Familienplanung ade

Junge Frauen hauen ab! Dramatischer Männerüberschuss in Brandenburg

Für die Karriere verlassen viele junge Frauen Brandenburg. Zurück bleiben die Männer. Und die Familienplanung bleibt auf der Strecke.

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Junge Frauen hadern in Brandenburg mit dem Landleben. Viele hauen ab, es gibt einen dramatischen Männerüberschuss.
Junge Frauen hadern in Brandenburg mit dem Landleben. Viele hauen ab, es gibt einen dramatischen Männerüberschuss.Westend61/imago

Brandenburg erlebt einen alarmierenden Männerüberschuss bei jungen Erwachsenen: Auf 100 Frauen in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen kommen statistisch 115 Männer. In dieser entscheidenden Lebensphase, in der viele ihre Karriere planen oder sich für einen neuen Wohnort entscheiden, zeigt die Bevölkerungsfortschreibung des Amtes für Statistik-Berlin-Brandenburg deutlich: Es gibt 130.537 junge Männer, aber nur 113.473 junge Frauen in Brandenburg. Für die Familienplanung ist das eine Katastrophe,

Schon der Zensus 2011 hatte diesen Trend offenbart, doch die Frage bleibt: Warum gibt es einen so deutlichen Männerüberschuss? Forscher erklären, dass es zwar von Natur aus einen leichten Überhang an männlichen Neugeborenen gibt, aber der allein reicht nicht aus, um die aktuelle Situation zu erklären, heißt es dazu auf RBB24.

Die Zahlen aus dem Zensus 2011 zeigen, dass das Geschlechterverhältnis in der Schulzeit noch relativ ausgeglichen ist. Erst danach, wenn die Wahl des Wohnortes zunehmend von sozialen und ökonomischen Faktoren beeinflusst wird, wird der Unterschied deutlich. Besonders junge Frauen zieht es nach dem Schulabschluss vermehrt in andere Regionen. Die Folge: Ein Abwanderungstrend, der in allen neuen Bundesländern beobachtet wird. Vor allem die Stadtstaaten Berlin und Hamburg profitieren davon, da sie zahlreiche junge Frauen anziehen.

Männerüberschuss in der Prignitz besonders dramatisch

Ein genauer Blick auf die Arbeitsmarktbedingungen könnte ebenfalls eine Erklärung liefern. Frauen arbeiten häufiger in Dienstleistungsberufen wie der Pflege oder in Kitas, wo die Lohnunterschiede zwischen Ost und West besonders ausgeprägt sind. Viele Frauen sind bereit, für ein höheres Gehalt in die alten Bundesländer zu ziehen. Zudem gibt es in Westdeutschland insgesamt mehr Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor.

Für junge Frauen in Brandenburg gibt es oft nur diese beiden Wege: Hausfrau auf dem Land oder Karriere in der Stadt.
Für junge Frauen in Brandenburg gibt es oft nur diese beiden Wege: Hausfrau auf dem Land oder Karriere in der Stadt.Steinach/imago

In Brandenburg variiert der Männerüberschuss stark je nach Region. In der Prignitz liegt das Verhältnis bei 1296 Männern auf 1000 Frauen, während im Landkreis Oder-Spree 1271 Männer auf 1000 Frauen kommen. Dagegen weist die kreisfreie Stadt Frankfurt (Oder) mit 1065 Männern pro 1000 Frauen nur einen minimalen Männerüberschuss auf. In einigen Gemeinden, wie Bliesdorf (Märkisch-Oderland), Lenzerwische (Prignitz), Gollenberg (Havelland) und Carmzow-Wallmow (Uckermark), liegt die Frauenquote sogar bei unter 25 Prozent. In Bliesdorf könnte dies zum Teil durch die hohe Anzahl an jungen männlichen Geflüchteten in einer örtlichen Asylunterkunft erklärt werden.

Viele Frauen sind bereit, für ein höheres Gehalt in die alten Bundesländer zu ziehen

Doch es gibt auch Ausnahmen: In 55 Brandenburger Gemeinden, darunter Potsdam, leben mehr junge Frauen als Männer. Dies überrascht nicht, denn Städte bieten spezialisierte Arbeitsmärkte, die vor allem für gut ausgebildete Frauen attraktiv sind. In ländlichen Gebieten hingegen, die seit der Wiedervereinigung von Abwanderungswellen betroffen sind, wurden viele Schulen und Kitas zusammengelegt oder geschlossen – ein erheblicher Nachteil für junge Familien und Frauen.

Zur Frage, ob sich der Trend irgendwann umkehrt, sagte die Soziologin Katja Salomo auf RBB24:  „Ich will nicht hoffnungslos klingen, aber das wird schwer. Denn Abwanderung löst einen Teufelskreis aus, sobald auch die Infrastruktur vor Ort schrumpft. Viele Schulen, Kitas und andere Einrichtungen, die für junge Familien wichtig sind, wurden in ländlichen Gebieten aufgrund der hohen Abwanderung geschlossen oder zusammengelegt, sodass zum Beispiel Schulwege länger wurden.“

Und weiter: „Politisch müsste man versuchen, die ländlichen Gebiete für junge Familien attraktiver zu machen. Der Wille dazu ist definitiv da, aber oft fehlt den Gemeinden auch die weibliche Perspektive, um zu wissen, wo man am besten ansetzen sollte. Das liegt daran, dass Frauen politische Ämter in Gemeinden generell seltener als Männer übernehmen und genau diese Generation von Frauen in den ostdeutschen ländlichen Regionen zudem seltener leben.“ ■