Wenn es um Kultur für das Volk ging, ließ man sich in der DDR nicht lumpen. Kulturhäuser, ganze Kulturpaläste wurden ab den 50ern in der ganzen DDR errichtet. Auch in Rüdersdorf (Märkisch-Oderland) steht noch heute so ein echter Hingucker. Auf dem Hasenberg thronend ist der in den 50er-Jahren in neoklassizistischem Stil erbaute Dreigeschosser unter einem Satteldach schon von Weitem zu sehen.
Wie eine griechische Akropolis sieht das gelbe Haus mit seinen mächtigen Pfeilern am Haupteingang, Säulen entlang der Längsseiten und Pilaster an der Rückfront aus. Und noch heute kommen die Rüdersdorfer gern zu Veranstaltungen in das einstige Kulturhaus.
„Zu groß ist unser 1000 Gäste fassendes Kulturhaus keineswegs“, meint die Rüdersdorfer Bürgermeisterin Sabine Löser (parteilos). „Zu Partys wie Silvester, Karneval oder den Abschlussbällen des Gymnasiums ist es hier auch heute noch rappelvoll.“ Zu seiner Entstehungszeit habe die Baustoffindustrie in der DDR in Zusammenhang mit dem Wohnungsbauprogramm eine große Rolle gespielt, der Kalkstein-Tagebau und das Zementwerk in Rüdersdorf waren dabei sehr wichtig. „Deswegen wurde den Arbeitern 1956 nach der Fertigstellung des Gebäudes ein Clubhaus übergeben, das höher in den Himmel ragt, als die Kirche im Ort.“

Doch wer den einstigen Prachtbau der DDR heute betritt, merkt spätestens im Foyer mit stuckverzierten Säulen, dass das Haus in die Jahre gekommen ist. Es riecht etwas muffig, es gibt schadhafte Stellen in der kunstvollen Holzvertäfelung, Intarsien in Fußboden und Säulen sind verblasst und die Säulen im großen Saal wurden bereits vor einiger Zeit vorsorglich mit dicken Metallbändern gesichert.
Kulturhaus schließt im Sommer für Sanierung
Dass das Kulturhaus im Sommer nach drei Jahren Vorbereitungszeit für Sanierungsarbeiten geschlossen wird, habe mit der sichtbaren Abnutzung und dem Verfall jedoch wenig zu tun, so Sabine Löser. „Wir haben Brandschutzauflagen, wenn wir die nicht erfüllen, können wir schließen.“
Seit 1993 steht das Kulturhaus in Rüdersdorf auf der Denkmalliste. Das auch „Akropolis“ genannte Gebäude sei eine „Anlehnung an klassizistische Theaterbautraditionen“, heißt es im Gutachten des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege. „Insgesamt sind dort 22 Brandenburger Kulturhäuser eingetragen, die Hälfte stammt aus den 1950er-Jahren“, sagt Landesamt-Sprecher Christoph Krauskopf. Auch das Kulturhaus in Rathenow (Havelland) hat eine ähnlich markante Tempelfassade.
DDR-Bau sanieren ist teuer
Die Sanierung der Rüdersdorfer Akropolis ist aufwendig. Erst wenn die alte Technik und Sanitäranlagen erneuert und ein Aufzug für die Barrierefreiheit eingebaut sind, könne auch der Rest aufgefrischt werden, sagt die Bürgermeisterin. Das kostet 11,6 Millionen Euro. „Schließlich wollen wir das Haus künftig nicht nur für Veranstaltungen nutzen, sondern ab 2028 auch als Domizil für Tagungen und Konferenzen anbieten.“
Die Bürgermeisterin setzt für das Vorhaben auf zwei große Fördertöpfe: die Städtebauförderung, bei der sich Bund, Land und Kommune zu je einem Drittel an den Kosten beteiligen, und den Denkmalschutz. „Da hoffen wir auf ein Sonderprogramm des Bundes und auf Denkmalhilfen des Landes Brandenburg.“ Sicher sei da aber noch nichts, die Organisation der Fördergelder nicht einfach, deutet die Bürgermeisterin an.

Die Rüdersdorfer aber lieben ihre Akropolis, schon seit der Wende haben sie für den Bau gekämpft. Die „Akropolis“ gehörte ursprünglich dem Zementwerk, der Hasenberg, auf dem das Gebäude steht, wiederum einem anderen Eigentümer. „Da musste im ganzen Ort viel sortiert werden, mit der Flächenbereinigung sind wir noch immer nicht ganz durch“, erzählt Löser. 1994 sei das Kulturhaus der Kommune schließlich geschenkt worden. Die Rüdersdorfer würden daran hängen, erzählt die Bürgermeisterin, die sich noch an ihre eigenen Tanzstunden im noch immer vorhandenen Spiegelsaal erinnern kann. „Wenn der Heimatverein hier alte Dias oder Filme zeigt, wird es voll.“
DDR-Kulturhaus: ein Stück alte Heimat
Das imposante Gebäude bedeute vor allem den Alteingesessenen der 16.000 Einwohner zählenden Gemeinde „ein letztes Stück alter Heimat“, ergänzt Stephen Ruebsam, Geschäftsführer der Museumspark Rüdersdorf GmbH, die bisher das Gebäude als Veranstaltungsort betreibt. „Der Tagebau hat den Ortskern und ganze Straßenzüge verschluckt, vom alten Rüdersdorf ist nicht viel geblieben.“ Weil vor allem die Vereine im Ort das Kulturhaus wie ihr Wohnzimmer schützen und pflegen würden, gibt es laut Ruebsam auch noch so viel Originalinventar – mundgeblasene Lampen, Designermöbel aus Eiche, schmiedeeiserne Treppengeländer oder auch die alte Kinotechnik auf dem Dachboden.

„Die noch heute der ursprünglichen Funktion dienenden Innenräume haben ihre originale Ausstattung weitgehend bewahrt“, belegt auch das Gutachten des Landesamtes für Denkmalpflege.
Kleinode fürs Volk: DDR-Kulturhäuser
Die Kulturhäuser der DDR wurden für Ausstellungen, Treffen, Vorträge, Konzerte, Diskos, Musikunterricht, Empfänge genutzt. Hier trafen sich kulturelle oder sportliche „Zirkel“ und Gruppen (Zeichenzirkel, Schreibzirkel).
Nach der Wende verfielen viele der über 2000 Kulturhäuser, wurden wegen fehlender Gelder geschlossen oder verkauft. Mancherorts zogen Restaurants, Diskos oder sogar Möbelhäuser ein. Andere wiederum, besonders in kleineren Städten, wurden saniert und von den Gemeinden übernommen. ■