Drogen, Dreck und Durchgeknallte

Berlins berüchtigte Linie U8 – so will die BVG hier aufräumen

Ein Pilotprojekt soll zwischen Jannowitzbrücke und Hermannstraße für mehr Sicherheit und Sauberkeit sorgen.

Author - Stefanie Hildebrandt
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Bilder, die schockierten. Zunehmender Konsum harter Drogen (Heroin, Crack, Kokain) in der Station Schönleinstraße in der U8.
Bilder, die schockierten. Zunehmender Konsum harter Drogen (Heroin, Crack, Kokain) in der Station Schönleinstraße in der U8.BK

Die U-Bahnlinie 8 gilt als eine der dreckigsten und gefährlichsten Berlins. Senat und BVG wollen das verbessern. Nun wurden erste Maßnahmen vorgestellt, die zunächst in einem dreimonatigen Pilotprojekt greifen sollen.

Wer regelmäßig mit der U-Bahn der Linie 8 unterwegs ist, kennt die Zustände dort. Auf der Strecke von Wittenau zur Hermannstraße in Neukölln liegen die Bahnhöfe Gesundbrunnen, Alexanderplatz, Kottbusser Tor, Hermannplatz, allesamt berüchtigt entweder für Drogen- oder Kriminalitätsschwerpunkte. Schmutz, Drogenhandel und Bauschäden prägen das Bild. Kaum eine Fahrt vergeht, bei der Fahrgäste nicht Zeugen von Drogenkonsum, seinen Folgen, Rücksichtslosigkeit und Vandalismus werden. Nicht wenige Berliner meiden die Linie, wenn sie können – und das nicht nur am Abend.

Berlins schlimmste U-Bahnlinie soll sicherer werden

Das Ziel für die berüchtigte U8 lautet daher: mehr Sauberkeit, mehr sichtbare Präsenz und ein besseres Sicherheitsgefühl.

„Unter dem Namen ‚Reinigungsstreife‘ werden auf dem südlichen Abschnitt der U-Bahnlinie U8 von nun an Sicherheits- und Reinigungskräfte gemeinsam im Einsatz sein“, teilte die BVG mit. Dass es mit Saubermachen allein nicht getan ist, ist allen Beteiligten klar.

Reinigungskräfte und Sicherheitsleute arbeiten auf den Bahnhöfen der U8 künftig Hand in Hand.
Reinigungskräfte und Sicherheitsleute arbeiten auf den Bahnhöfen der U8 künftig Hand in Hand.Sabine Gudath

Breites Bündnis für mehr Aufenthaltsqualität in U-Bahn

Gemeinsames Ziel von BVG und Politik sei ein breites Bündnis, um gemeinschaftlich für mehr Lebens- und Aufenthaltsqualität nicht nur im Untergrund, sondern im gesamten Umfeld zu sorgen, so die BVG-Mitteilung weiter. „Schon jetzt gibt es eine enge Zusammenarbeit mit der Polizei und vielen sozialen Einrichtungen. Auf dieser Basis sollen in den nächsten Monaten weitere gemeinsame Aktivitäten entwickelt werden.“

Bei der Vorstellung der Pläne waren Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner und Verkehrssenatorin Manja Schreiner am Bahnhof Hermanstraße anwesend. „Wenn wir wollen, dass immer mehr Menschen auf Busse und Bahnen umsteigen, dann müssen sie sich dort auch wohlfühlen“, sagte Manja Schreiner.

Bei der BVG soll es sauberer und sicherer werden, angefangen wird auf der U8. Begrüßt wird der Plan vom Regierenden Kai Wegner (2.v.l.) und Verkehrssenatorin Manja Schreiner (r.). Ganz links Rolf Erfurt, der Betriebsvorstand. Und BVG-Chef Henning Falk (2.v.r.)
Bei der BVG soll es sauberer und sicherer werden, angefangen wird auf der U8. Begrüßt wird der Plan vom Regierenden Kai Wegner (2.v.l.) und Verkehrssenatorin Manja Schreiner (r.). Ganz links Rolf Erfurt, der Betriebsvorstand. Und BVG-Chef Henning Falk (2.v.r.)Sabine Gudath

„Unser ÖPNV ist statistisch gesehen ein sicherer Raum, aber er wird von vielen anders wahrgenommen. Das Pilotprojekt der BVG geht in die richtige Richtung, um das zu ändern. Und es ist völlig richtig, dass die BVG über ihren Tellerrand hinausschaut. Denn gesellschaftliche Probleme können auch nur gesamtgesellschaftlich angepackt und gelöst werden.“

