Am Bogensee

Drei Jahre Schonfrist: Bund will Goebbels-Villa nicht abreißen

Erst war Goebbels da, dann zog die FDJ ein. Das Areal rund in Brandenburg ist voller Geschichte. Seit 25 Jahren aber verfällt es und kostet Millionen.

Author - Berliner KURIER
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Daniel Kurth (links), Landrat vom Landkreis Barnim, und Oliver Borchert, Bürgermeister von Wandlitz, setzen sich für einen Erhalt der Goebbels-Villa ein.
Daniel Kurth (links), Landrat vom Landkreis Barnim, und Oliver Borchert, Bürgermeister von Wandlitz, setzen sich für einen Erhalt der Goebbels-Villa ein.Patrick Pleul/dpa

Berlin möchte das verfallene Areal am Bogensee mit der ehemaligen Goebbels-Villa so schnell wie möglich loswerden und am liebsten abreißen. Zu teuer sei der Erhalt, koste jedes Jahr Hunderttausende Euro. Der Bund wiederum will das Areal vor dem Abriss bewahren. Was passiert, wenn zwei Behörden sich ineinander verhaken? Wenig, so kennt man das in Deutschland. Jetzt wurde mal wieder eine neue Studie in Auftrag gebeben. Wann werden die Ergebnisse vorliegen? Erst in drei (!) Jahren.

Der Bund ist gegen einen Abriss der geschichtsträchtigen Gebäude. Deswegen wurde jetzt eine Studie angeschoben. Dafür und die erneute Suche nach Investoren sind drei Jahre eingeplant, wie jetzt aus einer Antwort des Bundesbauministeriums auf eine schriftliche Frage der Linken-Bundestagsabgeordneten Katalin Gennburg hervorgeht. Zuerst berichtete die Märkische Allgemeine Zeitung darüber.

Millionen werden für das verfallene Areal ausgegeben

Das Land Berlin als Gelände-Eigentümerin teilte noch im Juni mit, dass bei der Suche nach einer neuen Nutzung für das Areal 13 Bewerber näher geprüft werden. Zuletzt war aber auch ein Abriss der marode gewordenen Gebäude aus Sicht des Landes nicht vom Tisch.

Die jährlichen Kosten für das rund 16 Hektar große Areal belaufen sich laut Berliner Verwaltung auf rund 250.000 bis 300.000 Euro. Bisher wurden auch schon vier bis fünf Millionen Euro für die Instandhaltung, etwa die Instandsetzung defekter Dächer,  ausgegeben worden.

„Wir arbeiten mit dem Geld der Berliner Steuerzahler. Wenn Berlin nicht genug Geld für Feuerwehr und Polizei hat, fragt es sich, wieso wir so viel Geld in Bogensee investieren“, sagt Birgit Möhring, Geschäftsführerin der Berliner Immobilienmanagementgesellschaft (BIM), die das Areal unter ihren Fittichen hat. 330 Millionen Euro wären für eine Instandsetzung aller Gebäude nötig – 45 Millionen würde dagegen ein Abriss kosten.

Das Bundesbauministerium schreibt in seiner Antwort an die Bundestagsabgeordnete der Linken, dass es nach wie vor den Erhalt des geschichtsträchtigen und durch zwei Diktaturen geprägten Areals anstrebe. Mit einem Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ werde eine Studie gefördert, in der die Gemeinde Wandlitz mit Unterstützung des Landkreises Barnim und weiterer Akteure neue Perspektiven für eine Nutzung für das Areal erarbeite, heißt es. Damit sollen demnach auch mögliche Investoren gefunden werden.

NS-Propagandaminister Joseph Goebbels baute hier den „Waldhof am Bogensee“

„Für vorbereitende Arbeiten, Erstellung der Studie und gezielte Investorensuche ist ein Zeitraum von drei Jahren anberaumt.“ Das Bundesministerium erwarte, dass „die Beteiligten auf allen Seiten den begonnenen Prozess zur Rettung und Entwicklung des unter Denkmalschutz stehenden Areals Bogensee konstruktiv unterstützen“.

Das Gelände rund um den Bogensee bei Wandlitz in Brandenburg gehörte seit 1913 zum Berliner Stadtgut Lanke. Im Herbst 1936 griff  NS-Propagandaminister Joseph Goebbels nach dem Areal. Als Berliner Gauleiter der NSDAP ließ er sich das begehrte Grundstück zur Nutzung auf Lebenszeit zur Verfügung stellen. Er ließ dort bauen und nutzte den „Waldhof am Bogensee“ als privates Wochenendhaus und Dienstsitz.

Joseph Goebbels (re.) war Reichspropagandaminister unter NS-Diktator Adolf Hitler (li.).
Joseph Goebbels (re.) war Reichspropagandaminister unter NS-Diktator Adolf Hitler (li.).dpa

Zu DDR-Zeiten gab es dort eine Jugendhochschule der Freien Deutschen Jugend (FDJ). Ab 1950 trug die Einrichtung den Namen des DDR-Staatspräsidenten Wilhelm Pieck. Seit dem Jahr 2000 ist das Areal ungenutzt und verfällt. Der Landkreis Barnim und die Gemeinde pochen auf eine neue Nutzung des historischen Geländes (mit dpa).