Rot-Lila in Brandenburg

SPD und Sahra Wagenknecht: Jetzt wird es ernst mit der Hochzeit

Nach ersten Liebesbekundungen: Nun sind SPD und BSW zu Koalitionsverhandlungen für eine rot-lila geführte Landesregierung bereit.

Teilen
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Brandenburgs BSW-Chef Robert Crumbach: Beide wollen Koalitionsverhandlungen für eine rot-lila geführte Landesregierung. 
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Brandenburgs BSW-Chef Robert Crumbach: Beide wollen Koalitionsverhandlungen für eine rot-lila geführte Landesregierung. dpa

Fünf Wochen nach der Landtagswahl in Brandenburg werden nun die Weichen für die Hochzeit zwischen der SPD und der Partei von Sahra Wagenknecht (BSW) gestellt. Nach dem Liebesgesäusel bei den Sondierungsgesprächen sollen jetzt die Koalitionsverhandlungen für eine mögliche rot-lila geführte Landesregierung folgen.

Der amtierende Ministerpräsident Dietmar Woidke (63, SPD) erklärte am Montag: Die Verhandler beider Parteien haben die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen empfohlen. Das Papier bilde die „Basis“, um in Koalitionsgespräche zu gehen, so Woidke. 

Auch der mögliche Koalitionspartner, BSW-Spitzenkandidat und Ex-SPD-Genosse Robert Crumbach (61) sieht die Weichen für Rot-Lila gestellt. Er sagte, es habe in den Gesprächen „erhebliche Schnittmengen“ gegeben. Wann die Koalitionsverhandlungen starten, ist noch unklar.

Klar ist: SPD und BSW müssen rasch handeln. Denn beide Parteien stehen nach der Landtagswahl vom 22. September unter Zugzwang: Die Sozialdemokraten hatten die Wahl  am 22. September knapp gewonnen, holten 32 der 88 Landtagssitze. Zweitstärkste Partei wurde die AfD mit 30 Sitzen. Das BSW kam auf 14 Sitze, die CDU nur auf 12 Sitze.

Rot-Lila-Ehe in Brandenburg: Es gibt keine Alternative gegen die AfD

Da keiner mit der AfD in Brandenburg regieren will, die der Verfassungsschutz als gefährlich rechtsextrem in dem Bundesland eingestuft hatte, haben nur SPD und BSW zusammen im Parlament eine realistische Mehrheit. Alternativen wären nur eine SPD-Minderheitsregierung oder eine Neuwahl. Bislang regiert Ministerpräsident Woidke in einer Koalition aus SPD, CDU und Grünen.

Anfang Oktober starteten die SPD unter Ministerpräsident Woidke und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) unter Landeschef Robert Crumbach die Sondierung über eine mögliche Regierungskoalition. Woidke und Crumbach beurteilten die Gespräche bisher grundsätzlich positiv.

Woidke sagte: „Es ist jetzt die Verpflichtung dafür zu sorgen, dass Brandenburg ein Land ist, das eine sichere Regierung bekommt. Es war kein einfacher Weg, auf den wir uns gemacht haben. Es waren intensive Gespräche, die wir in den letzten Wochen geführt haben.“ Auch Crumbach wies darauf hin, dass es bei den Gesprächen manchmal schwierig war. 

SPD-Plakate mit Dietmar Woidke und BSW-Plakate mit Sahra Wagenknecht waren vor der Wahl in Brandenburg oft übereinandergehängt zu sehen.
SPD-Plakate mit Dietmar Woidke und BSW-Plakate mit Sahra Wagenknecht waren vor der Wahl in Brandenburg oft übereinandergehängt zu sehen.Martin Müller/imago

Allerdings stellt BSW-Chefin Sahra Wagenknecht Forderungen, obwohl sie persönlich nicht am Verhandlungstisch sitzt. Sie fordert eine klare Position zur Aufstellung von US-Mittelstreckenraketen und ein Eintreten für einen Waffenstillstand zwischen Russland und der überfallenen Ukraine. Danach muss auch die Brandenburger BSW handeln.

Woidke zeigte da Entgegenkommen. Mit Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) sowie Thüringens CDU-Chef Voigt hatte er sich in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ Anfang Oktober für mehr diplomatisches Engagement Deutschlands zur Beendigung des russischen Kriegs gegen die Ukraine ausgesprochen. 

Rot-Lila in Brandenburg: Sahra Wagenknecht stellt Forderungen

Wagenknecht hatte den Artikel als wichtigen Beitrag bezeichnet, weil er statt Waffenlieferungen eine andere Perspektive aufzeige. Woidke machte später aber auch deutlich, dass er Waffenlieferungen für die Ukraine weiter für notwendig hält.

In Sachsen und Thüringen geht es ebenfalls um eine mögliche Regierungsbeteiligung, aber um eine Brombeer-Koalition aus CDU, BSW und SPD. In Sachsen wurden die Sondierungsgespräche unterbrochen, weil auch Abgeordnete aus der BSW-Fraktion einem Antrag der AfD auf einen Corona-Untersuchungsausschuss im Landtag zustimmten.

Nach SPD-Angaben ist heute ein Treffen mit Spitzenpolitikern der CDU und dem BSW geplant. Dies solle klären, ob und wie die Gespräche in Sachsen fortgeführt werden könnten.

Regiert Sahra Wagenknecht auch in Thüringen und Sachsen mit?

In Thüringen steht das Projekt auf der Kippe: Die Suche nach einem Kompromiss zu friedenspolitischen Forderungen, die Wagenknecht zur Voraussetzung für den Start von Koalitionsverhandlungen gemacht hat, war bisher erfolglos. Über das Wochenende gaben sich die Spitzen von CDU, BSW und SPD Bedenkzeit.

Sie soll am Montag oder Dienstag mit der Wiederaufnahme von Gesprächen enden, hieß es aus Verhandlungskreisen. „Die Chancen stehen 50:50“, sagte einer der Verhandler der Deutschen Presse-Agentur. Und: „Die Tür ist nicht zu.“

BSW-Chefin Wagenknecht warnte ihre Partei vor zu vielen Zugeständnissen auf dem Weg zu möglichen Regierungsbeteiligungen. Kompromisse müssten möglich sein, sagte sie dem Magazin „Stern“. „Aber Kompromissbereitschaft darf kein Vorwand sein, um für eine Regierungsbeteiligung fast alles über Bord zu werfen, wofür man gewählt wurde.“

Viele Menschen setzten große Hoffnungen in das BSW als neue Partei. „Alle, die sich im BSW engagieren, haben die verdammte Verantwortung, diese Erwartungen nicht zu enttäuschen.“ Der Wählerauftrag an das BSW sei nicht, ein Weiter-so zu ermöglichen. ■