Die Menschen entlang der Oder sind in Alarmbereitschaft! Seit Tagen steigt das Wasser im deutsch-polnischen Grenzfluss, und die Sorge vor einer Flutkatastrophe wird immer größer. Besonders in Städten wie Frankfurt (Oder), Eisenhüttenstadt und Ratzdorf herrscht große Nervosität. Zwar hat bislang nur die niedrigste Alarmstufe gegolten, doch die Pegel steigen weiter – und mit ihnen die Angst.
„Viele Menschen sind sehr in Sorge“, bestätigt ein Sprecher der Stadt Frankfurt (Oder), wo am Donnerstag eine mobile Hochwasser-Schutzwand fertig montiert wurde. Zusätzlich hat die Stadt eine Hotline für besorgte Anwohner eingerichtet, die rege genutzt wird. Vor allem die Nachbarstadt Slubice auf polnischer Seite bereitet den Verantwortlichen Kopfzerbrechen. Slubice liegt deutlich tiefer als Frankfurt und könnte bei weiter steigenden Wasserständen schwer getroffen werden.

Die Angst vor einer Katastrophe
Die Lage an der Oder ist angespannt, und die Menschen fürchten, dass das Schlimmste noch bevorsteht. Bereits in den kommenden Tagen könnte an einigen Abschnitten die höchste Alarmstufe 4 ausgerufen werden, warnt Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke. „Wir müssen wachsam bleiben und uns auf den Ernstfall vorbereiten“, appelliert er an die Bevölkerung. Alarmstufe 4 bedeutet: Katastrophenabwehr! Ganze Landstriche könnten überflutet werden – auch in bewohnten Gebieten.
Die Pegelstände steigen unaufhörlich, und in der ersten Wochenhälfte wird am Pegel Frankfurt (Oder) die Alarmstufe 3 erwartet. Auch in Ratzdorf, etwa 40 Kilometer südlich, könnte diese Stufe schon am Montagabend erreicht werden. Erinnerungen an die Hochwasser-Katastrophe von 1997 werden wach. Damals richtete die Oder-Flut in der Region schwere Schäden an. Zwar wurde der Hochwasserschutz seitdem verbessert, aber die Natur bleibt unberechenbar.

Sandsäcke, Deiche und Schutzwände im Dauereinsatz
Feuerwehren, das Technische Hilfswerk und zahlreiche Helfer bereiten sich seit Tagen auf das Schlimmste vor. Die Deiche werden verstärkt, Sandsäcke aufgeschichtet, und mobile Schutzwände sollen die Fluten zurückhalten. Die Lage ist besonders heikel, weil noch unklar ist, ob die Pegelstände mehrere Tage lang auf einem gefährlich hohen Niveau bleiben werden. Wachdienste patrouillieren entlang der Deiche, um Risse oder schwache Stellen frühzeitig zu erkennen und mögliche Überschwemmungen zu verhindern.
Während an der Oder die Angst vor der Flut wächst, gibt es an der Elbe in Sachsen vorsichtige Entwarnung. Die Pegelstände sinken dort langsam, und in Dresden wird erwartet, dass der Wasserstand bald unter die kritische Marke von sechs Metern fällt. Doch die Gefahr ist noch nicht gebannt. Auch in Sachsen-Anhalt bleiben die Pegel unter den Alarmstufen, doch in den angrenzenden Hochwassergebieten in Polen und Tschechien laufen bereits die Aufräumarbeiten auf Hochtouren.

