Abend des Grauens

Eiserne Gefahr: Redet sich der 1. FC Union das BVB-Debakel schön?

Das Team von Trainer Steffen Baumgart kommt in Dortmund am Ende böse unter die Räder. Doch eigentlich war die Leistung über die gesamten 90 Minuten zum Vergessen.

Author - Sebastian Schmitt
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Ohne die Paraden von Torhüter Frederik Rönnow (32) wäre der 1. FC Union noch viel heftiger in Dortmund unter die Räder gekommen.
Ohne die Paraden von Torhüter Frederik Rönnow (32) wäre der 1. FC Union noch viel heftiger in Dortmund unter die Räder gekommen.Matthias Koch/imago

Das Debakel von Dortmund sorgt für bedröppelte Mienen beim 1. FC Union. Trainer Steffen Baumgart (53) und auch einige Union-Profis gehen nach dem 0:6 beim BVB zwar hart mit sich ins Gericht. Doch so richtig will das eiserne Fazit zum Abend des Grauens nicht passen. 

Keine Frage, in Dortmund kann man verlieren. Auch eine Klatsche haben schon viele Klubs im Signal Iduna Park kassiert. Dass der BVB sich in einer heftigen Sinnkrise befindet und seit Monaten seine PS nicht auf den Platz bekommt, spielt dabei keine Rolle. Im Gegenteil: Dortmunds Wut der vergangenen Wochen bekam Union so richtig zu spüren.

So weit, so gut. Oder auch schlecht. Was den Auftritt des 1. FC Union jedoch wirklich bedenklich macht, ist die Tatsache, dass die Eisernen sich trotz ihrer Chancenlosigkeit lange Zeit im Spiel wähnten.

Union hatte beim BVB nur eine Torchance

Baumgart: „Die erste Halbzeit war aus meiner Sicht in Ordnung von uns. Wir sind sehr gut aus der Halbzeit gekommen, hatten zwei bis drei gute Ansätze und Möglichkeiten, die nicht über die Linie gegangen sind.“ Verteidiger Danilho Doekhi (26) sah es ähnlich: „Nach dem 0:2 haben wir versucht, das 1:2 zu machen und zurück in das Spiel zu kommen und hatten auch ein paar Möglichkeiten.“

Die Profis des 1. FC Union ließen in Dortmund alles vermissen und wurden vom BVB beim 0:6 teilweise brutal vorgeführt.
Die Profis des 1. FC Union ließen in Dortmund alles vermissen und wurden vom BVB beim 0:6 teilweise brutal vorgeführt.Matthias Koch/imago

Fakt ist: In den gesamten 90 Minuten gegen den BVB kam Union nur ein einziges Mal gefährlich vor das Dortmunder Tor. Stürmer Benedict Hollerbach (23) zwang aus spitzem Winkel – und beim Stand von nur 0:1 aus Union-Sicht – BVB-Keeper Kobel zumindest zu einer Parade (35.). Mit viel eisernem Wohlwollen kann man noch die Aktion des eingewechselten Laszlo Benes (27) dazuzählen, der in der zweiten Halbzeit Emre Can im Strafraum anschoss und so fast ein Eigentor provozierte (59.).

Union kommt offensiv einfach nicht in die Gänge

Kurzum: Anstatt der Anschlusstreffer für Union in der Luft lag, hatte vielmehr der BVB beste Chancen, seine 2:0-Führung auszubauen – bereits vor der Pause und auch in den ersten zehn Minuten nach Wiederanpfiff. Zwar gingen beim 1. FC Union alle wegen der schlimmen Schlussphase hart mit sich selbst ins Gericht. Zur Wahrheit gehört aber: Das Debakel hätte noch viel höher ausfallen können. Über das gesamte Spiel hinweg hatte der BVB Chancen für einen 10:0-Sieg.

Union-Trainer Steffen Baumgart (53) gibt zu, dass er an der derben Pleite beim BVB zu knabbern hat.
Union-Trainer Steffen Baumgart (53) gibt zu, dass er an der derben Pleite beim BVB zu knabbern hat.Jan Huebner/imago

Die eigene Harmlosigkeit ist das eine – und nichts Neues. Daran haben sich Union-Fans in dieser Saison längst gewöhnt. Egal, ob unter Bo Svensson oder nun Baumgart: Unions Offensivspiel funktioniert einfach nicht richtig.

1. FC Union kassiert unter Baumgart zwei Tore pro Spiel

Dass nun aber auch die Leistung in der Defensive immer dürftiger wird – und eben nicht nur in den letzten 15 Minuten – sollte Union in Alarmbereitschaft versetzen. Kassierte Union in 15 Svensson-Spielen bereits 19 Gegentore, klingelte es unter Baumgart in acht Spielen ganze 16 Mal. Mit zwei Gegentoren im Schnitt pro Spiel lässt sich in der Bundesliga nur schwer punkten.

Besonders bedenklich: In Dortmund ließ der 1. FC Union die berühmten eisernen Tugenden völlig vermissen. Intensität, Zweikampfhärte und Kompromisslosigkeit? Fehlanzeige!

1. FC Union: Sieg gegen Kiel oder es wird wieder ungemütlich

Das Gute: Anders als Svensson setzt Baumgart auf ausgiebige Videoanalysen. Auch wenn die Aufarbeitung des Debakels in Dortmund länger dauern und wehtun wird – vielleicht hilft es ja. Baumgart muss die richtigen Worte finden, nachdem er in Dortmund noch sprachlos war: „Es kann sich jeder vorstellen, dass ich an diesem Ergebnis zu knabbern habe.“

Klar ist: Union muss am Sonntag, wenn der Tabellenletzte Holstein Kiel um 15.30 Uhr in Köpenick aufschlägt, ein ganz anderes Gesicht zeigen. Leisten sich die Eisernen weiterhin so viele haarsträubende Fehler, droht die Saison noch richtig ungemütlich zu werden.