KURIER-Kolumne „Wir ♥ Tiere“

Vorsicht, Schnecke! Trend-Haustier überträgt den Ratten-Lungen-Wurm

In den sozialen Netzwerken sind Riesen-Schnecken momentan besonders beliebt. Doch Experten warnen vor der Haltung der schleimigen Tiere.

Teilen
Riesenschnecken sind das Trend-Haustier schlechthin - aber die Haltung birgt Gefahren. Experten warnen davor, dass die Tiere Krankheiten übertragen.
Riesenschnecken sind das Trend-Haustier schlechthin - aber die Haltung birgt Gefahren. Experten warnen davor, dass die Tiere Krankheiten übertragen.Funke Foto Services/imago

Es wird immer behauptet, die Deutschen lieben Tiere – aber wenn man sieht, welche Trends sich im Bereich der Tierhaltung immer wieder entwickeln, kann man an dieser Behauptung auch leicht zweifeln. Ich bin regelmäßig schockiert, wenn ich lese, vor welchen Dingen Tier-Experten so warnen müssen. Erst in den vergangenen Tagen gab es wieder mehrmals Meldungen, die mich zum Nachdenken anregten. Ich weiß, ich habe diese Frage in meiner Kolumne schon mehrfach gestellt, aber ich tue es gern wieder: Warum?

Das aktuellste Beispiel: Erst gestern las ich, dass momentan auf die Gefahren hingewiesen wird, die von der Afrikanischen Riesenschnecke ausgehen. Ich persönlich hatte von diesem Tier noch nie etwas gehört. Falls es Ihnen auch so geht: Es handelt sich dabei um eine Schnecken-Familie, die vor allem in Norden von Afrika verbreitet ist, vom Senegal im Westen über die Region des Tschadsees bis nach Süd-Äthiopien und Somaliland im Osten. Der Körper ähnelt der Weinbergschnecke, nur tragen diese schönen Tiere ein bis zu 20 Zentimeter langes Haus mit sich herum.

Die Haltung von Riesenschnecken ist momentan ein echter Tier-Trend

Und das gefällt deutschen Haustierhaltern natürlich besonders gut – die Haltung der Schnecken ist deshalb inzwischen ein echter Trend. Vor allem in den sozialen Medien ist ein regelrechter Hype um die riesigen, schleimigen Tiere entbrannt – und wer bei Google nach „Afrikanische Riesenschnecke“ sucht, der bekommt sofort den Zusatz „kaufen“ angezeigt. Experten warnen nun, dass die Schnecken Krankheiten übertragen können, beispielsweise den Ratten-Lungen-Wurm, der bei Menschen eine Hirnhautentzündung auslösen kann. 36 Krankheitserreger seien bei den Tieren bekannt – und zwei Drittel davon seien auf den Menschen übertragbar.

Die Riesenschnecken gehören eigentlich in die freie Natur, werden aber von immer mehr Menschen als Haustier gehalten.
Die Riesenschnecken gehören eigentlich in die freie Natur, werden aber von immer mehr Menschen als Haustier gehalten.imagbroker/imago

Warum diese Warnung? Genau bei dieser Frage kommen wir zum Punkt. „Die sozialen Netzwerke sind voll von Fotos von Menschen, die Tiere mit ihrer Haut oder sogar ihrem Mund berühren“, sagt Forscherin Cleo Bertelsmeier von der Universität Lausanne. Zudem seien viele davon überzeugt, dass der Schleim der Schnecken gut für die Haut sei – dadurch können die Erreger aber übertragen werden. Es gebe auch Halter, die die Schnecken beispielsweise ihren Kindern aufs Gesicht setzen – sie seien sich nicht bewusst, welches Risiko das bergen könnte.

All das ist für mich wieder ein Beispiel für einen völlig unnötigen Social-Media-Trend, mit dem die Menschen zeigen, wie unmöglich sie eigentlich sind. Nennen Sie mich altmodisch, aber für mich gehören Afrikanische Riesenschnecken in ihren natürlichen Lebensraum – und bestenfalls in einen Zoo, damit man sie sich dort in kontrollierter Umgebung anschauen kann. Aber nicht ins Terrarium bei den Müllers von Nebenan, wo sie beim Geselligen Wein-Abend zur Party-Attraktion werden, damit am Ende noch ein gutes Video bei Tiktok dabei herumkommt.

Tierischer Trend: Auch Mini-Schweine werden von immer mehr Menschen gehalten

Doch solche Fälle gibt es immer wieder: Neulich berichteten wir im KURIER über einen Gnadenhof für Schweine in der Lüneburger Heide – hier warnten Tierschützer davor, dass immer mehr Menschen Mini-Schweine als Haustiere halten. Die anfänglich süßen Tiere werden aber trotzdem mit der Zeit größer, müssen gut versorgt und gepflegt werden. Und wie so oft willen die Besitzer sie loswerden, wenn ihnen der Aufwand zu groß wird. So wird es auch bei den Schnecken sein: Ich bin gespannt, wie viele davon in der freien Natur ausgesetzt werden, wenn die Meldungen über die Gefahren der Tiere ihre Kreise ziehen. Und dann?

Und nun zurück zur Frage vom Beginn: Warum tun Menschen so etwas? Ich frage mich das immer wieder, merke aber auch, wie ich langsam müde werde. Vor ein paar Tagen fanden Polizisten bei einer Kontrolle in der Schweiz übrigens eine zweieinhalb Meter lange Riesenschlange in einem Auto – was genau die Besitzer mit dem Tier wollten, ist unklar. Und: In Mecklenburg-Vorpommern stahlen Unbekannte in der vergangenen Woche 30 Enten aus einem Freigehege – zufälligerweise etwas mehr als einen Monat vor Weihnachten. All diese Geschichten vereint eines: Menschen kommen auf wahnsinnig dumme Ideen. Die Leidtragenden sind die Tiere.

Florian Thalmann schreibt jede Woche im KURIER über Tiere.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com