Berliner Imbiss-Geschichte

Blattgold-Irrsinn im Adlon: Diese Currywurst für Poser kostet 26 Euro!

Es gibt die Wurst scharf oder mit Blattgold, mit und ohne Darm, vegan oder janz normal. In wenigen Tagen feiert Berlins Imbiss-Klassiker seinen 75. Geburtstag.

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Die Goldwurst aus dem Adlon: Hier kostet der Imbiss-Klassiker 26 Euro.
Die Goldwurst aus dem Adlon: Hier kostet der Imbiss-Klassiker 26 Euro.Fabian Sommer/dpa

Ein Bundeskanzler nannte die Currywurst mal einen  „Kraftriegel des Facharbeiters in der Produktion“. Inzwischen wird aber auch die Currywurst immer teurer, die Preise haben sich in zehn Jahren fast verdoppelt. Den Wahnsinn auf die Spitze treibt das edle Hotel Adlon am Brandenburger Tor. Hier gibt es die Wurst für unglaubliche 26 Euro, immerhin mit Pommes.

Bei Ziervogel’s Kult-Curry am U-Bahnhof Senefelderplatz kostet die Currywurst mit holländischen Pommes frites 7,50 Euro. Ist die Adlon-Wurst mehr als dreimal besser? Nein, natürlich nicht. Hier bezahlt man extra fürs Bling-Bling. Für die Prise Blattgold, die hier über die Currywurst gestreut wird. Nur: Blattgold schmeckt nach – nichts. Ist also nur etwas für Leute, die gerne rumposen und allen erzählen: Hey, ich habe mir eine vergoldete Currywurst geleistet.

Im Adlon: 800-mal pro Monat wird die Goldwurst verkauft

Und von denen gibt es anscheinend viele. Im berühmten Hotel Adlon in Berlin steht die Goldwurst seit 2018 auf der Speisekarte, rund 800 Portionen pro Monat werden bestellt. Sie ziehe besonders internationale Gäste an, sagt eine Hotelsprecherin. Die genaue Rezeptur der Soße bleibe zwar geheim, doch sie enthalte exotische Zutaten wie Mango, Zitronengras und Sternanis. „Gekrönt“ wird dieses Gourmetgericht mit einer Prise Blattgold, daneben gibt es „stilvoll“ Pommes und ein Milchbrötchen.

Ja, die Currywurst, ob bei Ziervogel’s Kult-Curry oder im Adlon gehört zu den Highlights der Berliner Imbiss-Geschichte. Heiß, scharf und meist in bester Gesellschaft mit Pommes – die Currywurst gilt in Deutschland als Fast-Food-Klassiker und ist vom Imbissstand nicht mehr wegzudenken. Hierzulande sollen angeblich pro Jahr rund 800 Millionen Portionen verzehrt werden – davon allein 70 Millionen nur in Berlin.

Ihre Geschichte reicht 75 Jahre zurück. Doch wer hat sie erfunden? Ist es die Hauptstadt, die der Wurst ihren Status verlieh, oder doch Hamburg, das mit norddeutschem Charme den Imbissklassiker kreierte? 

Die Ursprünge der Currywurst sind von vielen Legenden umwoben. Die berühmteste unter ihnen nimmt in Berlin-Charlottenburg ihren Lauf: Am 4. September 1949 soll Herta Heuwer an ihrem Imbissstand aus Langeweile eine neue Rezeptur getestet haben, bei der sie Tomatenmark, Worcestershiresoße, Currypulver und andere Gewürze miteinander vermischte. Die Soße goss sie über eine gebratene und klein geschnittene Brühwurst. Andere Berichte behaupten, dass Heuwer wegen eines Senf-Engpasses improvisieren musste und so eine neue Soße kreierte. Egal ob nun genialer Einfall aus Langeweile oder Notlösung: Die Soße wurde zu einem weltweiten Exportschlager.

Ganz klassisch: die Currywurst von Konnopke am U-Bahnhof Eberswalder Straße
Ganz klassisch: die Currywurst von Konnopke am U-Bahnhof Eberswalder StraßeJörg Carstensen/dpa

1993 veröffentlichte Uwe Timms die Novelle „Die Entdeckung der Currywurst“, in der er schildert, wie die Zwischenmahlzeit in der Hansestadt das Licht der Welt erblickt haben soll. Der Geschichte zufolge hat die Imbissbesitzerin Lena Brücker bei einem Sturz die Zutaten Curry und Ketchup gemischt, was zur Entdeckung der Soße führte. Obwohl Brücker eine fiktive Figur ist, behauptete Timm, 1947 in Hamburg bereits eine solche Wurst gegessen zu haben. Durch die Erzählung wird der Wettstreit zwischen Berlin und Hamburg um die Erfindung weiter angeheizt.

Herta Heuwer erfand die Currywurst in Berlin-Charlottenburg

Auch Fürst Alexander zu Schaumburg-Lippe aus Bückeburg bei Hannover beansprucht eine historische Verbindung. Er behauptet, die Currywurst sei in der Schlossküche seiner Familie bereits 1946 erfunden worden. Ein Küchenmeister soll dort nach dem Krieg für Offiziere der britischen Rheinarmee eine Soße aus Aprikosenmarmelade, Tomatenketchup, Curry und Salz zubereitet haben, die möglicherweise als Vorläufer gilt.

Berlin beansprucht die Erfindung der Currywurst jedenfalls für sich und ehrt Herta Heuwer als Erfinderin. „Ick hab dat Patent, basta!“, soll die 1999 verstorbene Imbissbesitzerin gesagt haben. Tatsächlich lässt Heuwer seinerzeit das eigentliche Erfolgsrezept nicht patentieren, da dies die Offenlegung der streng geheimen Rezeptur bedeutet hätte.

Die Gedenktafel, die an Herta Heuwer, die Erfinderin der Currywurst, erinnert.
Die Gedenktafel, die an Herta Heuwer, die Erfinderin der Currywurst, erinnert.Alina Novopashina/dpa

Stattdessen meldet sie am 21. Februar 1958 beim Patentamt die Marke „Chillup“ an – eine Kombination aus „Chili“ und „Ketchup“. Am 21. Januar 1959 wird „Chillup“ als Wort- und Bildmarke unter der Nummer 721319 ins Register eingetragen. Berlin würdigt Herta Heuwer seit 2003 mit einer Gedenktafel. Damals sagt Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen, bis dahin gebe es keine einzige Tafel, „die an einen Menschen erinnert, der sich um das Wichtigste verdient gemacht hat, was es für uns gibt: das Essen.“ ■