Reise in die Vergangenheit

Angelica Domröse und Doping-Beichte: Das stand im ersten KURIER vor 35 Jahren

Vor 35 Jahren erschien der erste Berliner KURIER. Welche Schlagzeilen bestimmten damals das Gespräch in der Stadt? Wir haben reingeschaut.

Author - Florian Thalmann
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Vor 35 Jahren bekam Berlin eine neue Zeitung: Aus der BZ am Abend wurde der Berliner KURIER - am 3. Dezember 1990 erschien die ersten echte KURIER-Ausgabe.
Vor 35 Jahren bekam Berlin eine neue Zeitung: Aus der BZ am Abend wurde der Berliner KURIER - am 3. Dezember 1990 erschien die ersten echte KURIER-Ausgabe.serienlicht/imago, Berliner KURIER

Heute steht ein großes Jubiläum an: Der Berliner KURIER, wie SIE ihn kennen, wird 35 Jahre alt. Die Boulevardzeitung aus dem Osten der Hauptstadt gab es schon früher, vor der Wende erschien sie unter dem Namen „BZ am Abend“. Doch am 3. Dezember erschien nach einer Vorankündigung am Tag zuvor der erste offizielle Berliner KURIER! Was stand drin in dem Blatt, das genau in der Zeit nach der Deutschen Einheit erschien? Wir haben ins Archiv geschaut!

Am 3. November 1990 bekam Berlin eine neue Zeitung

Am 9. November 1989 öffnete sich die Berliner Mauer – das Ende der DDR wurde eingeläutet, für Millionen Menschen änderte dieser Tag ihr ganzes Leben. Rund um die Deutsche Wiedervereinigung gab es auch Bewegung auf dem Berliner Zeitungsmarkt: Die bekannte Boulevardzeitung des Ostens, die „BZ am Abend“, wurde im Dezember 1990 zum „Berliner KURIER am Abend“. Bereits am 2. Dezember gab es einen kostenlosen Sonderdruck, in dem die neue Zeitung für Berlin angekündigt und ordentlich gefeiert wurde.

Am 3. Dezember ging es dann los: „Der KURIER am Abend wird von Reportern und Redakteuren in Ost und West gemeinsam gemacht“, hieß es in einem Gruß von der Redaktion. „Er wird sich besonders um die Menschen kümmern, die im Osten der Stadt leben und noch ganz andere Sorgen haben als die Berliner im Westen.“ Weiter hieß es: „Der KURIER hat keine Altlasten mitzuschleppen, die Redaktion wurde neu zusammengesetzt.“ Aber: Was stand in der ersten großen KURIER-Ausgabe am 3. Dezember? Wir haben die Schlagzeilen von damals!

Nach der Wahl am 2. Dezember kündigten Eberhard Diepgen und Walter Momper an, dass sie die zukünftige Hauptstadt gemeinsam regieren wollen.
Nach der Wahl am 2. Dezember kündigten Eberhard Diepgen und Walter Momper an, dass sie die zukünftige Hauptstadt gemeinsam regieren wollen.Berliner KURIER

Diepgen und Momper wollen Berlin gemeinsam regieren

Diepgen & Momper: Wir machen’s gemeinsam! Am Abend des 2. Dezember fand die erste gesamtdeutsche Wahl für ein neues Parlament statt. Auch über die Regierung in der zukünftigen Hauptstadt Berlin wurde entschieden – und der künftige Regierende Eberhard Diepgen (CDU) und Walter Momper (SPD) kündigten an, dass sie gemeinsam Berlin regieren wollen. Diepgen war es laut Interview übrigens am wichtigsten, Berlin zu einer einheitlichen Stadt zu machen. „Diese Stadt muss geeint, sie darf nicht weiter gespalten werden“, sagte er dem KURIER.

