Keine Frage, zumindest vor dem Anpfiff in Stuttgart war Bo Svensson (45) bestens gelaunt – und das, obwohl er beim VfB auf seinen Abwehrchef Kevin Vogt (33) verzichten musste. Nach spektakulären und aus Sicht des 1. FC Union am Ende ganz bitteren 98 Minuten und der 2:3-Pleite am Neckar ist der eiserne Cheftrainer dagegen maximal bedient. Und lässt das jeden spüren.
Vor dem Duell beim VfB Stuttgart war Svensson ganz offensichtlich guter Dinge. Unions Cheftrainer hatte sich einen Matchplan überlegt, der ihn positiv stimmte, nach zuletzt sechs sieglosen Spielen und zwei Pleiten in Folge auch ohne Vogt, der sich in Berlin einer Zahn-OP unterziehen musste, endlich wieder zu punkten. So sehr, dass er unmittelbar vor dem Anpfiff sogar noch über Vogts Fehlen scherzte: „Er muss besser Zähne putzen.“
Union-Trainer Bo Svensson wird für Interview kritisiert
Nach dem Spiel war von Svenssons guter Laune verständlicherweise nichts mehr übrig. Extrem schmallippig stellte er sich seiner Verpflichtungen, nach dem Spiel für Interviews zur Verfügung zu stehen. Dass er dazu keine Lust hat, lässt Svensson bei jeder Frage raushängen. Zuerst am Spielfeldrand, danach in den Katakomben der Mercedes-Benz-Arena.
„Da waren heute viele richtig gute Sachen dabei bei Ihrer Mannschaft – eine starke erste Halbzeit. Was ärgert Sie jetzt nach den 90 Minuten am meisten?“, wird er von Dazn-Reporter Mario Rieker gefragt. Svenssons Antwort: „Dass wir verloren haben.“ Rieker probiert es weiter positiv: „Was ist Ihnen denn zumindest offensiv heute am besten gelungen?“ Svensson: „Dass wir zwei Tore geschossen und 2:0 geführt haben.“

Danach fragt Rieker Svensson, der kurz vor Schluss von Schiedsrichter Tobias Welz verwarnt worden war, nach dem Grund: „Sie waren am Schluss unzufrieden, haben sich eine Gelbe Karte abgeholt. Ging es da um eine spezielle Szene oder generell um die Spielleitung des Schiedsrichters?“ Svensson: „Generell.“ – „Wie meinen Sie das genau?“ – „Übergeordnet. Ich fand, dass es sehr viel in eine Richtung ging.“
Bo Svensson ist der Frust in Stuttgart ins Gesicht geschrieben
Der Reporter probiert ein letztes Mal, ein Gespräch zu führen: „Ihr Spieler Andras Schäfer hat eben gesagt, dass es sehr viele positive Dinge gab, die er mitnehmen möchte ins nächste Wochenende. Welche wären das aus Ihrer Sicht?“ Svensson bleibt seiner schmallippigen Art treu und stellt lieber eine Gegenfrage: „Das hat doch Andras gesagt, oder?“ Danach ist das Interview beendet.
Ganz klar: Svensson will nach der bitteren zweiten Halbzeit, in der seine Mannschaft leichtfertig eine 2:0-Führung verspielt und am Ende das dritte Mal in Folge als Verlierer vom Platz geht, nur noch weg aus Stuttgart.
TV-Experte vermisst Svenssons Einschätzung zum Spiel
Für seinen Auftritt wird Svensson von Dazn-Experte und Ex-Profi Sebastian Kneißl kritisiert: „Ich verstehe, dass er gefrustet ist. Ich finde seine Reaktion aber nicht gut. Mario macht nur seinen Job und natürlich wollen wir seine Stimme und seine Einschätzung dazu hören. Ich kann den Frust verstehen, aber ein bisschen mehr hätte ich mir schon gewünscht.“
Svensson bleibt seiner wortkargen Linie auch auf der Pressekonferenz treu. Das übliche Fazit nach dem Spiel will er nicht ziehen. „Glückwunsch an Sebastian und Stuttgart zum Sieg. Von meiner Seite gibt es nicht viel mehr zu sagen.“ Auch auf die Nachfrage, was sein Gedanke gewesen sei, Linksfuß Robert Skov für Kapitän Christopher Trimmel auf der rechten Seite spielen zu lassen, antwortet Svensson wenig aussagekräftig: „Robert hat ein bisschen andere Möglichkeiten im Spiel mit dem Ball.“
1. FC Union: Khedira und Schäfer geben mehr Auskunft
Anders als der Cheftrainer hatten die Mittelfeldspieler Rani Khedira und Schäfer deutlich mehr zu sagen, wenngleich auch ihnen der Frust ins Gesicht geschrieben war: „Wir haben eigentlich ein gutes Spiel gemacht, das wir aber komplett aus der Hand gegeben haben. Es ist unerklärlich und unfassbar dumm“, sagte Khedira über den Spielverlauf.
Schäfer ärgerte sich über die ersten beiden Gegentreffer und ist aufgrund der verspielten 2:0-Führung maximal enttäuscht: „Diese zwei, drei Fehler, bei denen Stuttgart vor ihren Toren durch die Mitte gespielt hat, müssen wir einfach vermeiden. Ich denke, dass wir trotz der Niederlage ein gutes Spiel gemacht haben. Mit zwei eigenen Toren hätten wir hier aber gewinnen müssen.“ ■