Der Zweimetermann Albrecht Broemme ist im Mai 70 Jahre alt geworden, an Rente denkt er noch lange nicht. Stattdessen ist Berlins Mann für alle Notfälle noch immer bereit für neue Aufgaben. Als der Bundespräsident ihm nach der Corona-Pandemie das Bundesverdienstkreuz überreichte, hieß es in der Laudatio: Wenn es darum gehe, für andere da zu sein, sei auf Albrecht Broemme stets Verlass. Das stellt der ehemalige Feuerwehrchef der Stadt nun ein weiteres Mal unter Beweis.
Albrecht Broemme wird für den Berliner Senat Sonderbeauftragter für Flüchtlingsfragen. Als solcher ist er bei der Senatsverwaltung für Soziales, Gleichstellung und Integration und beim Regierenden Bürgermeister in der Senatskanzlei angegliedert. Broemmes Aufgabe: die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in Berlin meistern, eine Herkulesaufgabe.

Broemme hat Kontakte, er ist bestens vernetzt in Berlin. Und er ist einer, der resistent ist gegen Hektik. „Er ist der Fels in der Brandung“, sagen viele. Als Sonderbeauftragter muss er mit dem Druck, der auf der schwarz-roten Regierungskoalition lastet, bei der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen voranzukommen, umgehen. Eine ähnliche Funktion hatte es 2015 schon gegeben, als damals die Zahl der Geflüchteten aus Syrien und Afghanistan deutlich zunahm. Heute steht Berlin wieder vor riesigen Aufgaben. Tausende Kinder in den Flüchtlingsheimen können nicht zur Schule gehen, es fehlt weiter an geeignetem Wohnraum für Ankommende.
Broemme gilt als Krisenmanager, der bei all den Aufgaben seine Schlagfertigkeit nicht verliert. Mit trockenem Humor stellt sich Berlins berühmtester Katastrophen-Experte größten Aufgaben: Das bewies Broemme schon in vielen Lagen. Erst als Chef der Berliner Feuerwehr, dann beim Aufbau der Berliner Impfzentren und des Corona-Krankenhauses. Als er einmal gefragt wurde, wann die Impfzentren fertig sein würden, antwortete er einem Fernsehreporter: „Um halb zehn.“ Einem anderen Journalisten sagte er zu eventuell auftretenden Schwierigkeiten: „Wenn es einfach wäre, könnte es ja die Luftwaffe machen.“
Praktische Lösungsansätze sind für Albrecht Broemme immer wichtiger als Hierarchien und Althergebrachtes. Die Impfzentren etwa entwarf er an zwei Abenden mit Legosteinen. Das Corona-Krankenhaus, das Gott sei Dank nie gebraucht wurde, stand innerhalb von fünf Wochen.
Albrecht, der Bär
Die Spitznamen Erklärbär und Albrecht der Bär hat er sich in seiner Zeit als Berliner Feuerwehrchef verdient. Broemme wurde in Darmstadt geboren, studierte Elektrotechnik und absolvierte bei der Freiwilligen Feuerwehr seine ersten Rettungseinsätze. Als Brandreferendar kam er 1977 zur Berliner Feuerwehr. 15 Jahre später übernahm er die Behörde, die größte Feuerwehr in Deutschland.
Mit 39 Jahren war er ihr jüngster Chef, er musste die Wehren Ost- und West-Berlins zusammenführen, er durfte die erste Berliner Feuerwehrfrau begrüßen. Und er meisterte die Folgen vieler Großbrände und Katastrophen, etwa nach der Gasexplosion in der Steglitzer Lepsiusstraße 1998 mit sieben Toten oder nach dem Brand in einem Mehrfamilienhaus in Moabit 2005, durch den neun Bewohner starben.
Broemme eilte stets zu den Unglücksorten, er kümmerte sich, sprach mit den Medien, wurde so zum Gesicht der Feuerwehr, das viele Berliner heute noch kennen. Manchmal kommt es vor, dass Taxifahrer ihn mit Namen begrüßen, wenn er einsteigt, oder dass er auf der Straße erkannt wird. Auch wenn Broemme 2006 die Feuerwehr verließ und Präsident des Technischen Hilfswerks mit Sitz im fernen Bonn wurde.

Nach seiner Pensionierung hat Broemme als Ehrenpräsident des THW zuletzt die Unterbringung ukrainischer Kriegsflüchtlinge in Berlin koordiniert. In der Gaskrise letzten Winter informierte er die Berliner sachlich über die Folgen von Blackouts. Jetzt weiß zum Beispiel jeder, dass ein Kurbelradio eine gute Anschaffung ist.
Flüchtlingsheime auf dem Tempelhofer Feld
Nun kommt also der Job als Sonderbeauftragter für Flüchtlingsfragen. Wenn das Tempelhofer-Feld-Gesetz wie geplant geändert wird, das eine Bebauung der Flächen auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens praktisch verbietet, gibt es eine neue Spielwiese für Albrecht Broemme. Der schwarz-rote Senat möchte auf dem Tempelhofer Feld weitere Unterkünfte für Geflüchtete errichten.
Ob es dann wie beim Corona-Krankenhaus irre schnell geht, das hängt auch von den anderen Mitspielern ab. „Behörden und Firmen haben Hand in Hand gearbeitet. Am 17. März erhielt ich den Auftrag. Zehn Minuten später war die Baugenehmigung da. Wenn alle an einem Strang ziehen, können in Berlin auch Großprojekte klappen“, sagte Broemme damals, man habe die Klinik in einer Affengeschwindigkeit fertig bekommen.
Was Albrecht Broemme Kraft gibt
Broemme sei gern in Berlin, sagte er in einem Radiointerview. Durch erfolgreiche Aktionen in der Stadt wolle er dazu beitragen, dass das Image von Berlin besser werde. „Ob es der Versuch ist, eine Wahl zu organisieren oder einen Flughafen zu bauen, das sind Dinge, die sind ziemlich in die Hose gegangen.“ Den Grund für das Scheitern sieht er in unklaren Verantwortlichkeiten. Aber diese „Verantwortungsdiffusion“ sei nicht nur in Berlin ein Problem. Junge Menschen müssten besser lernen, gute Entscheidungen zu treffen.