Auf Augenhöhe ist eine Beschreibung, die im Fußball immer häufiger vorkommt. Am besten dann, wenn ein eigentlich nicht so stark eingeschätztes Team auf ein deutlich stärkeres trifft, sich nach Kräften wehrt und möglichst teuer verkauft. So wie es dem 1. FC Union am vergangenen Spieltag – im Stadion An der Alten Försterei war immerhin der Doublegewinner der Vorsaison und zudem Finalist der Europa League zu Gast – beim 1:2 gegen Bayer Leverkusen gelungen, ein zählbarer Erfolg trotzdem ausgeblieben ist. Auf Augenhöhe ist in diesem Fall dennoch ein Qualitätsmerkmal.
Manchmal jedoch reicht Augenhöhe nicht aus, um den Dreier oder auch nur einen Punkt einzusacken. Vor allem dann, wenn man sich wie die Eisernen seit 2019, seit ihrem Aufstieg in die Bundesliga, mit den Schwergewichten einer Liga misst. Da kann es mal glücken, dass es gegen die Bayern zu einem Punkt reicht oder gegen Dortmund zu einem Sieg, dass Leipzig eine übergebraten bekommt oder Eintracht Frankfurt an den Rand einer Niederlage gerät. Aber auf Dauer? Schwierig!
1. FC Union: Tendenz ist eine Frage des Blickwinkels
Gerade was Augenhöhe angeht, sollte ein Vergleich zum Vorjahr, auch weil das fast am Baum geendet hätte, ein Mutmacher sein. Selbst wenn es mit fünf sieglosen Ligaspielen am Stück und dem Pokal-K.o. nicht gerade gut läuft. Allerdings spielt die Psyche eine wichtige Rolle. Weil es diesmal am 12. Spieltag die erste Heimniederlage der Saison setzte, schmilzt das Polster auf den Tabellenkeller. Die Tendenz: klar negativ.
Am 12. Spieltag der Vorsaison, Erfolgscoach Urs Fischer hatte gerade seinen Rücktritt erklärt, Nachfolger Nenad Bjelica war noch nicht im Amt, dafür Marco Grote und Marie-Luise Eta erstmals gemeinsam für 90 Minuten an der Seitenlinie, hatte es im letzten Moment zu einem 1:1 gegen Augsburg gereicht. Nicht doll zwar, immerhin aber war die Trostlos-Serie von neun Liga-Niederlagen in Folge endlich gestoppt. Die Tendenz damals: fast Glückseligkeit, auf jeden Fall klar positiv.
Die Konstante beim 1. FC Union sind wenig Gegentore
Dabei sprechen die Zahlen eine ganz andere Sprache. Damals: 7 Punkte, Rote Laterne abgegeben, auf Abstiegsplatz 17 geklettert, nahezu unerklärliche 27 Gegentore. Diesmal: 16 Punkte, Platz 11, ein Sechs-Punkte-Plus auf den Relegationsrang, nur 11 Gegentore (allein die Bayern kassierten weniger). Ein leidiges Thema aber ist geblieben: Mit zehn Treffern ist die eiserne Offensive noch um zwei Tore mieser als vor zwölf Monaten, wobei seinerzeit nach zwei Spielen bereits acht Buden gefallen waren und erst danach ein Pfropfen für die Verstopfung gesorgt hatte.

Wiederum ein Jahr zuvor, im Spätherbst 2022, war es noch ganz anders. Mit einem ganz späten 2:1 gegen Borussia Mönchengladbach hatte Danilho Doekhi das Stadion zum Bersten gebracht und sein Team an der Tabellenspitze (!) gehalten. Neun Gegentore waren es, die wenigsten seinerzeit. Und mit 21 Treffern hatten Sheraldo Becker und Kevin Behrens, Janik Haberer und eben Doekhi immerhin eines mehr erzielt als Borussia Dortmund. Das Kuriose daran: Auch das passierte an einem 12. Spieltag.
1. FC Union: Einige Mutmacher gegen die Großen
Erster, Rote-Laterne-Abgeber, Elfter – mehr Rauf und Runter, mehr Achterbahn, geht fast nicht. Stellt sich fast zwangsläufig die Frage: Union, wohin gehörst du wirklich? Tabellenführer? Na gut, zu Beginn eines Spieljahres vielleicht. Um einfach mal kurz auf den Busch zu klopfen. Vorletzter oder gar Schlusslicht? Kann passieren, keine Frage, auch wenn sich niemand danach drängelt. Gutes Mittelmaß, egal ob knapp in der oberen oder knapp in der unteren Hälfte? Schon eher, auch wenn der Blick stets nach oben gerichtet bleiben sollte.

Was Mut machen möge ist die Tatsache, dass es ab und an auch wieder gegen die Großen klappt. Nicht gegen die Bayern, da gab es mit 0:3 die mit Abstand deutlichste Niederlage. Aber alle anderen – 0:1 in Mönchengladbach und Wolfsburg, nun 1:2 gegen Leverkusen – fielen denkbar knapp aus. Dafür gab es das 2:1 gegen Dortmund und je einen Punkt in Leipzig und gegen den aktuellen Tabellenzweiten Frankfurt. Stichwort Augenhöhe.
Stuttgart war mal der Lieblingsgegner des 1. FC Union
Auch am Freitag, wenn die Eisernen beim VfB Stuttgart antreten, ist die Konstellation ähnlich. Hier der Vizemeister und Champions-League-Teilnehmer, da der Herausforderer, der sich beweisen und (endlich mal wieder) belohnen möchte. Bis zum Vorjahr, als es für das Team um Christopher Trimmel in beiden Ligapartien (0:3 und 0:2) und auch im Pokal (0:1) nichts zu holen gab und es nicht einmal zu einem Tor reichte, waren die Schwaben für die Eisernen so etwas wie ein Lieblingsgegner. Die Relegation im Mai 2019 inbegriffen. Vielleicht beginnt die Geschichte wieder neu. Zumindest die Tabelle – der VfB hat als Neunter nur einen Punkt mehr – lässt vermuten, dass es ein Duell auf Augenhöhe geben könnte. ■