Eklat bei Gesprächen

Sahra Wagenknecht in der Zwickmühle: Will sie überhaupt regieren?

Einmischung von oben, Flirt mit der AfD: In Sachsen und Thüringen stehen die Sondierungsgespräche über eine Regierungsbeteiligung des BSW auf der Kippe.

Author - Stefan Doerr
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Sahra Wagenknecht hatte nach den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen Grund zum Jubeln. Doch will sie wirklich Verantwortung übernehmen?
Sahra Wagenknecht hatte nach den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen Grund zum Jubeln. Doch will sie wirklich Verantwortung übernehmen?Bernd Elmenthaler/Imago

Will sie nun tatsächlich regieren oder einfach nur gegen alles sein und räumt damit der AfD den Weg frei? Für Sahra Wagenknecht (55) und ihr BSW geht es schon jetzt mit den ersten Sondierungsgesprächen um die Existenz. In Thüringen, aber auch in Sachsen und Brandenburg laufen nach den Landtagswahlen Gespräche über eine mögliche Regierungsbildung unter Beteiligung von Wagenknechts BSW. Doch in Sachsen und Thüringen hängen die Gespräche am seidenen Faden.

Schulterschluss des BSW mit der AfD in Sachsen

In Sachsen wurden die Gespräche zwischen CDU, BSW und SPD auf Dienstag vertagt. Die SPD hatte die Sondierung gestoppt, nachdem Abgeordnete des BSW teilweise für einen Antrag der AfD-Fraktion zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Corona-Pandemie gestimmt hatten. CDU und SPD plädieren stattdessen für die Einsetzung einer Enquete-Kommission unter Beteiligung von Bürgern. CDU und SPD hatten im Wahlkampf jegliche Zusammenarbeit mit der AfD strikt ausgeschlossen.

Mit dem Schulterschluss zwischen BSW und AfD sehen die sächsischen SPD-Vorsitzenden Kathrin Michel und Henning Homann die Sondierungsgespräche akut gefährdet. Die „inhaltliche Unterstützung eines populistischen Antrags einer gesichert rechtsextremen Partei“ sei fatal, so die beiden. Ihre Partei werde deshalb bis zu einer Klärung der Spitzen die Verhandlungen in den Arbeitsgruppen aussetzen.

Sahra Wagenknecht (r), Parteivorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), und Sabine Zimmermann (l.), BSW-Spitzenkandidatin in Sachsen. Die Partei steht in Sachsen wegen des Schulterschlusses mit der AfD am Pranger.
Sahra Wagenknecht (r), Parteivorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), und Sabine Zimmermann (l.), BSW-Spitzenkandidatin in Sachsen. Die Partei steht in Sachsen wegen des Schulterschlusses mit der AfD am Pranger.Christoph Soeder/dpa

Wagenknecht blockiert Gespräche in Thüringen

Auch in Thüringen stehen die Sondierungsgespräche schon auf der Kippe. Grund ist die ständige Einmischung von Sahra Wagenknecht, die aus der Ferne darauf pocht, dass die Landesregierung Weltpolitik betreiben soll, indem sie gefälligst die BSW-Position im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vertreten soll. Damit verbunden ist ein Bekenntnis gegen Waffenlieferungen an Kiew und gegen die Stationierung von US-Raketen in Deutschland. Dazu ist aber Thüringens CDU-Chef Mario Voigt keinesfalls bereit.

Wie die Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND, Freitag) unter Berufung auf Verhandlungskreise berichteten, rechnen SPD und CDU mit dem baldigen Aus der derzeit laufenden Sondierungsgespräche. Zwar gebe es der Quelle zufolge nun offiziell eine Bedenkzeit bis Montag, heißt es in dem Medienbericht. Doch mit einem Erfolg sei kaum noch zu rechnen, verlautete es demnach aus den Verhandlungskreisen.

Unions-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) sieht das BSW jetzt am Scheideweg und fordert die Partei zu einer Richtungsentscheidung in beiden Bundesländern auf. „Das Bündnis muss sich entscheiden, ob es in den Ländern Verantwortung tragen oder in der Fundamentalopposition verharren will“, sagte Frei den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vom Dienstag.

Der langjährige Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger empfahl der CDU derweil Klarheit gegenüber dem BSW: „Wenn man mit Frau Wagenknecht zu tun hat, muss man wissen, was man will. Sonst wird man zum Befehlsempfänger“, sagte er dem RND. Das gelte jetzt umso mehr, als die Strukturen des BSW ganz auf Wagenknecht zugeschnitten seien.

Riexinger, der jahrelange Auseinandersetzungen mit Wagenknecht hinter sich hat, als diese noch Chefin der Linken-Fraktion im Bundestag war, fügte hinzu: Wagenknecht stecke „jetzt selbst in einer Zwickmühle“. Entweder das BSW gehe in eine Landesregierung „und wird dann an der konkreten Politik gemessen“. Oder die BSW-Chefin erzwinge Neuwahlen, von denen vor allem die AfD profitieren würde – „dafür würde sie dann verantwortlich gemacht.“■