Flusspferd als Star

DAS sind die schrägsten Filme und Filmauftritte auf der Berlinale

Nina Hoss als Französisch-Genie, Isabelle Huppert als Frau ohne Geschichte und Flüchtlinge, die aus Koffern schlüpfen. Es gibt noch mehr Merkwürdigkeiten ...

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In den Wettbewerb der Berlinale hat es ein Film über Pepe geschafft. So wurde das Flusspferd genannt, das dem kolumbianischen Drogenbaron Pablo Escobar gehörte.
In den Wettbewerb der Berlinale hat es ein Film über Pepe geschafft. So wurde das Flusspferd genannt, das dem kolumbianischen Drogenbaron Pablo Escobar gehörte.Monte & Culebra/Berlinale

Filme im Berlinale-Programm brechen gern mal mit Sehgewohnheiten. Am Montag etwa sah man eine Nina Hoss, wie man sie noch nie gesehen hat. Hier eine Auswahl merkwürdiger Berlinale-Produktionen:

Eine Deutsche, die perfekt Französisch spricht

Die Berlinerin Nina Hoss (48) verblüfft in dem Liebesfilm „Langue Étrangère“ mit einem Französisch, das man ihr so gar nicht zugetraut hätte. Der Berlinale-Wettbewerbsbeitrag von Claire Burger bekam bei der Premiere vor Journalisten viel Applaus. Burger stellt zwei verkrachte Familien vor – eine deutsche und eine französische, jeweils betrachtet durch die Augen einer fremdsprachigen Austauschschülerin. Diese Töchter der beiden Familien (Lilith Grasmug und Josefa Heinsius) verlieben sich ineinander.

Da muss sie am Montag selbst lachen. Nina Hoss ist in ihrem Berlinale-Film nicht wiederzuerkennen. Zumindest, was ihr Sprechen angeht.
Da muss sie am Montag selbst lachen. Nina Hoss ist in ihrem Berlinale-Film nicht wiederzuerkennen. Zumindest, was ihr Sprechen angeht.Odd Andersen/AFP

Nina Hoss spielt die alleinerziehende Mutter des deutschen Mädchens und verblüfft wirklich mit ihren außerordentlichen Sprachkenntnissen. In Berlin erklärte die Schauspielerin am Montag: „Ich war tatsächlich nie im Austausch, aber ich komme aus Stuttgart, war oft in Straßburg und habe die französische Sprache immer geliebt. Die Sprache und die französischen Chansons.“ Ihre Rolle in Burgers Film beschrieb sie so: „Was mir gefallen hat an der Figur, war, dass sie das Gefühl hat, sie war mal da, wo Lena ist, und hat irgendwo ihren Weg verloren. Sie trinkt ein bisschen viel, das hilft dann auch. Ich wollte, dass sie eine warme Mutter ist, nicht so überproblematisch.“

Schauspielerin ohne Rolle und Geschichte

Frankreichs Superstar Isabelle Huppert (70) spielt in „A Traveler’s Needs“ von Regisseur Hong Sangsoo eine Frau ohne Vergangenheit. Sie landet in Korea, liegt auf Felsen herum, läuft viel barfuß. Die Wirkung ähnelt einem geheimnisvollen, abstrakten Gemälde, das plötzlich Beine bekommen hat. Ganz hübsche sogar.  Huppert sagte in Berlin:„ Es war sehr schwierig, sich hier in eine Rolle reinzudenken, denn es gibt ja gar keine Rolle und keine Geschichte.“ Es gehe darum, wie man die Gegenwart einfängt, den Zustand einer Person, die mit einer Situation konfrontiert ist. „Mir gefällt diese Arbeitsweise, dass man nicht weiß, was passiert als Nächstes. Alles ist offen, aber jeden Tag geschieht ein Wunder.“ Ein Wunder ist in jedem Fall, wie Isabelle Huppert auf der Kinoleinwand seit Jahrzehnten immer wieder aufs Neue fasziniert.

Die Länge spielt keine Rolle

Für den Film „Exergue – On Documenta 14“ von Dimitris Athiridis muss man sich zwei Urlaubstage nehmen - denn er wird in zwei Sitzungen an zwei verschiedenen Tagen geschaut. Insgesamt dauert die Dokumentation über die Reihe von Ausstellungen in Kassel von 2017 ganze 14 Stunden. In der Ankündigung für den Film wird ein „Blick hinter die Kulissen“ der mehrjährigen Arbeit von Kurator Adam Szymczyck versprochen. Nicht ganz so lang - nur etwa viereinhalb Stunden - dauert „Dostoevskij“ von Damiano und Fabio D'Innocenzo. Zugegebenermaßen ist es eine sechsteilige Serie – über die Suche nach einem Serienmörder. Andersherum geht es aber auch: Mit sechs Minuten ist „Tako Tsubo“ von Fanny Sorgo und Eva Pedroza einer der kürzesten Filme.

Filme ohne Gespräche

Apropos Kurzfilme: Bei einigen Kurzfilmen, so etwa bei  „Circle“ oder „Sacrophagus Of Drunken Loves“ gibt es keinen Dialog. Aber auch ein US-Film in Spielfilmlänge verzichtet zumindest auf menschliche Worte. „Sasquatch Sunset“ von David und Nathan Zellner mit Elvis-Presley-Enkelin Riley Keough und Jesse Eisenberg («The Social Network») handelt vom Leben einer Sasquatch-Familie - das ist die kanadische Bezeichnung vom Fabelwesen Bigfoot. 90 Minuten lang wird hier fröhlich gegrunzt.

Die Biografie eines Tieres

In den Wettbewerb der Berlinale hat es ein Film über Pepe geschafft. So wurde das Flusspferd genannt, das im Privatzoo des kolumbianischen Drogenbarons Pablo Escobar sein Dasein fristete. Im gleichnamigen Film von Nelson Carlos de Los Santos Arias erzählt die vermeintliche Sprechstimme des Nilpferds seine traurige Geschichte. Pepe ist (außer der Preis-Bären) nicht das einzige Tier der Berlinale. So handelt etwa die japanische Doku „Gokogu No Neko“ von Kazuhiro Soda von einem Schrein, der von Katzen bewohnt wird.

Würdige Erwähnungen

Filme über Sex können wohl kaum noch Aufsehen erregen. Neben dem norwegischen Film „Sex“ und der Biopic-Serie „Supersex“ über den italienischen Pornostar und -produzenten Rocco Siffredi wird auch „The Visitor“ von Bruce LaBruce gezeigt – in dem Film verführen aus Koffern geschlüpfte Geflüchtete ganze Familien, inklusive expliziter Sexszenen. Auf der anderen Seite der Extrovertiertheit-Introvertiertheit-Skala steht wohl der japanische Film „Hako Otoko“ von Gakuryu Ishii – darin ändert ein Mann sein Leben und lebt fortan mit einer Schachtel über dem Kopf. ■