Die Brandenburg-Wahl am Sonntag wird zum echten Kopf-an-Kopf-Rennen: Nach der jüngsten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF-Politbarometer Extra rücken AfD und SPD immer näher zusammen. Die AfD liegt derzeit bei 28 Prozent, die SPD ein Prozent dahinter. Es folgen die CDU mit 14 Prozent und das BSW, das auf 13 Prozent kommt. Grüne, Linke und Freie Wähler schaffen der Umfrage zufolge nicht die Fünf-Prozent-Hürde. Was Sie alles zu den Brandenburg-Wahlen wissen müssen.
Wie viele Brandenburger können wählen? Am Sonntag sind rund 2,1 Millionen Bürger Brandenburgs zur Wahl aufgerufen. Etwa 100.000 Erstwähler geben zum ersten Mal ihre Stimmen ab. Jeder Wahlberechtigte hat zwei Stimmen: Mit der Erststimme wird einer der 348 Direktkandidaten im Wahlkreis gewählt, mit der Zweitstimme wird die Landeslisten bestimmt – das sind zwölf Parteien, eine politische Vereinigung und eine Listenvereinigung. Manche Parteien haben nur Direktkandidaten, manche nur Landeslisten.
Wie viele Kandidaten treten an? Rund 500 Bewerber treten nach Angaben der Landeswahlleitung an. Es gibt 348 Direktkandidaten.
Grüne, Linke und Freie Wähler auf der Kippe
Wie schafft man es in den Landtag? Direktkandidaten, wenn sie in ihrem Wahlkreis die einfache Mehrheit erreichen, mehr Stimmen als die anderen Kandidaten bekommen. Bei den Landeslisten gibt es die bekannte 5-Prozent-Hürde. Aber: Mit der Grundmandatsklausel gibt es in Brandenburg wie jedoch eine Ausnahme. Sie besagt, dass Parteien auch dann Sitze entsprechend ihrem Stimmenanteil im Brandenburger Parlament erhalten, wenn sie mindestens ein Direktmandat gewinnen.
Dies könnte dafür sorgen, dass etwa die Grünen, die Freien Wähler oder auch die Linke nach der Wahl am Sonntag weiter im Brandenburger Landtag vertreten sind, obwohl sie weniger als fünf Prozent der Wählerstimmen gewinnen. Bei allen drei Parteien könnte es laut Umfragen knapp werden.
Weniger gut stehen die Chancen für die Linke. Nachdem sie 2014 noch vier Direktmandate für sich verbuchen konnten, ging sie 2019 diesbezüglich leer aus. Die Grünen holten 2019 ein Direktmandat in Potsdam – und die Freien Wähler durch Péter Vida im Wahlkreis Barnim II.
Welche Probleme kann es geben? Die Verteilung der Mandate könnte diesmal einer Studie zufolge eine Hürde werden. Der Politikforscher Robert Vehrkamp von der Bertelsmann Stiftung skizziert den Fall, dass die AfD mit einem angenommenen Ergebnis von etwas mehr als einem Viertel der Zweitstimmen mehr als ein Drittel der Sitze im Landtag bekommen könnte. Das könnte der Fall sein, wenn die AfD deutlich mehr Direktmandate holt als ihr an Mandaten nach dem Zweitstimmenanteil zustehen würde und die anderen Parteien nicht genug Ausgleichsmandate erhalten. Denn die Zahl der Sitze ist auf 110 gedeckelt, derzeit sind es 88 Sitze.
Blockade durch die AfD?
Das würde in dem Szenario dazu führen, dass ohne die AfD die Landesverfassung unter diesen Umständen nicht mehr geändert werden könnte. Wenn die Partei die sogenannte Sperrminorität von mehr als einem Drittel der Mandate hätte, könnte sie also Verfassungsänderungen blockieren. Der Forscher warnt davor, dass der Fall Verfassungsklagen nach sich ziehen könnte, weil gegen die Gleichheit der Wahl und die Grundsätze der Verhältniswahl verstoßen würde. Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke geht aber nicht davon aus, dass ein solches Szenario bei der Wahl eintritt.

Wann kommt der neue Landtag zusammen? Der neu gewählte Landtag tritt spätestens am 30. Tag nach der Wahl zusammen, das ist im aktuellen Fall spätestens der 22. Oktober. Dann endet die alte Wahlperiode. In der ersten Sitzung wählt der Landtag „aus seiner Mitte“ eine Präsidentin oder einen Präsidenten und mindestens eine Vizepräsidentin oder einen Vizepräsidenten. Damit steht nicht automatisch fest, dass die stärkste Fraktion den Präsidenten oder die Präsidentin stellt.
Dietmar Woidke: Alles oder nichts!
Bis wann muss die Regierung gebildet werden? Für die Regierungsbildung gibt es eine Deadline. In der Brandenburger Verfassung heißt es: Kommt die Wahl des Ministerpräsidenten innerhalb von drei Monaten nach der Konstituierung des Landtages nicht zustande, so gilt der Landtag als aufgelöst. Woidke regiert bislang mit CDU und Grünen. Diesmal könnte die Bildung einer Regierung schwierig werden. Offen ist, wie stark die AfD wird, die der Verfassungsschutz als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstuft. Mit ihr will keine andere Partei zusammenarbeiten. Dazu kommt mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eine neue Partei, die eine wichtige Rolle bei der Bildung einer Regierung spielen könnte, aber als Gesprächspartner bisher unbekannt ist. Auch kommt es darauf an, wie viele Fraktionen im Landtag vertreten sind.
Will Dietmar Woidke (SPD) wieder Ministerpräsident werden? Ja, aber nur, wenn die AfD nicht die Wahl gewinnt. Es geht am Sonntag auch um die Zukunft von Dietmar Woidke. Der 62-Jährige hat alles auf eine Karte gesetzt. Die Wahl ist für ihn die „größte politische Herausforderung meines ganzen Lebens“, sagte er dem Sender ntv. Er will bei einem AfD-Wahlsieg nicht in Regierungsverantwortung bleiben. „Dann bin ich weg.“ Beim Gewinn seines Direktmandats will Woidke aber weiter Landtagsabgeordneter sein. ■