Herbstferien versaut

200 Urlauber vom BER gestartet: „In Izmir standen wir alle ohne Koffer da“

Albtraum statt Badeurlaub für Familie Schramm: Reisende berichten von fehlendem Gepäck auf kompletter Maschine.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Juliane Schramm mit ihrer Familie kurz vor dem Abflug ihrer Maschine vom BER. Die Koffer flogen nicht mit nach Izmir.
Juliane Schramm mit ihrer Familie kurz vor dem Abflug ihrer Maschine vom BER. Die Koffer flogen nicht mit nach Izmir.privat, BK-Montage: A. Kraska

Diese Herbstferien wird die Familie von Juliane Schramm (47) nicht so schnell vergessen. Auf eine Woche herrlichen Badeurlaub an der türkischen Riviera hatten sich die Krankenschwester, ihr Mann Heiko (51) und ihre Söhne Elias (13), Julius (11) und Magnus (9) gefreut. So startete man voller Glücksgefühle vom Berliner Flughafen BER in Richtung Meer und Sonne. Doch als die Familie drei Stunden später in Izmir landete, begann ein Albtraum. „Wir standen ohne Koffer da“, sagt Juliane Schramm. „Nicht nur wir, sondern etwa alle 200 Passagiere bekamen ihr Gepäck nicht, die mit uns in der Maschine saßen.“

Die Koffer der Familie Schramm am Gepäckabgabe-Schalter des BER
Die Koffer der Familie Schramm am Gepäckabgabe-Schalter des BERprivat

Pleiten, Pech und Pannen mit dem Gepäck: Davon können so manche Passagiere ein Klagelied singen, die schon einmal vom BER abgeflogen oder dort gelandet sind. Doch dass gleich ein ganzer Flieger vom Hauptstadtflughafen ohne die Koffer der Passagiere abhebt, schien bisher ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Aber es soll offenbar laut den Darstellungen von Familie Schramm aus Stralsund, die sehr gerne vom BER in die Ferien fliegt, am 16. Oktober passiert sein – auf dem Sun-Express-Flug XQ967 nach Izmir.

Der Ferienflieger startet an jenem Donnerstag mit Verspätung. Statt um 7.20 Uhr hebt er erst um 8.10 Uhr ab. „Wir hatten online eingecheckt, bei der Gepäckaufgabe am Schalter im BER lief alles reibungslos“, sagt Juliane Schramm. Dennoch machte Vater Heiko Schramm ein Foto von den aufzugebenden Koffern der Familie. „Einfach so“, sagt seine Frau.

Ohne Koffer: „200 BER-Passagiere meldeten verlorenes Gepäck“

In Izmir sind die Koffer nicht mehr da. „Nach der Landung mussten wir und alle anderen Passagiere des Fluges XQ967 feststellen, dass kein einziger Koffer in Berlin verladen wurde“, sagt Juliane Schramm dem KURIER. „Etwa 200 Passagiere mussten zum ‚Lost and Found‘-Schalter, um ihr verlorenes Gepäck zu melden. Warum die Koffer nicht mitkamen, erfahren wir nicht.“ Was Familie Schramm da noch nicht ahnt: Sie werden so schnell ihre Koffer auch nicht wiedersehen.

Familie Schramm in ihrem Hotel am ersten Abend ihres Türkei-Urlaubes: Da hofften sie noch, dass sie ihre Koffer nach der BER-Panne schnell bekommen werden.
Familie Schramm in ihrem Hotel am ersten Abend ihres Türkei-Urlaubes: Da hofften sie noch, dass sie ihre Koffer nach der BER-Panne schnell bekommen werden.privat

Für die Familie ist jedenfalls der Urlaub schon irgendwie vorbei. Nichts mit gleich Baden im Pool oder Sonnen am Strand nach dem Einzug ins Hotel: „Die Kinder hatten sich so auf die Plansche gefreut, doch wir mussten erst einmal Sachen einkaufen“, sagt Juliane Schramm. „Hygieneartikel, Unterwäsche, Badesachen, T-Shirts, Hosen – und das für fünf Personen. Denn alle unsere Sachen lagen ja in den Koffern.“