Kai Wegner sagte: „Sauberkeit und Sicherheit spielen im öffentlichen Personennahverkehr eine entscheidende Rolle. Ich freue mich deshalb, dass die BVG diese Themen sehr ernst nimmt und sich noch stärker um saubere und sichere U-Bahnhöfe kümmern wird. Als Berliner Senat stehen wir an der Seite der Berliner Verkehrsbetriebe und werden uns gerne dafür einsetzen, damit sich möglichst viele Partner an diesem Bündnis beteiligen. Gemeinsam kann Berlin das schaffen.“

Bahnhöfe: Orte mit Kriminalität

Im Jahr 2021 gab es allein am Bahnhof Hermannstraße 332 Fälle von Körperverletzung. 2016 wurde ein Obdachloser im U-Bahnhof Schönleinstraße von Jugendlichen angezündet, heute gilt er als beliebter Ort für Crack-Süchtige, die hier konsumieren. Der Soldiner Kiez in Mitte nahe dem Bahnhof Osloer Straße, die Gegend um den Moritzplatz und die Rollbergsiedlung am U-Bahnhof Leinestraße gehören laut Sozialstrukturatlas 2022 zu den sozial schwächsten Gegenden der Hauptstadt.

Pilotprojekt in der U-Bahn

Und so will die BVG vorgehen: In den kommenden drei Monaten werden zwischen den U-Bahnhöfen Jannowitzbrücke und Hermannstraße rund um die Uhr jeweils Reinigungskräfte und Sicherheitspersonal gemeinsam unterwegs sein und für Sauberkeit und Ordnung sorgen. Dazu werden die Teams auch deutlich häufiger als bisher an den einzelnen Bahnhöfen präsent sein. Die einzelnen Reinigungsstreifen sind dabei fest für höchstens zwei bis drei Bahnhöfe verantwortlich. Laut BVG-Betriebsvorstand Rolf Erfurt werde das Sicherheitspersonal auch von der Polizei unterstützt. „Dafür nehmen wir drei Monate 700.000 Euro in die Hand“, sagte Erfurt. Henrik Falk, seit Januar 2024 Vorstandsvorsitzender der BVG, betonte, das Unternehmen nehme das Projekt sehr ernst. Es handele sich nicht um eine „Shownummer“.

Mehrere Bahnhöfe, darunter Kottbusser Tor und Schönleinstraße werden künftig täglich nass gereinigt. Auch die U-Bahn-Waggons werden am Endbahnhof Hermannstraße öfter gereinigt. Sicherheitspersonal soll auf dem Pilotabschnitt der Linie U8 verstärkt eingesetzt werden. Im Rahmen der gemeinsamen Streifen ist auch die Polizei in die Pilotphase eingebunden.

Ein Obdachloser wird geweckt und aus dem Zug gebeten.
Ein Obdachloser wird geweckt und aus dem Zug gebeten.Sabine Gudath

„Mit diesem Projekt geben wir den Startschuss und fangen auch direkt an, damit der gemeinsame Raum des Nahverkehrs für alle wieder mehr zum Wohlfühlraum wird“, sagte der BVG-Vorstandsvorsitzende Henrik Falk. „Natürlich geht das nur gemeinsam. Denn die Welt mit ihren gesellschaftlichen Realitäten endet ja nicht an der Bahnhofstreppe. Wir kooperieren deshalb nicht nur eng mit der Polizei und sozialen Einrichtungen. Mein Appell geht an alle Akteure im Umfeld, aber auch an unsere vielen Millionen Fahrgäste. Macht mit! Nehmt Rücksicht auf eure Mitmenschen und achtet auf euer Umfeld.“

„Wir wollen, dass sich alle Menschen in unseren Bahnhöfen und deren Umfeld wohl- und sicher fühlen“, betonte BVG-Betriebsvorstand Dr. Rolf Erfurt. „Es geht nicht um Verdrängung von Problemen, sondern darum, sie gemeinsam anzupacken. Dafür brauchen wir den gemeinsamen Willen und einen Mentalitätswandel. Auch Dreck und Müll sind leider zu oft die hässlichen Nebenerscheinungen von Achtlosigkeit und mangelndem Respekt. Wir können das immer nur aufräumen. Wenn aber alle mitmachen, dann schaffen wir es, daran nachhaltig etwas zu ändern.“ ■