Pokal und 1. FC Union – das ist für die Altvorderen vor allem 1968 der Triumph im Finale gegen den frischgebackenen DDR-Meister Carl Zeiss Jena. Pokal und 1. FC Union – das ist für die nicht ganz so Alten das epische Halbfinale 1986 gegen Dynamo Dresden mit einem fast nicht erklärbaren 4:3-Husarenritt in Elb-Florenz nach vorheriger 1:2-Heimniederlage und nicht so sehr das Endspiel, weil es dort gegen den 1. FC Lokomotive Leipzig ein 1:5 gab.
Pokal und 1. FC Union – das ist für die etwas jüngere Generation der nicht aufzuhaltende Marsch eines Drittligisten ins Finale 2001 gegen Schalke und trotz der 0:2-Niederlage ein Spiel auf Augenhöhe mit dem „Meister der Herzen“, der die Königsblauen eine Woche zuvor auf für sie dramatische und tränenreiche Weise geworden waren.
Der 1. FC Union spielt seit zwei Jahren im Pokal mal wieder zu Hause
Pokal und 1. FC Union – das ist mit der Partie am Mittwoch gegen Arminia Bielefeld, im Kampf um den Pott das erste Heimspiel seit einem 2:1 gegen Wolfsburg Ende Januar 2023, was von heute, damit auch etwas für die Jungen und für die ganze derzeitige Union-Familie.
Allein diese Aufzählung zeigt, dass die Pokalgeschichte der Eisernen vor Triumphen nicht gerade überkocht. Ein Anhänger der Rot-Weißen behält selbst ohne Excel-Tabelle die Übersicht. Die sichtbaren Erfolge sind, das Vordringen ins Halbfinale 2022 und das hauchdünne Aus dort in Leipzig inbegriffen, an den Fingern einer Hand abzuzählen. Schließlich sahen sich die Köpenicker im Kampf David gegen Goliath häufig in der Rolle desjenigen mit der Schleuder. Doch der hat seinen übermächtigen Gegner, anders als in der biblischen Geschichte erzählt, nicht gar so häufig aufs Kreuz gelegt.

Für den 1. FC Union ist Blamage näher als der Triumph.
Dennoch bleibt Pokal oft ein Spagat zwischen Pflichtsieg und Blamage. Seit Jahren, spätestens seit dem Aufstieg in die Bundesliga, muss sich der 1. FC Union allerdings gefallen lassen, dass die Gegner nun ihn in die Goliath-Kleider stecken und die Blamage näher ist als der Triumph.
Nicht immer ist das angenehm. Und längst nicht immer erfolgreich. In bisher sechs Versuchen, als Bundesligist die 2. Runde zu überstehen, kam für die Männer um Kapitän Christopher Trimmel dreimal das Aus. 50 Prozent Schlamassel sind das.
Auf noch dünnerem Eis bewegen sie sich, wenn sie sich bei ihren Zweitrunden-Bauchklatschern die Gegner anschauen: im Herbst 2020 der gerade wieder in die Zweitklassigkeit abgestiegene SC Paderborn, beim 2:3 sogar im Stadion An der Alten Försterei; drei Jahre später beim 0:1 in Stuttgart immerhin ein damals aufstrebender VfB; vor zwölf Monaten beim 0:2 in Bielefeld ein Drittligist. Aus allen Ligen ist etwas dabei, und zweimal grinste die Blamage sich eins.
Der Berliner ist geneigt zu sagen: Nachtigall, ick hör dir trapsen. Der Pokalschreck aus der Vorsaison, der mit seinem Sieg über die Eisernen einen in seiner Vereinshistorie einmaligen Lauf startete, der nach Siegen über drei weitere Erstligisten (Freiburg, Bremen, Leverkusen) erst im Finale (2:4 gegen Stuttgart) gestoppt wurde. In großen Zügen erinnert das an den 1. FC Union aus dem Pokaljahr 2000/01, als auch die Eisernen offiziell als Noch-Drittligist im Olympiastadion aufliefen, den Aufstieg in die 2. Bundesliga aber längst in der Tasche hatten.
Bielefeld war vergangenes Jahr für den 1. FC Union gar nicht gut
Es braucht kaum etwas, um das Wiedersehen genau ein Jahr später als Revanche anzusehen. Die Warnung von Bielefeld gilt vor allem vor Bielefeld. Bloß kein Déjà-vu! Es war, als ob den Eisernen mit dem Pokal-Aus die Luft abgeschnürt worden sei. Von einem Moment auf den anderen ging nichts mehr. Neun Spiele ohne Sieg inklusive Trainerwechsel von Bo Svensson zu Steffen Baumgart folgten. Aus sieben Niederlagen und zwei Unentschieden gab es dennoch nur einen Punkt. Sie wissen schon, dieses 1:1 gegen Bochum …
Pokal kann demnach eine Weiche sein. Beim einen gut fürs Weiterkommen, beim anderen mies für die nächsten Wochen. Hier, siehe Arminia, zum Höhenflug, dort, siehe Union, zum Absturz. Zum Zeitpunkt des K.o. lagen die Rot-Weißen auf Rang 4, nach der Neun-Spiele-Durststrecke waren sie auf Rang 13 und in den Tabellenkeller abgeschmiert.



