Sorge in Rangsdorf

Spaziergänger in Gefahr: Giftpflanze wuchert im Berliner Umland

Der Gefleckte Schierling vermehrt sich am Rand der Hauptstadt. Schon eine Berührung kann für Mensch und Tier schlimme Folgen haben.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Der Gefleckte Schierling sieht harmlos aus, ist aber hochgiftig. Vor allem wächt die Pflanze an Äckern und am Straßenrand.
Der Gefleckte Schierling sieht harmlos aus, ist aber hochgiftig. Vor allem wächt die Pflanze an Äckern und am Straßenrand.Chromorange/imago

Die alten Römer nahmen sie als Medizin, die alten Griechen sollen mit ihr Todesurteile vollstreckt haben. Die Rede ist vom Gefleckten Schierling, einer hochgiftigen Pflanze, die gerade im Berliner Umland am Straßenrand und auf Äckern wuchert. Allein eine Berührung kann gefährliche Folgen haben. Die Menschen sind in großer Sorge.

Vor allem in der Gemeinde Rangsdorf bei Berlin herrscht jetzt wegen des Gefleckten Schierlings Giftalarm! Hinter Grundstücken am Ortsrand vermehrt sich die Pflanze wie die Pest. „Hier ist schon fast ein kleiner Wald entstanden“, sagt eine Anwohnerin in einem RBB-Beitrag.

So manche Rangsdorfer haben Angst – und diese ist berechtigt. Denn das brandenburgische Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LELF) weist sie als eine der „giftigsten einheimischen Pflanzen“ aus.

Die Behörde warnt in einem Informationsblatt vor dem tödlichen Doldengewächs, mit dessen Gift der griechische Philosoph Sokrates 399 v. Chr. hingerichtet worden sein soll. Zerstampfte Teile des Gefleckten Schierlings wurden ihm in ein Getränk verabreicht.

An diesem gefleckten Stengel ist die Giftpflanze eindeutig zu erkennen.
An diesem gefleckten Stengel ist die Giftpflanze eindeutig zu erkennen.Blickwinkel/imago

Laut dem Behördenblatt ist die krautige Pflanze zwischen 50 Zentimeter und zwei Meter groß. Die Stängel sind hohl, längs fein gerillt, oft bläulich bereift und im unteren Bereich rotbraun-violett gefleckt.  Die weißen Blütenstände erscheinen in Dolden von Juni bis August, die eiförmigen Früchte sind grünlich bis grau und bis zu 3,5 Millimeter lang.

Hochgiftige Pflanze am Berliner Stadtrand: Darum ist sie so gefährlich

Was den Gefleckten Schierling so gefährlich macht, ist das Nervengift Coniin, das in der gesamten Pflanze vorkommt. Hildegard von Bingen, die legendäre Heilmedizinerin des Mittelalters, lobte die Pflanze als Mittel gegen Gicht und Koliken. Später nutzten Mediziner das Gewächs zur Krebsbehandlung, bei Keuchhusten und Hauterkrankungen.

Dennoch ist das Kraut hochgiftig. Isst man nur wenige Gramm davon „kommt es zu Brechreiz, Nervenlähmungen bis hin zum Atemstillstand“, warnt die brandenburgische Behörde LELF. Der Vergiftete stirbt im Extremfall quasi bei vollem Bewusstsein.

Klaus Rocher (FDP), Bürgermeister von Rangsdorf
Klaus Rocher (FDP), Bürgermeister von RangsdorfGemeinde Rangsdorf

Um die Pflanze sollte man unbedingt einen großen Bogen machen. „Schon bei Berührungen kann das Gift durch die Haut aufgenommen werden und kann zu Hautreizungen und Rötungen führen, bei empfindlichen Menschen auch Blasenbildung möglich“, steht in dem Infoschreiben. Auch bei Tieren besteht Vergiftungsgefahr.

Hochgiftige Pflanze im Ort: Doch der Bürgermeister bleibt gelassen

Das Hauptproblem: Man kann die Giftpflanze schnell mit Wiesenkerbel, Kümmel, Anispflanzen und auch mit der Schafgarbe verwechseln. Das Gute: Der Gefleckte Schierling hat einen stechenden Geruch, soll an Mäuse-Urin erinnern.

Rangsdorfer wandten sich wegen der Giftpflanze in ihrem Ort an die Behörden. Doch Bürgermeister Klaus Rocher (FDP) bleibt cool. „Ich verstehe die Besorgnis“, sagte er dem RBB. „Es ist aber eine Pflanze, die auf dem Acker wächst.“ Und diesen müsse man ja nicht betreten. „Mit der Natur in der Natur leben, empfehle ich“, sagt der Bürgermeister von Rangsdorf. Außerdem würde die Giftpflanze im Ort zwei Mal im Jahr gemäht, um eine große Vermehrung zu verhindern – so wie es auch die brandenburgischen Behörden empfehlen.