Im Schiller-Theater jubelten die Zuschauer für DDR-Star Angelica Domröse - und auch der KURIER feierte ihren Auftritt auf der Bühne.
Im Schiller-Theater jubelten die Zuschauer für DDR-Star Angelica Domröse - und auch der KURIER feierte ihren Auftritt auf der Bühne.Berliner KURIER

Schiller-Theater: Alle jubeln für DDR-Star Angelica Domröse

Schiller-Theater: Jubel um die Domröse! Großer Applaus für DDR-Star Angelica Domröse. Auch über Berlins Kultur wurde im KURIER berichtet – am 3. Dezember über eine umjubelte Premiere. Domröse stand damals am Schiller-Theater im Stück „Frauen. Krieg. Lustspiel“ von Thomas Brasch auf der Bühne. Der KURIER urteilt: Angelica Domröse „verdient nen Kniefall!“ – denn nur für ihren Auftritt lohne sich der ganze Abend. Das Stück selbst wurde eher verrissen. „Denn dass Frauen Erotik haben, dass Krieg schlimm ist und dass sexuelle Schnell-Schüsse allemal besser sind als Gewehr-Schüsse, wusste man vorher schon.“

In Potsdam stapeln sich die Leichen: Weil eine Mitarbeiterin nicht hinterherkam, warteten 60 Toten auf die Beisetzung.
In Potsdam stapeln sich die Leichen: Weil eine Mitarbeiterin nicht hinterherkam, warteten 60 Toten auf die Beisetzung.Berliner KURIER

Zu wenig Personal: In Potsdam stapeln sich die Leichen

Die Toten finden lange keine Ruhe! Chaos bei den Toten von Postdam: KURIER berichtete darüber, dass sich im kommunalen Totenhaus von Potsdam die Leichen stapelten. Die Überreste von 60 Verstorbenen warteten hier darauf, endlich beigesetzt zu werden. Der Grund: „Das Standesamt kommt mit den Bestattungsunterlagen nicht nach.“ Es gebe nur eine Mitarbeiterin – und die komme einfach nicht hinterher. Hinzu kam der drastische Anstieg bei den Verkehrsunfällen: Nach 2000 im vergangenen Jahr gab es nun 2300, die Anzahl der Verkehrstoten stieg damit entsprechend.

Die große Pillen-Lüge: Im KURIER packte ein Berliner Schwimm-Star über die eigene Doping-Vergangenheit aus, an der auch das DDR-Regime eine Mitschuld hatte.
Die große Pillen-Lüge: Im KURIER packte ein Berliner Schwimm-Star über die eigene Doping-Vergangenheit aus, an der auch das DDR-Regime eine Mitschuld hatte.Berliner KURIER

Berliner Schwimm-Star packt über Doping aus

Schluss mit der Pillenlüge! Das Thema Doping beschäftigte den Sport schon vor der Wende – im KURIER packte nun der Berliner Schwimm-Star Raik Hannemann aus. „Wir haben doch all diese Pillen, diese Medaillen-Macher geschluckt. Weil wir sie nehmen mussten. Weil unsere Trainer es wollten“, schrieb er in einem großen Beitrag auf der Sport-Seite. Auch Funktionäre und Staat hätten es gewollt. Er schildert auch seine ersten Begegnungen mit Anabolika. „Ich habe das Zeug geschluckt und bin wie ein Irrer geschwommen. 1700 Kilometer habe ich in dem Jahr abgerissen.“

Auf der letzten Seite im KURIER gab's einen Bericht über die Altersarmut in Russland. Auch eine leicht bekleidete Dame gab es damals noch - es waren andere Zeiten.
Auf der letzten Seite im KURIER gab's einen Bericht über die Altersarmut in Russland. Auch eine leicht bekleidete Dame gab es damals noch - es waren andere Zeiten.Berliner KURIER

Emotionale Reportage: Altersarmut in Russland

Das bittere Leben von Domna (83) in Moskau. Ein bedrückender Report auf der letzten Seite des KURIER widmete sich der Altersarmut in Moskau. Ein Reporter erzählte hier die Geschichte von Domna Jegorjewna (83), einer Frau, die in Russlands Hauptstadt Plastiktüten verkaufte, um ihr Leben zu finanzieren. Sie bekam eine Rente von 43 Rubel, umgerechnet 16 Mark. „Manchmal wäre es schön, frisches Obst und Gemüse zu kaufen, aber das ist unmöglich“, sagte Domna Jegorjewna in dem Bericht.