Was war da los?

Britzer Garten: Feuerwehr traf erst 2 Stunden nach erstem Notruf ein

Zwei Anrufer meldeten der Berliner Feuerwehr den Brand gegen 2.30 Uhr. Doch der erste Löschzug traf erst zwei Stunden später ein. Wie konnte das passieren?

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Bei Eintreffen des ersten Löschfahrzeuges der Berliner Feuerwehr brannte das Umweltbildungszentrum bereits seit mehr als zwei Stunden.
Bei Eintreffen des ersten Löschfahrzeuges der Berliner Feuerwehr brannte das Umweltbildungszentrum bereits seit mehr als zwei Stunden.Morris Pudwell

Der Brand im Britzer Garten hat das dortige Umweltbildungszentrum in eine Ruine verwandelt. Nur ein Schutthaufen blieb von dem Gebäude. Laut einer KURIER-Recherche hätten die Löscharbeiten schon zwei Stunden früher beginnen können. Zwei Anrufer hatten das Feuer per Notruf gemeldet. Doch die Leitstelle hielt die Anrufe für die Doppelmeldungen eines laufenden Einsatzes.

Laut Angaben der Polizei vom Donnerstag soll Brandstiftung die Ursache des Feuers sein. Ein oder mehrere Unbekannte sollen auf dem Gelände des Britzer Gartens gleich mehrere Brandherde entfacht haben. Nur durch ein Wunder griffen die Flammen nicht noch auf andere Gebäude über.

Feuer in Britzer Garten bereits zwei Stunden vor Löscheinsatz gemeldet

Doch für das Umweltbildungszentrum des Freilandlabors Britz kam jede die Hilfe zu spät. Wie der KURIER berichtete, brannte das Gebäude komplett ab. Nicht einmal mehr Seitenwände blieben übrig. Am Donnerstagabend war die Feuerwehr weiterhin mit dem Löschen der Glutnester beschäftigt. Doch nach Hinweis eines Lesers hätte der Brand schneller bekämpft werden können. 

Björn K. hatte von seinem Balkon in einem oberen Stock eines Wohnhochhauses in Buckow einen guten Blick auf den Brand. „Wir haben die Flammen wirklich stark emporsteigen sehen“, berichtet er dem KURIER. „Das ist definitiv ein Großfeuer“, habe er zu seiner Frau gesagt, die ebenfalls auf dem Balkon stand und die bedrohliche Szenerie fotografierte. Darauf ist zu sehen, wie die Flammen mindestens baumhoch in die Höhe schlagen. Starker Rauch steigt auf.

Direkt vom Balkon wählt Björn K. um 2.35 Uhr den Notruf 112 der Berliner Feuerwehr. Der KURIER konnte die Anrufdaten überprüfen. „Ich habe dem Mitarbeiter in der Leitstelle gesagt, dass ich ein Feuer sehe und dass ich vermute, dass es im Britzer Garten brennt“, berichtet er. Eine Adressprüfung durch die Redaktion ergibt, dass K. in seinem Wohnhaus nur 1,4 Kilometer vom Brandherd entfernt war.

Dieses Foto vom Feuer im Britzer Garten machte die Frau von Anrufer Björn K. um 2.32 Uhr vom Balkon der Wohnung des Paares in Buckow.
Dieses Foto vom Feuer im Britzer Garten machte die Frau von Anrufer Björn K. um 2.32 Uhr vom Balkon der Wohnung des Paares in Buckow.Privat

Leitstelle hält Notruf zu Feuer im Britzer Garten für Doppelmeldung zu Brand in Kreuzberg

Doch in der Leitstelle passiert in diesem Moment eine gravierende Fehleinschätzung. „Zur genannten Zeit fand parallel im Stadtgebiet ein weiterer Brand statt. Der Notruf wurde durch den Mitarbeitenden in der Leitstelle als Doppelmeldung des bereits laufenden Einsatzes gewertet“, teilt die Feuerwehr Berlin auf Anfrage des KURIER mit.

Der Mitarbeiter der Leitstelle hielt den Anruf also für eine weitere Meldung zu einem Feuer in Kreuzberg. Doch das Feuer dort war vergleichsweise klein. „Es wurde ein Autobrand gemeldet. Ein Löschfahrzeug fuhr dort hin“, so ein Sprecher der Feuerwehr auf Anfrage. Vom Balkon des Anrufers Björn K. sind es bis zum Brandort des Kreuzberges Feuers mindestens 9,5 Kilometer Luftlinie. 8 Kilometer weiter als der Britzer Garten. 

Dass ein Anrufer einen Brand über diese Entfernung überhaupt erkennen würde, ist zumindest fraglich. Hinzu kommt, dass laut Kenntnis der Feuerwehr Berlin um 2.39 Uhr eine weitere Person den Notruf alarmierte, um ebenfalls den Brand in Britzer Garten zu melden. Auch diese sei „vom selbigen Mitarbeitenden als Doppelmeldung“ des Kreuzberg-Brandes bewertet worden. 

Von dem Gebäude im Britzer Garten ist nur noch eine verkokelte Ruine übrig.
Von dem Gebäude im Britzer Garten ist nur noch eine verkokelte Ruine übrig.Peter Althaus

Umweltbildungszentrum brannte über zwei Stunden vor sich hin

So brannte das Umweltbildungszentrum völlig ungehindert weiter. Letztlich ging ein erneuter Notruf erst um 4 Uhr bei der Leitstelle ein. „Das erste Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeug ist um 4.29 Uhr eingetroffen, nachrückende Kräfte trafen um 4.43 Uhr ein“, heißt es von der Feuerwehr. Doch auch da lief der Einsatz wohl nicht reibungslos. Die Einsatzkräfte vor Ort sollen zunächst nicht auf das Gelände gekommen sein. Auch habe es laut einem Bericht der Berliner Morgenpost Probleme mit der Löschwasserversorgung gegeben. So verstrich erneut Zeit. Genaue Angaben dazu will die Feuerwehr auf KURIER-Anfrage noch nachreichen. Dennoch bedeutet dies: das erste Löschfahrzeug traf erst knapp zwei Stunden nach dem Eingang des ersten Notrufs bei der Leitstelle ein. 

Könnten mangelhafte Protokolle schuld an der Fehleinschätzung des Leitstellen-Mitarbeiters sein? „Die Berliner Feuerwehr wertet diesen Fall bereits aus und prüft, ob eine Anpassung der Prozesse notwendig ist“, teilt die Pressestelle mit. Die Feuerwehrgewerkschaft Berlin-Brandenburg sieht vor allem die Belastung der Mitarbeiter als Problem. „Überlastung und Überforderung sind ein Rezept für Fehler“, so Sprecher Manuel Barth. Er mache selbst auch Leitstellenschichten. „Es gibt ganz klare Herangehensweisen für Doppelmeldungen. Ich bin sicher, dass der Kollege die befolgt hat“, so Barth.