Wer je an seiner Existenz gezweifelt hat, wird jetzt eines Besseren belebt. Denn den Weihnachtsmann gibt es wirklich – und er ist ein Berliner! Michael Rosensky (71) heißt er mit bürgerlichen Namen, wohnt in Marzahn-Hellersdorf. Er sieht wirklich wie der Weihnachtsmann aus. Der weiße Rauschebart und das edle Antlitz sind echt. Dass nicht jeder an den Verwandten des heiligen Nikolaus glaubt, ist für ihn kein Problem. Auch der Weihnachtsmann glaubt nicht an alles. Er ist Atheist!
Mit dem lieben Gott ist so eine Sache, findet Michael Rosensky. Genauso verhält es sich mit dem Weihnachtsmann. Man glaubt an ihn oder man lässt es bleiben.
Egal, was jeder glaubt: Rosensky ist für uns eindeutig der Weihnachtsmann. Auch wenn er nur in Jacke und Jeans da steht, als er kurz vor Heiligabend beim KURIER am Alexanderplatz hereinschneit. „Es passiert mir oft, dass ich auch ohne roten Mantel erkannt werde. Kinder fragen mich sogar im Frühjahr oder Sommer, ob ich wirklich der Weihnachtsmann bin. Wenn die Menschen glauben, ich bin der echte Weihnachtsmann, dann bin ich es auch.“
So wird ein Berliner zum Weihnachtsmann
Rosensky zeigt, wie schnell er sich in den Weihnachtsmann verwandeln kann. Er braucht knapp drei Minuten. Rasch wird die Winterjacke gegen den roten Kapuzenmantel getauscht. Ein Kontrollblick, ob alles gut sitzt. Geschenkesack übergeworfen und ein fröhliches „Ho, ho!“: Fertig ist der Weihnachtsmann!
Nein, als solcher wird man nicht geboren. „Weihnachtsmann wird man“, sagt Rosensky. Vor 36 Jahren fing es an. „Meine damals neunjährige Tochter Ulrike wollte, dass der Weihnachtsmann wieder zu ihr kommt. Also zog ich mir an Heiligabend meinen roten Bademantel über. Aber der echte Weihnachtsmann war ich da noch lange nicht.“
Das wurde er erst vor 14 Jahren. Schuld ist das Laienpuppentheater am Kastanienboulevard in Hellersdorf, in dem Rosensky damals und auch heute ehrenamtlich arbeitet – und sein Bartwuchs. „Damals wurden mein Bart schon leicht weiß, meine Leibesfülle nahm zu, das sagten meine Mitstreiter: ,Du siehst ja wie der Weihnachtsmann aus!‘“
Dieser Kinderwunsch ging dem Weihnachtsmann ans Herz
Seit dem ist Rosensky auf Weihnachtsmann-Tour – und nicht nur am, Heiligabend beglückt er uns Erdenkinder. „Die Saison geht im November los.“

In Berlin und Brandenburg ist der Weihnachtsmann in Kitas, Stadtteilzentren, Seniorenheime, aber auch in kirchlichen Einrichtungen, Hospizen und in Flüchtlingsheimen zu Gast. Natürlich auch im Puppentheater.
Insgesamt 38 Auftritte hat der Weihnachtsmann in diesem Jahr. Bei den Bescherungen erzählt er eigene Geschichten, singt mit Kindern und Erwachsenen Lieder und verteilt Süßigkeiten als kleine Geschenke. Den Konsum-Terror um Weihnachten lehnt der Weihnachtsmann ab. „Allein die Kinder bekommen viel zu viel Geschenke“, sagt er.

Dabei haben Kinder Wünsche, die nicht einmal der Weihnachtsmann erfüllen kann. „Vor Jahren kam ein vierjähriger Junge auf mich zu und wünschte sich von mir, dass ich dafür doch bitte sorgen soll, dass sich seine Eltern zu Heiligabend nicht streiten. Leider geht es nicht allen Familien gut – und nicht nur zu Weihnachten.“
Das wünscht sich der Weihnachtsmann
Auch der Weihnachtsmann hat einen Wunsch! „Ho, ho, ich würde mich freuen, wenn viele Menschen zum Blutspenden zum DRK gehen würden. Denn gerade zu den Festtagen werden in den Kliniken die lebenswichtigen Konserven knapp, weil viele Spender in dieser Zeit nicht da sind. Ich selber spende regelmäßig Blut – seit 52 Jahren!“

Wer jetzt denkt, dass der Weihnachtsmann nach Weihnachten endlich seine Ruhe hat, der irrt. „Dann geht für mich ein anderes Leben weiter. Der Weihnachtsmann ist ja nicht nur Weihnachtsmann. Ich war schon Bauarbeiter, Polizist und Journalist. Nun bin ich Verleger. Edition Nachbarn heißt mein kleiner Buchverlag.“
Denn der Weihnachtsmann schreibt auch Bücher! Wie das Kinderbuch „Der kluge Weihnachtsmann – Sommergeschichten“. „Denn jeder will doch wissen, was der Weihnachtsmann im Sommer macht“, sagt Rosensky. In dem Buch holt mit seinem Freund, dem Schweinswal, den Müll aus den Meeren.
Was macht der Weihnachtsmann im Sommer?
Im wahren Weihnachtsmann-Leben geht der Weihnachtmann im Sommer auf Lesereise, arbeitet an einem neuen Kinderbuch oder an Krimis. „Das sind echte Kriminalfälle aus der DDR, über die ehemalige Kriminalisten berichten. Als Mitautor schreiben wir die Geschichten auf.“

Übrigens: Auch im Sommer trägt der Weihnachtsmann seinen weißen Rauschebart. „Um ihn auf stattliche Weihnachtsform zu bringen, muss er zweieinhalb Jahre wachsen. Abrasieren geht also nicht.“
Am Heiligabend wird der Weihnachtsmann drei Familien bescheren und ab 17.30 Uhr im Stadtteilzentrum Alt Biesdorf mit alleinstehenden Menschen Weihnachten feiern. „Wenn alles klappt, bin ich dann um 21 Uhr bei meiner Familie.“
Irre! Der Weihnachtsmann bekommt Rente
Diese ist groß: Der Weihnachtsmann hat eine Weihnachtsfrau, zwei Töchter und fünf Enkel – und seit einem Jahr auch einen Urenkel. „Am 13. Dezember 2024 kam Jonah zur Welt. Ich hoffe, dass er meinen Job übernimmt, wenn er mit 40 Jahren im richtigen Weihnachtsmannalter ist. Dann bin ich 110 und kann ruhig in Rente gehen.“
Bekommt denn ein Weihnachtsmann überhaupt Rente? „Ja“, sagt er, „eine mittlere Durchschnittsrente.“ Davon muss der Weihnachtsmann nicht nur leben, sondern auch seine Arbeit mitfinanzieren. Viele Auftritte sind ehrenamtlich.

Es gibt auch mal Geld. Davon kauft der Weihnachtsmann Süßigkeiten für die Kinder oder spendet es dem Laienpuppentheater in Hellersdorf. Rosensky ist mit seinem Weihnachtsmann-Leben zufrieden. „Wenn ich dann in die strahlenden Augen der Kinder und in die fröhlichen Gesichter der Erwachsenen schaue – das ist für mich als Weihnachtsmann der schönste Lohn.“







