um die Kunden zu verprellen. Immer weniger Zweigstellen und immer längere Zustellzeiten. Erst Anfang des Jahres konnte man sich darüber ärgern, dass der Briefversand um zehn Cent teurer wurde, die Post sich im Gegenzug dafür aber noch mehr Zeit lassen darf, bis sie Briefe zustellt. 95 Prozent der Briefe und Postkarten müssen erst spätestens nach drei Werktagen beim Empfänger sein. Wenn sie denn überhaupt ankommen. Auch Berliner können davon ein Klagelied singen. Bei der Bundesnetzagentur sind noch nie so viele Post-Beschwerden eingegangen wie im vergangenen Jahr: Es geht um verlorene Briefe, beschädigte Pakete oder verspätete Sendungen.
Wie Bundesnetzagentur auf dpa-Anfrage mitteilte, erreichten sie im vergangenen Jahr 44.406 Eingaben zu Mängeln der Postversorgung und damit 2817 mehr als 2023 – das ist ein Plus von fast sieben Prozent.
Deutsche Post: Dreimal mehr Beschwerden als 2021
Im Vergleich zu 2021 hat sich das Beschwerde-Level fast verdreifacht (15.118). Damals machten Personalprobleme der Post zu schaffen, weswegen sich die Zustellung von vielen Sendungen verzögerte und der Ärger der Verbraucher größer wurde. Seither ist das Beschwerde-Level hoch geblieben. Die Möglichkeit zur Kritik bezieht sich auf die ganze Post- und Paketbranche, allerdings richteten sich im vergangenen Jahr 89 Prozent der Beschwerden gegen den Marktführer DHL und seine Briefsparte Deutsche Post.
Meistens geht es um Mängel bei der Zustellung, aber auch um andere Themen wie Filialen, bei denen Verbraucher auch innerhalb ihrer eigentlichen Öffnungszeiten vor verschlossenen Türen standen, oder um Briefkästen, die seltener geleert werden als früher.
Für Frust sorgen auch angeblich fehlgeschlagene Zustellversuche, obwohl der Empfänger doch daheim wartete und die Klingel gut funktionierte – da drängt sich die Frage auf, ob der Paketbote es überhaupt ernsthaft versucht hat. Fast jeder Berliner wird das schon mal erlebt haben: Die Benachrichtigungskarte über die misslungene Zustellung liegt später im Briefkasten. Mit dem Hinweis, das Paket frühestens am nächsten Tag bei der nächstgelegenen DHL-Station abzuholen.
Der Post-Konzern DHL teilt mit, dass die Anzahl der auf ihn bezogenen Beschwerden im Verhältnis zu den 12,2 Milliarden Briefen und 1,8 Milliarden Paketen, die im vergangenen Jahr ausgeliefert wurden, gering sei. Ein Firmensprecher betont aber, dass jede Beschwerde eine zu viel sei. „Wir arbeiten täglich daran, unsere Qualität zu verbessern und möglichst wenig Anlässe für Beschwerden entstehen zu lassen.“
Der Statistik zufolge führen nur 0,0003 Prozent der Sendungen zu einer Beschwerde bei der Bundesnetzagentur. Allerdings kann man sich auch direkt bei DHL beschweren – und das dürften die meisten verärgerten Kunden machen. Doch wie viele kritische Wortmeldungen die Firma direkt erreicht haben, verrät der Konzern natürlich nicht.
Deutsche Post: In welchen Regionen es Zustelldefizite gab
Hinzu kommt eine Dunkelziffer von Zustellfehlern, die zwar zu Frust beim Empfänger geführt, diesen aber nicht zu einer Beschwerde bewegt haben. Letztlich ist die Beschwerdezahl der Bundesnetzagentur nur ein Indikator, dass etwas im Argen liegen könnte in der Branche, die einen hohen Zeit- und Kostendruck hat.
Wenn sich kritische Wortmeldungen in einer Region häufen, leitet die Bundesnetzagentur sogenannte Anlassprüfungen wegen unterbliebener oder mangelhafter Briefzustellung ein. Im vergangenen Jahr waren das 27 und damit acht weniger als 2023.
Relativ viel Unmut gab es nach Angaben der Bonner Behörde etwa im Oktober 2024 in Bochum, wo die Post ihre Zustellprobleme mit Personalengpässen und organisatorischen Engpässen begründete. Die Post reagierte dort mit Neueinstellungen und Vertretungskräften. Im Januar 2025 hatte sich die Zustellsituation stabilisiert, wie die Bundesnetzagentur schreibt.

Ähnliche Zustelldefizite gab es im vergangenen Jahr zwischenzeitlich etwa in Stuhr (Niedersachsen), Erlensee (Hessen), Hamburg, Freudenstadt (Baden-Württemberg), Planegg (Bayern) und Neuenhagen (Brandenburg). Nicht nur Personallücken spielten eine Rolle, sondern mitunter auch schlechtes Wetter und ungewohnt hohe Sendungsmengen.
Bei den Anlassprüfungen handelt es sich nur um eine Art mahnenden Zeigefinger der Bundesnetzagentur. Mit der Anfang 2025 in Kraft getretenen Postgesetz-Reform ist das bislang stumpfe Schwert der Aufsichtsbehörde aber etwas schärfer geworden, künftig kann die Behörde Bußgelder verhängen. Auch wenn solche Zahlungen noch reine Theorie und somit gar nicht absehbar sind: Der Druck auf den Logistikkonzern ist gestiegen, damit er keine allzu schlechte Arbeit abliefert.
Kürzlich verkündete die Post binnen weniger Tage zwei Nachrichten. Zunächst wurde eine Tarifeinigung mit Verdi vermeldet, die den 170.000 Tarifbeschäftigten schrittweise insgesamt fünf Prozent mehr Lohn einbringt. Wenig später folgte eine schlechte Nachricht: Wegen hoher Kosten baut die Post bis zum Jahresende 8000 Stellen ab, das sind etwas mehr als vier Prozent der zuletzt 187.000 Stellen im deutschen Brief- und Paketgeschäft. Dabei spielte auch eine Rolle, dass die Portoerhöhung, die es Anfang des Jahres gegeben hatte, der Post nicht hoch genug gewesen war und die Firma daher nicht so viel Geld in die Kasse bekommt wie erhofft. ■