Krieg um Pop-up-Radwege

Bezirksamt Pankow reagiert: Grüne Kreuze machen illegalen Radweg ungültig

Die Nachricht um einen Fake-Radfahrstreifen von Klima-Aktivisten machte am Donnerstag Schlagzeilen. Der Bezirk hat reagiert, doch Anwohner fordern, dass sich in der Berliner Allee in Weißensee endlich was für Radfahrer ändert. 

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100 Meter illegaler Radfahrstreifen: Das Straßen- und Grünflächenamt des Bezirks hat die Markierungen mit grünen Kreuzen provisorisch ungültig gemacht.
100 Meter illegaler Radfahrstreifen: Das Straßen- und Grünflächenamt des Bezirks hat die Markierungen mit grünen Kreuzen provisorisch ungültig gemacht.Stefan Henseke

„Die Spinner sind zur Verantwortung zu ziehen, oder macht jetzt jeder selbst seine Verkehrsregeln? Ich hoffe, es ist bald Schluss mit diesem Nonsens“, schreibt KURIER-Leser Wolfgang Müller. Die Meldung um den illegalen Pop-up-Radweg von Weißensee schlug am Donnerstag große Wellen. Die Polizei ist eingeschaltet, das Bezirksamt will die falschen Markierungen so schnell wie möglich entfernen. Aber im Kiez gibt es auch Applaus für die Aktion.

Es geht um rund 100 Meter in der Berliner Allee in Weißensee, stadteinwärts, direkt am Park am Weißen See. In der Nacht zu Donnerstag haben hier Klima-Aktivisten der radikalen Gruppe „Sand im Getriebe Berlin“ mit Farbeimer, Pinsel und Schablonen einen illegalen Radfahrstreifen markiert. Ein bisschen verquer, mal zeigt das weiße Radfahrer-Piktogramm in die eine Richtung, mal in die andere. „Farbe ist zwar keine Infrastruktur, aber immer noch besser von uns gestrichene Radwege, als von der CDU gestrichene Klimaziele!“, heißt es in einem Tweet der Gruppe. Am Donnerstagmorgen war die Verwirrung groß. Autofahrer bremsten ab, wechselten hektisch die Spur.

Die Klima-Aktivisten wurden bei der Polizei angezeigt

Am Freitagmorgen läuft der Verkehr wieder normal, wie wir vor Ort sehen. Der illegale Radfahrstreifen ist schon ein wenig verblasst, Mitarbeiter vom Straßen- und Grünflächenamt haben die Markierungen mit grünen Kreuzen ungültig gemacht. „Solche Aktionen tragen definitiv nicht dazu bei, den Radverkehr sicherer zu gestalten und ein rücksichtsvolles Miteinander im Verkehr zu fördern. Ich bin froh, dass die so geschaffene unsichere und unübersichtliche Verkehrssituation nicht zu Unfällen geführt hat“, erklärt Manuela Anders-Granitzki (CDU), Bezirksstadträtin für Ordnung, Straßen, Umwelt und Grünanlagen. Eine Anzeige bei der Polizei läuft.

Viele Radfahrer nutzen lieber den parallel verlaufenden Parkweg.
Viele Radfahrer nutzen lieber den parallel verlaufenden Parkweg.Stefan Henseke

Was vor Ort auffällt: Einen legalen Radweg gibt es hier in der Berliner Allee nicht. Nur wenige Radfahrer nutzen die Straßen. Die meisten Radler fahren über den schmalen Gehweg oder den breiten, parallel verlaufenden Parkweg. „Hier muss was passieren“, sagt Angelika Jung (80), die seit 60 Jahren im Kiez wohnt, gerade zu Fuß vom Einkaufen kommt und selbst noch manchmal aufs Rad steigt. „Ich verstehe die Radfahrer, die den Gehweg nutzen. Auf dieser viel befahrenen Straße habe auch ich Angst.“ Nur zurzeit ginge es etwas, da die Fahrbahn stadteinwärts wegen einer Baustelle gesperrt sei. Normalerweise aber ist das eine der wichtigsten und vielbefahrensten Hauptverkehrsstraßen im Osten der Stadt.

Seit Jahren gibt es die Forderung von Anwohnern aus Weißensee, die Berliner Allee umzubauen

Auch eine Radlerin, die an der Ampel vom Rad steigt, um die Straße zu queren, fordert, dass endlich etwas passiert. Für sie ist die Situation für Radfahrer in der Berliner Allee „ausbaufähig. Es muss doch Platz für alle geben.“

Der Gehweg an der Berliner Allee stadteinwärts ist teilweise sehr eng. Trotzdem weichen viele Radfahrer darauf aus.
Der Gehweg an der Berliner Allee stadteinwärts ist teilweise sehr eng. Trotzdem weichen viele Radfahrer darauf aus.Stefan Henseke

Auf Twitter hat die „Aktion Berliner Allee“ die Nacht- und Nebelaktion von Sand im Getriebe Berlin begrüßt: „Danke, @SiGBerlin, dass ihr die Berliner Allee in den Fokus rückt! Wir brauchen den Support, die Aufmerksamkeit und endlich den politischen Willen, sichere Radverkehrsinfrastruktur in Weißensee zu schaffen!“ Seit Jahren gibt es die Forderung von Anwohnern aus Weißensee, die Berliner Allee umzubauen. Verlangt werden durchgängige Radwege, auf beiden Seiten breite Gehwege, mehr Fußgängerübergänge und Bäume an der Straße, damit der Alleecharakter wiederhergestellt wird.

Jetzt aber werden erstmal die illegalen Schmierereien verschwinden. Eine Fachfirma sei beauftragt, die falschen Radstreifen-Markierungen in der nächsten Woche zu entfernen, lässt das Bezirksamt mitteilen.