2,8 Cent pro Tag

So unfassbar günstig ist Anwohner-Parken in Berlin – und so teuer HIER

Berlin streicht 3 Milliarden Euro aus dem Haushalt – und gleichzeitig eine geplante Erhöhung der Parkgebühren. So viel kostet Anwohner-Parken in anderen Städten, und so viele Millionen lässt sich Berlin durch die Lappen gehen!

Author - Joane Studnik
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Ein Anwohner-Parkausweis ist an der Windschutzscheibe eines Autos in einer Parkzone in der Berliner Innenstadt angebracht.
Ein Anwohner-Parkausweis ist an der Windschutzscheibe eines Autos in einer Parkzone in der Berliner Innenstadt angebracht.dpa/Monika Skolimowska

Die Proteste gegen die vom Berliner Senat beschlossenen Haushaltskürzungen sind heftig: Von einem Kahlschlag gegen Kultur und Geringverdienende ist die Rede. Aufatmen können dagegen die Halter der 1,24 in der Hauptstadt zugelassenen PKW, soweit sie keinen eigenen Stellplatz haben: Eine bereits geplante Anhebung der Anwohner-Parkgebühren wird wieder einkassiert. Das freut Autofahrer, damit lässt sich Berlin aber viele Millionen Euro durch die Lappen gehen.

Berlins Verkehrssenat wollte Parkgebühren erhöhen: Diese Städte kassieren bis 260 Euro im Jahr

Anfang des Jahres hatte die Senatsverkehrsverwaltung konkrete Pläne, die Gebühren für den inzwischen flächendeckend erforderlichen Anwohner-Parkausweis von derzeit 20,40 Euro auf 100 Euro anzuheben. Bei jährlicher Zahlung hätte Anwohner-Parken dann 60 Euro gekostet. Das wäre zwar ein deutlicher Anstieg vom jetzigen Niveau, im Vergleich zu anderen deutschen Städten wäre der Preis aber immer noch ein Schnäppchen: Freiburg im Breisgau hatte im vergangenen Jahr eine Regelung eingeführt, nach der besonders große, lange Fahrzeuge stärker zur Kasse gebeten wurden. Bis zu 480 Euro pro Jahr wurden fällig.

Dagegen hatten Betroffene allerdings geklagt. Die Richter kippten wesentliche Teile der Gebührenordnung. Die Stadt in Südwestdeutschland senkte die Gebühren darauf zunächst drastisch auf 30 Euro pro Jahr, hoben sie aber dann auf einheitliche 200 Euro für mehrere Parkzonen der Stadt an. Da Gerichte zwar Details der Freiburger Regelung, nicht aber die Höhe der Gebühren an sich bemängelt hatten, hält die Stadtverwaltung die einheitliche Regelung für rechtssicher.

Im westfälischen Münster hat die von einem CDU-Bürgermeister geleitete Stadtverwaltung Ende 2023 eine noch kräftigere Preiserhöhung für Anwohner-Parkausweise beschlossen: 260 Euro kostet dieser nunmehr pro Jahr. Auch in Düsseldorf war eine Verteuerung auf bis zu 360 Euro geplant, das Vorhaben wurde jedoch zurückgestellt, weil das Konzept von gestaffelten Gebühren mit Ausnahmeregelungen rechtliche Fragen aufwarf. Dagegen kostet Anwohner-Parken in Köln 200 Euro, in Frankfurt am Main 240 Euro im Jahr. Nur wenige Großstädte wie München schonen Autofahrer bislang: in der bayerischen Landeshauptstadt kostet Anwohnerparken weiter symbolische 30 Euro im Jahr, aber auch das ist dreimal soviel wie in Berlin.

Günstige Parkgebühren bedeuten auch fehlende Einnahmen für notwendige Ausgaben

Zweck von höheren Parkgebühren ist sehen Verkehrsexperten darin, vor allem den stehenden Autoverkehr aus den verstopften Innenstädten zu drängen. Folgerichtig kritisierte die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Antje Kapek die moderaten Erhöhungspläne des Senats auf 50 bis 60 Euro/Jahr als Geschenk für Autofahrer: „Damit beweist die CDU, dass für sie das Auto vor den Menschen kommt.“ Da die Berliner Grünen nicht gerade als Lobby der Autohalter bekannt ist, überrascht nicht, dass die Partei für eine deutliche Verteuerung der Parkgebühren plädiert. Doch die Kritik ist nicht nur Parteipolitik, sondern fußt auf dem 2018 vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossenen Mobilitätsgesetz, nach dem ÖPNV, Fuß und Radverkehr Vorrang vor privatem Autoverkehr haben.

In dem weiterhin geltenden Gesetz finden sich zwar keine Regelungen zu Parkgebühren, wohl aber die konkrete Festlegung auf 100 Kilometer Radschnellwege. Bis auf 13,8 Kilometer sind jedoch sämtliche Planungen dafür bereits im Sommer auf Eis gelegt worden – weil dafür mindestens 350 Millionen Euro im Etat fehlen. Sie fehlen auch, weil der Senat auf Gebühren verzichtet, die in anderen Städten erhoben werden. Auf den Tag gerechnet, kostet Anwohner-Parken in der Hauptstadt nicht einmal 2,8 Cent. Indem der Senat die geplante Anhebung der Gebühren aussetzt, verzichtet er eben auf bis zu 50 Millionen pro Jahr, die dann bei Theatern, Radwegen oder Vergünstigungen für die Ärmsten in der Stadt fehlen.

Kostenpflichtiges Anwohner-Parken wird ausgeweitet: So viele Millionen Euro lässt sich Berlin entgehen

CDU-Fraktionschef Dirk Stettner spricht hingegen von einem angeblich niedrigen Millionenbetrag, den eine „moderate“ Erhöhung der Parkgebühren eingebracht hätte. Deswegen plane man eine Erhöhung erst für das Jahr 2026. Tatsächlich nimmt Berlin mit aktuell 208.000 Anwohner-Parkausweisen rund 2,1 Millionen Euro im Jahr ein. Allerdings werden derzeit zahlreiche neue Parkflächen gebührenpflichtig, so in Charlottenburg und Charlottenburg-Nord.

Allein auf die bestehenden Anwohner-Parkflächen bezogen, hätte die im Januar geplante Erhöhung über 10 Millionen Gebühren eingebracht, bei einer drastische Erhöhung auf 200 Euro wären es fast 42 Millionen – bei einer Ausweitung der gebührenpflichtigen Parkflächen entsprechend mehr.  ■