Trotz Streiks und Chaos

Alle meckern über die BVG, aber immer mehr fahren mit ihr mit!

Die Streiks nervten. Noch schlimmer ist, dass Busse und die Bahnen der BVG uns Berliner doch ganz schön lange warten lassen. Der KURIER erklärt, warum dennoch immer mehr Menschen mit der BVG fahren.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Einsteigen bitte! Immer mehr Menschen fahren mit der BVG, auch wenn die U-Bahn-Züge nicht immer pünktlich sind.
Einsteigen bitte! Immer mehr Menschen fahren mit der BVG, auch wenn die U-Bahn-Züge nicht immer pünktlich sind.Chromorange/imago

Den Berlinern fällt es schwer, ein Loblied auf die BVG anzustimmen. Die Streiks in den vergangenen Monaten und das nie enden wollende Fahrplan-Chaos bei den Bussen, Straßen- und U-Bahnen – darüber meckern ständig die Menschen in dieser Stadt. Und doch scheinen die Berliner irgendwie ihre BVG zu lieben. Denn immer mehr fahren mit ihr durch Berlin, wie aktuelle Zahlen zeigen.

Trotz vieler Probleme: Die Zahl der Fahrgäste, die mit Bussen, Straßen- und U-Bahnen der Verkehrsbetriebe im vergangenen Jahr unterwegs waren, ist gestiegen. 1,1 Milliarden Fahrgastfahrten verzeichnete die BVG gegenüber 2023, ein Zuwachs von rund vier Prozent.

Was noch erfreulicher für die Verkehrsbetriebe war: Obwohl die Berliner auf einigen Linien manchmal 15 Minuten oder länger auf den nächsten Bus oder auf die nächste U-Bahn warten mussten, kauften sich immer mehr ein Ticket-Abo bei der BVG. Laut dem Geschäftsbericht der Verkehrsbetriebe kauften sich 2024 über 1,22 Millionen Menschen ein Öffi-Abo bei der BVG. Ein kleiner Zuwachs: Im Vorjahr waren es 1,19 Millionen Abo-Besitzer.

Immer Fahrgäste: DARUM fahren die Berliner auf die chaotische BVG ab

Das hat natürlich seine Gründe. Die Fahrgastzahlen bei der BVG steigen nicht etwa, weil die Berliner Verkehrsbetriebe so toll sind. Dass immer mehr auf die BVG schon in den vergangenen Jahren abfuhren, lag auch an den Tickets.

In der Corona-Zeit wurde etwa das 29-Euro-Ticket bundesweit eingeführt. Erst für bestimmte Zeiträume. Dann wurde das Deutschlandticket mit diesem Preis der Renner, das heute allerdings 58 Euro pro Monat kostet.

In Berlin war das 29-Euro-Ticket der Kracher. Es feierte im vergangenem Jahr kurzzeitig in der Hauptstadt seine Wiederauferstehung, während man außerhalb Berlins mit dem damaligen 49-Euro-Ticket fuhr. Wirtschaftssenatorin und BVG-Vorstandschefin Franziska Giffey (SPD) wollte das 29-Euro-Ticket mit aller Gewalt – und die Berliner griffen zu.

Was Giffey nicht bedachte: Das Billig-Ticket musste vom Land Berlin jährlich mit 300 Millionen Euro bezuschusst werden. Geld, was das arme Berlin nicht hatte. Und so schlug der Sparhammer zu. Das 29-Euro-Ticket ist seit Jahresanfang Geschichte.

Aber nicht nur das Billig-Abo sorgte für Fahrgäste-Zuwachs im vergangenen Jahr. Das waren auch die Touristen aus aller Welt. 12,7 Millionen Gäste mit 30,6 Millionen Übernachtungen besuchten 2024 die Spreemetropole Berlin, 5,4 Prozent mehr als 2023.

Viele kamen, weil Berlin einer der Austragungsorte der Fußball-EM in Deutschland war. Und viele von ihnen stiegen gerne in die Busse und Bahnen der BVG.

Verkehr in Berlin: Ohne BVG wäre alles noch viel schlimmer

Ganz ehrlich: Auch wenn bei der BVG personal- und fahrzeugtechnisch vieles im Argen liegt – wenn es die Verkehrsbetriebe nicht geben würde, wäre es noch schlimmer. Bei den vielen Straßenbaustellen ist das Autofahren nun auch nicht angenehm. Man denke nur an die Staustelle am Dreieck Funkturm, gerade jetzt nach dem dortigen Brücken-Drama.

Die Bau- und Staustellen Berlins: Sie lassen sich mit der BVG schnell umfahren. Am Stadtrand sind es auch die Busse der Verkehrsbetriebe, die die dort lebenden Menschen einigermaßen gut an das öffentliche Nahverkehrsnetz (U-Bahn, S-Bahn) anbinden. Und wenn es bei der S-Bahn nicht läuft, ist der eine oder andere Berliner dann doch dankbar, dass es etwa die U5 zwischen Hauptbahnhof und Hönow gibt.

Na, nun loben wir ja doch die BVG, obwohl es in Sachen Pünktlichkeit bei ihr nicht so blendend aussieht. Im Jahresdurchschnitt 2024 sanken die Zuverlässigkeitswerte laut dem jetzt veröffentlichten Lagebericht bei der BVG auf einen Wert von 93,8 Prozent. Das bedeutet: 6,2 Prozent der Bahn- oder Busfahrten fanden verspätet oder gar nicht statt.

Im Detail: 3,5 Prozent waren die Straßenbahnen im Jahr 2024 unpünktlich. Bei den Bussen sank die Unpünktlichkeitsquote sogar auf 1,8 Prozent.

Neue Busse, vor allem neue U-Bahnen, die endlich in diesem Jahr kommen sollen, sollen die BVG wieder so richtig rollen lassen. BVG-Chef Henrik Falk hofft, dass nach den Sommerferien die ersten neuen U-Bahnwagen ans Netz gehen. Auch bei der Straßenbahn kommen neue Züge. ■