Im nicht gerade günstigen Hotel-Shop deckte man sich schnell mit ein paar Dingen als Übergangslösung ein. „Um die 250 Euro zahlten wir – und hofften, dass wir unsere Koffer schnell wiedersehen. Am nächsten Tag, einem Freitag, teilte unser Reiseleiter mit, dass wir bald unsere Koffer hätten, wahrscheinlich am Samstag.“

Doch nichts passiert. Außer die Mitteilung, dass die am BER „vergessenen“ Koffer mit einer Cargo-Maschine von Berlin aus nachgeschickt wurden.
„Dann wurde uns gesagt, dass die Koffer am Montag kommen, da am Sonntag nichts ausgeliefert wird. Aber auch am Montag ist nichts angekommen“, sagt Juliane Schramm. „Wir mussten also inzwischen in den nächstgrößeren Ort fahren, um weitere Sachen und auch Schuhe zu kaufen, gaben noch einmal etwa über 250 Euro aus. Auch einen Koffer mussten wir kaufen – für die neuen Sachen.“

Koffer-Panne am BER: Unternehmen antworten nicht

Der nächste Termin für die Anlieferung der richtigen Koffer „war dann der Mittwoch“, so Juliane Schramm. „An diesem Tag waren tatsächlich unsere Koffer um 15.15 Uhr im Hotel. Nur viel zu spät! Am nächsten Tag reisten wir um 7.25 Uhr schon wieder ab.“

Eine Woche Izmir, Hotel, all-inclusive: Für die Ferienreise mit Flug hatte die Familie 3.400 Euro gezahlt. „Wir hatten uns echt darauf gefreut, so oft können wir uns solche Reisen nicht leisten“, sagt Juliane Schramm. „Dass wir den ganzen Urlaub gar keine Koffer hatten, hat uns sehr verärgert und uns die Ferien auch vermiest. Das ständige Telefonieren wegen des Kofferverbleibs, das Warten auf das Gepäck, das nie ankam: Wir konnten kaum richtige Ausflüge machen. Alles nur, weil am BER das Gepäck nicht in den Flieger kam.“

Der BER kann zu dem Vorfall keine Angaben machen. Man könne nichts zu Dingen sagen, die die Airline und den Dienstleister für die Gepäckabfertigung betreffen, teilt eine BER-Sprecherin mit.
Wir fragen schriftlich bei der Fluggesellschaft Sun Express nach: Stimmt es, dass am 16. Oktober Flug XQ967 ohne Gepäck startete? Wie konnte es zu diesem Vorfall kommen? Wie viele Passagiere waren betroffen? Gibt es Entschädigungen?

Familie Schramm in der Türkei: Die Sachen, die sie tragen, mussten sie sich im Urlaubsort kaufen.
Familie Schramm in der Türkei: Die Sachen, die sie tragen, mussten sie sich im Urlaubsort kaufen.privat

Diese Fragen stellen wir auch dem Unternehmen AAS, das am BER auch für die Gepäckabfertigung der Sun-Express-Flüge verantwortlich sein soll. Und wir wollen wissen, ob das stimmt, was uns ein Mitarbeiter der AAS-Hotline gesagt hatte. Dieser erklärte, dass es „schon vorkommen kann, dass Gepäck nicht eingeladen wird, wenn der Flieger vollgeladen ist, das Flugzeug schnell wieder wegmuss oder die Witterungsbedingungen ein Beladen nicht zulassen“.

Diese und die anderen Fragen, die wir bei der AAS schriftlich eingereicht hatten, bleiben bis jetzt unbeantwortet. Auch die Fluggesellschaft Sun Express schweigt bis jetzt auf unsere Fragen.