Duelle gegen RB Leipzig bewegen seit Tag eins die Gemüter des 1. FC Union. Trainer Steffen Baumgart (53) weiß um die Brisanz, fordert für den verhassten Gegner aber dennoch Respekt. Außerdem will Baume von einem Ost-Derby nichts wissen und hat auch zu der Ost-West-Debatte in Deutschland eine klare Meinung.
Baumgart ist Unioner durch und durch. Insofern weiß der Trainer, dass am Sonnabend, wenn der Ball in der Alten Försterei ab 18.30 Uhr rollt, die Union-Fans die ersten 15 Minuten aus Protest schweigen werden. Die Köpenicker sehen den aus dem Boden gestampften Klub aus Sachsen als reines Marketingkonstrukt eines Brauseherstellers und lehnen das „Red-Bull-Konstrukt“ entsprechend ab.
Baumgart würde sich sicherlich wünschen, dass seine Spieler von der ersten Minute an angefeuert werden. Den traditionellen eisernen Stimmungsboykott nimmt er trotzdem gelassen zur Kenntnis und scherzt: „Das haben wir alle schon erlebt, da wird man mich in der ersten Viertelstunde sehr gut hören können.“
1. FC Union: Steffen Baumgart fordert Respekt für RB Leipzig
Apropos Tradition: „Das Historiengerede lassen wir weg“, sagt Baumgart durchaus überraschend und sorgt danach wohl bei vielen Unionern für noch mehr Verwunderung: „Es mag nicht jeder hören wollen, aber Leipzig hat sich etabliert. Und das haben sie professionell gemacht. Das gilt es zu akzeptieren und zu respektieren, auch wenn man es nicht gut finden muss. Das Stadion dort ist fast immer ausverkauft. Sie arbeiten sehr gut und das bereits über einen langen Zeitraum.“

Dass das viele beim 1. FC Union – und vor allem die Fans der Köpenicker – ganz anders sehen, weiß Baume: „Das Spiel hat viel Brisanz. Aber ein Ost-Derby ist es, für die meisten, die ich kenne, eher nicht. Mit dem Begriff wäre ich vorsichtig.“
Steffen Baumgart von Ost-West-Debatte genervt
Die Zurückhaltung legt Unions Trainer dafür bei einem anderen Thema ab. Auf die Frage, wie sehr ihn seine DDR-Herkunft geprägt hat oder noch prägt, holt Baumgart aus. „Ich weiß, wo ich geboren bin, und weiß auch, wo und wie dieser Verein entstanden ist“, erklärt der Rostocker, der neben dem gebürtigen Leipziger Rose (48) der einzige Trainer ist, der in Ostdeutschland das Licht der Welt erblickte. „Trotzdem bin ich mittlerweile länger in Gesamtdeutschland zu Hause als in der DDR. Ich finde, wir sollten langsam mal von einem und nicht mehr von zwei Ländern sprechen. Das kommt mir immer viel zu kurz.“
Entsprechend zeigt Baume sich von der immer wieder aufflammenden Ost-West-Debatte genervt: „Ich finde, wir haben in den letzten Jahren viel Positives erreicht, auch wenn wir mehr über das Negative reden. Deswegen rede ich lieber von der Gesamtdeutscheneinheit als von Ost und West.“
Marco Rose erinnert sich nicht an Baumgart-Grätsche
Übrigens: Trotz seines Union-untypischen Lobes für RB muss Baume vor dem Duell eine kleine Stichelei aus Leipzig einstecken, nachdem er bei seiner Vorstellung als neuer Union-Trainer Anfang Januar erzählt hatte, wie er bereits als Spieler in seinem ersten Union-Spiel am 10. August 2002 zum Fan-Liebling aufstieg: „Ich bin 20 Minuten vor Schluss reingekommen und hab am schönen Häuschen das erste Tackling gemacht. Und Marco Rose war mein Opfer. Danach stand der ganze Block. Und danach ist eine Liebe entstanden, die nie wieder weggegangen ist.“
Rose, der seit 2015 und dem Trainerlehrgang des DFB mit Baume befreundet ist und damals das Mainz-Trikot trug, kann (oder will) sich vor dem Duell an die Baumgart-Grätsche jedenfalls nicht mehr erinnern: „Das hat Baumi geträumt.“ ■