Der klare KURIER-Kommentar

Brand im Britzer Garten: Feuerwehr fährt auf dem Zahnfleisch

Der um zwei Stunden verspätete Löscheinsatz zeigt erneut, dass bei der Feuerwehr einiges im Argen liegt. Aber das liegt nicht an den Kameradinnen und Kameraden.

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Ein Feuerwehrmann bekämpft die Glutnester in der Brandruine des Umweltbildungszentrums im Britzer Garten.
Ein Feuerwehrmann bekämpft die Glutnester in der Brandruine des Umweltbildungszentrums im Britzer Garten.Peter Althaus

Stell dir vor, es brennt im Britzer Garten und keiner fährt hin! Das Eintreffen eines Löschzugs erst zwei Stunden nach der ersten Benachrichtigung der Feuerwehr zeugt davon, dass bei der Berliner Feuerwehr etwas gehörig schief läuft. Wenn gleich zwei Anrufe zu einem massiven Brand falsch bewertet werden, dann muss es dafür eine Erklärung geben, die nicht mit dem individuellen Fehlverhalten eines Mitarbeiters abgetan werden kann.

Immerhin: Die Feuerwehr war nach der Anfrage des KURIER zur zweistündigen Verzögerung bei dem Löscheinsatz spürbar betroffen. In der Pressestelle redete man nicht schön, dass dies ein Versagen gewesen sein könnte. Eine Antwort auf die Anfrage wurde mit besonderer Dringlichkeit beantwortet. Das zeigt: Unserer Feuerwehr ist dieser Vorfall nicht egal.

Personalmangel wirkt sich auf Reaktion aus

Ohnehin leiden vor allem die Kameradinnen und Kameraden, inklusive derer in der Leitstelle, seit Jahren unter Personalmangel – und auch unter vielen nutzlosen Anrufen der Bürger. Gefühlt 90 Prozent der Einsätze unserer Feuerwehrleute seien mittlerweile Fehlalarme, berichtete mir ein frustrierter Kamerad. Die reichen von automatischen Brandmeldeanlagen mit einer Fehlfunktion bis hin zu Berlinern, die wegen einer Nagelbettentzündung den Rettungsdienst der Feuerwehr rufen. 

„Wir fahren lieber einmal mehr als einmal zu wenig“, sagten mir Feuerwehrleute bei meinen Recherchen zu solchen Themen noch vor Jahren. Doch heute klingt das anders: „Die Feuerwehr ist keine hundertprozentige Versicherung“, heißt es da. Und es stimmt zwar, dass es nie einen vollständigen Schutz gab. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass die Feuerwehr eben seit Jahren „auf dem Zahnfleisch“ zu Einsätzen fährt: zu wenig Auszubildende, zu wenig Personal, Probleme bei Technik und Wartung.

Klar, dass unter diesen Bedingungen die Leitstelle irgendwann ihre Entscheidungen etwas weiter einschränkt. In diesem Fall bedeutete dies wohl: „Lieber einmal weniger als einmal zu viel.“ Damit sich das ändert, muss der Senat endlich gegensteuern. Kaum auszumalen, was sonst noch hätte passieren können. ■