Zeuthen in Brandenburg

Irre, jetzt ist Instagram im Wald angekommen! Unterwegs mit einem Pilz-Influencer

Der Berliner Moritz Schmid ist ein Pilz-Influencer. Er liebt das Pilzesuchen, das Unterwegssein in der Natur. „Der Wald ist einfach eine bullshitfreie Zone.“

Author - Stefan Henseke
Teilen
Pilz-Influencer Moritz Schmid riecht an einer Heiderotkappe. Schmid zeigt im Wald, in Zeuthen in Brandenburg, worauf es beim Sammeln ankommt.
Pilz-Influencer Moritz Schmid riecht an einer Heiderotkappe. Schmid zeigt im Wald, in Zeuthen in Brandenburg, worauf es beim Sammeln ankommt.Lilli Förter/dpa

Instagram, das ist Mode, Musik, viel Blingbling und nackte Haut. Hier tummeln sich Promis und Möchtegern-Promis, die versuchen, sich mit schönen Bildern aus aller Welt einen Namen als Influencer zu machen. Doch es gibt auch die andere Seite: Das ganz normale Leben, das immer mehr Raum bei Instagram und Co. einnimmt. Auch damit kann man erfolgreich sein. So gibt es sogar schon Pilz-Influencer, deren große Stunde jetzt im Herbst schlägt.

Der erfolgreichste deutsche Pilz-Influencer ist Tristan Jurisch alias pilzaddicted. 241.000 Pilz-Interessierte folgen ihm auf Instagram, wenn er seine Follower auf Spaziergänge durch den Wald mitnimmt. 

Influencer machen es vor: Immer mehr Berliner sammeln Pilze

Im Speckgürtel von Großstädten wie Berlin tummeln sich dieser Tage die Pilzsammler – das Hobby im Wald boomt. Was auch an den Influencern liegt, die vielen, die sich bisher nicht trauten, Pilze zu sammeln, das Sammeln nahebringt. „Ich habe schon den Eindruck, dass es mehr Interessenten gibt als noch vor zehn Jahren“, sagt Wolfgang Bivour, Vorsitzender des Brandenburger Landesverbandes der Pilzsachverständigen.

Die sozialen Medien trügen zu dieser Entwicklung bei, befindet Bivour. Es gebe etwa zig Facebook-Gruppen, auf denen Pilze „bestimmt werden sollen“. „Da tummeln sich viele Menschen. Da wird viel gepostet.“

Der Berliner Moritz Schmid ist einer der sogenannten Pilz-Influencer. Auf Instagram nennt er sich intothewoods_mushrooms. Er hat dort 68.600 Follower, sein erfolgreichstes Reel wurde über 2,9 Millionen mal angeschaut. 

Es ist ein bewölkter Oktobertag und Moritz Schmid ist wieder unterwegs – unterwegs in den Pilzen. Offline, ungewöhnlich für einen Influencer. Es sagt aber: „Der Wald ist einfach eine bullshitfreie Zone. Da hast du keinen Raum für deine Mails und das Handy.“

Pilz-Influencer Moritz Schmid geht es um die Ruhe im Wald

Jede Woche sei er mindestens zweimal im Wald, meist auf der Suche nach Pilzen, häufig in einem Wald unweit seines Hauses im Südosten von Berlin. „Am besten allein. Ich bin dann nur für mich.“

Kaum aus dem Auto gestiegen, landen die ersten Pilze im Korb. Erst der Klopftest, dann der Drucktest. Die häufigste Vergiftung beim Pilze-Essen sei auf überständige Pilze zurückzuführen – also Pilze, die bereits anfangen zu gammeln. „Dann ist das Eiweiß bereits in der Zersetzung und aus Speisepilzen werden für Magen und Darm giftige Pilze“, erklärt er. Er nehme daher auch lieber kleine als große und ältere Pilze.

Pilz-Influencer Moritz Schmid geht in Zeuthen, unweit seines Hauses im Südosten von Berlin, auf die Pilzpirsch – und postet seine Erlebnisse auf Instagram.
Pilz-Influencer Moritz Schmid geht in Zeuthen, unweit seines Hauses im Südosten von Berlin, auf die Pilzpirsch – und postet seine Erlebnisse auf Instagram.Lilli Förter/dpa

Doch ihm gehe es nicht ums „Haben, Haben, Haben“, betont Schmid. Ziel sei es nicht, die tägliche Mahlzeit zu sichern, sondern der Wald an sich – die Ruhe, das Mit-sich-selbst-sein, das Beobachten und Lernen von der Natur. „Erst einmal in Ruhe sammeln.“

Etwas verwundert schaut er deshalb auf ein paar andere Sammler, die an diesem Tag schon von weitem hörbar ihrer Pilzsuche nachgehen. „Haaallllooo, Hallloooooo“, brüllt jemand durch den Wald. Schmid schüttelt den Kopf.

Schmid, der auch Pilzsachverständiger ist, empfiehlt, grundsätzlich „keine Experimente“ bei Pilzen zu machen. Dennoch gebe es eine ganze Palette an Pilzen, die ein tolles Geschmackserlebnis böten, es aber selten in die Pilzkörbe schafften. Da wäre etwa die Gattung der Täublinge. Diese seien nicht per se ungenießbar. Mitunter brauche es einen Geschmackstest, sagt Schmid. Seien die Pilze beim Zerkauen scharf, sollte man besser die Finger davon lassen.

Fliegenpilz: Verzehr führt zu starken Halluzinationen

Auch mit einer vermeintlichen Pilzwahrheit räumt Schmid auf: Der Fliegenpilz sei nicht zwingend tödlich giftig und führe meist nur bei stark geschwächten Menschen zum Tode. Man müsste schon eine sehr große Menge von dem Pilz essen – jedoch empfehle er auch, keine Experimente damit zu machen, da der Verzehr zu starken Halluzinationen führen könne. In Wodka eingelegt und äußerlich angewendet, würden einige Menschen auf den Fliegenpilz als Heilmittel bei Gelenkschmerzen schwören – das sei unbedenklich.

Giftig, aber für die meisten nicht tödlich: Pilz-Influencer Moritz Schmid putzt einen kleinen Fliegenpilz  mit einem Pilzmesser.
Giftig, aber für die meisten nicht tödlich: Pilz-Influencer Moritz Schmid putzt einen kleinen Fliegenpilz mit einem Pilzmesser.Lilli Förter/dpa

Für diejenigen, die etwas tiefer in die Materie eintauchen wollen, bietet Schmid  Pilzkurse an. Nach einer Pilzwanderung und einem gemeinsamen Essen legt Schmid mit den Teilnehmern die Pilze zu einem farbenfrohen Mandala aus. Es gehe darum, den Menschen „die faszinierende Welt der Pilze näherzubringen und zu erklären, wie Pilze überall in unserem Leben eine zentrale Rolle spielen“. (mit dpa)