Union-Kolumne

Erlebt Jakob Busk seinen Union-Traum gegen den 1. FC Union?

Der Torwart blieb beim 1. FC Union in der Bundesliga ohne Einsatz. Nun kehrt er zurück, zur TSG Hoffenheim, dem nächsten Gegner der Eisernen

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Torhüter Jakob Busk (31) wurde von den Fans des 1. FC Union im Mai 2024 mit ganz viel Gänsehaut-Momenten verabschiedet.
Torhüter Jakob Busk (31) wurde von den Fans des 1. FC Union im Mai 2024 mit ganz viel Gänsehaut-Momenten verabschiedet.Contrast/imago

Es sind Rekorde, Titel und Triumphe, die den Sport ausmachen. Nicht nur den auf höchstem Niveau. Den nötigen Ehrgeiz inbegriffen. In manchem Fall kommen Medaillen hinzu. Am besten die aus Gold. Weil, so die Meinung mancher Zeitgenossen, der Zweite nichts weiter sei als der erste Verlierer. Diejenigen, die so denken, haben wahrscheinlich nie etwas von Michael Edwards gehört, dem Engländer, der als Eddie the Eagle für Schmunzeln auf den Sprungschanzen dieser Welt sorgte, weil er immer schon dort kachelnd landete, wo die Spitzenleute Aufwind bekommen und erst richtig zu fliegen beginnen. Das ist eine Sache von gesundem Selbstbewusstsein. Noch mehr eine des Humors.

Ganz so humorig sehen Fußballer so etwas meist nicht. Erst recht nicht solche, die schon weit oben sind. Weil sie ganz nach oben wollen, auf einen imaginären Thron, auf den es ohnehin nur die Allergrößten schaffen. Die von der Sorte Pelé und Franz Beckenbauer, Johan Cruyff und Diego Armando Maradona, Cristiano Ronaldo und Lionel Messi.

1. FC Union: Rönnow kennt Busk-Situation gut

Viele, die ebenso das Zeug zum Helden haben, bleiben trotzdem Unvollendete. Ohne großen Titel oder persönliche Ehrung, die oberhalb dessen liegt, nationaler Fußballer des Jahres zu werden. Uwe Seeler war so einer, obwohl er das nie so sah, weil er bestrebt war, ein angenehmer, bodenständiger, sympathischer Mensch zu bleiben. Oder Michael Ballack, viele Jahre Anführer des DFB-Teams. Aber WM-Titel, EM-Trophäe, für den Hamburger ein Triumph im Europapokal oder für den Chemnitzer einer in der Champions League? Nichts von alledem war „Uns Uwe“ vergönnt und dem Capitano auch nicht.

Legendär: Die Fans des 1. FC Union feiern Ersatztorhüter Jakob Busk im Alles-oder-Nichts-Spiel am letzten Spieltag gegen den SC Freiburg für seine Treue.
Legendär: Die Fans des 1. FC Union feiern Ersatztorhüter Jakob Busk im Alles-oder-Nichts-Spiel am letzten Spieltag gegen den SC Freiburg für seine Treue.Nordphoto/imago

Einige Etagen tiefer geht es beim 1. FC Union vielleicht Frederik Rönnow so. Lange hat er gebraucht, um sich in der Bundesliga durchzubeißen. Nie hat er aufgegeben. Höchstens im Team von Danish Dynamite. Acht Jahre hat er dazugehört, bis er vorigen Herbst nach je zwei Teilnahmen an WM- und EM-Endrunden, aber lediglich zehn Länderspielen, keinem davon jedoch bei einem seiner vier großen Turniere, Farvel gesagt hat oder Hej Hej. Im Reinen mit sich ist er trotzdem. Auch weil er beim 0:0 zuletzt gegen Leipzig in den Kasten zurückgekehrt ist und zum fünften Mal in diesem Spieljahr die Null hielt.

Jakob Busk wartete beim 1. FC Union achteinhalb Jahre

Da gibt es aber noch einen mit Union-Vergangenheit, der in die Kategorie der Unvollendeten passt, wenn auch auf eine völlig andere Art. Man sollte den Hut vor ihm ziehen und ihn ob seiner Ausdauer und Hartnäckigkeit bewundern. Viele andere hätten längst die Flinte ins Korn geworfen. Nicht aber Jakob Busk, wie Rönnow Torhüter und wie die Nummer 1 der Eisernen Däne. Anfang 2016 kam Busk und blieb achteinhalb Jahre in Köpenick. Nur: Sein letztes Pflichtspiel für die Eisernen liegt ewig lange zurück. 7. April 2018, ein 0:0 gegen den MSV Duisburg war es, als der Trainer André Hofschneider hieß. Danach: Nichts. Nicht im Jahr des Bundesliga-Aufstiegs und nicht danach. In fünf Spielzeiten in der Bundesliga saß er in 21 Spielen auf der Bank.

Für viele grenzt das an Masochismus. Die größte Aufgabe dabei muss nicht der Körper übernehmen, sondern der Kopf. Sich zusammenreißen, um nicht die Lust zu verlieren. Immer alles geben, falls die Chance auf einen Einsatz unverhofft doch kommt. Ansonsten aber: Bloß nicht den Humor verlieren. Busk – der vollendet Unvollendete.

1. FC Union: Jakob Busk in Hoffenheim auch nur Ersatz

Vielleicht aber doch nicht. Wie aus dem Nichts ergibt sich für den Schlussmann so etwas wie eine zweite Chance. Auch noch bei der TSG Hoffenheim, zufällig am Sonnabend Gastgeber für den 1. FC Union. Weil sich TSG-Keeper Oliver Baumann an der Plantarfaszie verletzt hat, auch bekannt als Fersensporn, sahen die Kraichgauer Handlungsbedarf und kamen auf den Ex-Unioner, der das vergangene halbe Jahr beim dänischen Erstliga-Aufsteiger Sönderjyske im Kasten stand.

Das ist eine jener Geschichten, von der man sagt, dass nur der Fußball sie schreibt. Für Busk ist es weit mehr. Es wäre die Erfüllung eines Lebenstraums, den selbst er längst ausgeträumt wähnte. Endlich wäre Busk kein Unvollendeter mehr. Sollte es gar am Wochenende gegen die Eisernen klappen, wäre das alles hart an der Grenze zum Kitsch. Oder ein Märchen, bei dem sogar Hans Christian Andersen, Dänemarks größter Erzähler solcher Geschichten, seiner Fantasie auf die Sprünge hätte helfen müssen. ■