Internationale Hilfe im Kampf gegen das Wasser
Nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern kämpfen die Menschen gegen die Wassermassen. Vor allem Polen und Tschechien sind stark betroffen, doch auch in Ländern wie Italien und Österreich verursachten die heftigen Regenfälle und Überschwemmungen schwere Schäden. Die Europäische Union hat bereits angekündigt, finanzielle Hilfe zur Verfügung zu stellen. Insgesamt sollen bis zu zehn Milliarden Euro aus EU-Mitteln bereitgestellt werden, um den Wiederaufbau in den betroffenen Gebieten zu unterstützen. So ist die Lage in Europa:
Mindestens 23 Tote und zahlreiche Vermisste
Die Zahl der Todesopfer durch die verheerenden Überschwemmungen in Mitteleuropa ist inzwischen auf mindestens 23 gestiegen. Besonders dramatisch ist die Lage in Tschechien, wo immer noch mindestens acht Menschen vermisst werden. Auch König Charles III. äußerte sich betroffen: „Meine Frau und ich sind zutiefst erschüttert und traurig über die Zerstörung und Verwüstung, die diese katastrophalen Überschwemmungen angerichtet haben“, ließ der britische Monarch in einer offiziellen Mitteilung des Palasts verlauten.
Tschechien: Schwere Schäden und langwieriger Wiederaufbau
In Tschechien erreichte die Elbe in Usti (Aussig), nahe der Grenze zu Sachsen, ihren Höchststand mit knapp 6,8 Metern – das Dreifache des normalen Pegelstands. Dank der errichteten Schutzwände konnten größere Überflutungen verhindert werden. Dennoch bleibt die Lage angespannt. Feuerwehrleute, Soldaten und sogar Gefängnisinsassen sind in den betroffenen Regionen im Einsatz, um die Aufräumarbeiten voranzutreiben. Präsident Petr Pavel geht davon aus, dass die Beseitigung der Schäden Jahre dauern wird. Eine wichtige Staatsstraße musste wegen gefährlicher Unterspülungen gesperrt werden, und die Polizei berichtet von Plünderungen in den betroffenen Gebieten.

Polen: Breslau weiter in Gefahr
In Polen traf die Hochwasserwelle in der Nacht auf Donnerstag die niederschlesische Stadt Breslau. Der Pegel der Oder erreichte dort 6,38 Meter, ein Wert, der sich laut Prognosen noch einige Zeit halten wird. Normalerweise liegt der Wasserstand bei etwas mehr als 3 Metern. Im Vergleich zum katastrophalen Oder-Hochwasser von 1997, als der Pegel bei 7,24 Metern lag, ist die aktuelle Flut niedriger, dennoch bleibt die Situation kritisch. Premierminister Donald Tusk warnte davor, die Gefahr zu unterschätzen, und betonte, dass die Lage weiter beobachtet werden müsse. Deutschland hat Polen Hilfe durch Soldaten angeboten, wobei konkrete Vereinbarungen noch ausstehen.
Österreich: Langsamer Wiederaufbau nach der Flut
Auch Österreich ist schwer von den Überschwemmungen betroffen, besonders das Bundesland Niederösterreich. Dessen Ministerpräsidentin Johanna Mikl-Leitner geht davon aus, dass der Wiederaufbau der zerstörten Regionen viel Zeit in Anspruch nehmen wird – von „Jahren“ ist die Rede. Rund 300 Gebäude sind weiterhin unbewohnbar, obwohl sich die Lage allmählich entspannt. Noch vor wenigen Tagen war die Zahl der gesperrten Häuser fast fünfmal so hoch.

Slowakei: Entspannung in Bratislava, steigende Pegel weiter südlich
In der Slowakei stabilisiert sich die Lage im Westen des Landes, besonders rund um die Hauptstadt Bratislava. Dort erreichte die Donau am Mittwochabend ihren Höchststand mit über 9,8 Metern, seither sinkt der Pegel. Doch weiter südöstlich, an der ungarischen Grenze, wird die Scheitelwelle der Donau für Freitag erwartet. Die Situation bleibt auch hier angespannt, da Nebenflüsse die Wassermassen zusätzlich verstärken.
Italien: Heftige Regenfälle und massive Evakuierungen
Besonders stark betroffen von den Überschwemmungen ist die Region Emilia-Romagna im Norden Italiens. In Städten wie Ravenna, Forlì und Castel Bolognese standen die Straßen unter Wasser, nachdem Flüsse über die Ufer getreten waren. Hunderte Menschen mussten aus ihren Häusern evakuiert und in Notunterkünfte gebracht werden. Aus Sicherheitsgründen blieben in Bologna und anderen Städten die Schulen geschlossen. Die Behörden riefen die Bevölkerung auf, zu Hause zu bleiben, um unnötige Gefahren zu vermeiden. In Venedig wurde das Hochwasserschutzsystem „Mose“ zum ersten Mal nach den Sommerferien in Betrieb genommen, um die Stadt vor weiteren Überflutungen zu schützen. ■