Bei Sport und Kuba klingeln ganz große Namen. Teofilo Stevenson ist sofort präsent. Oder Javier Sotomayor. Oder Ivan Pedroso. Aber egal, wen man noch aufzählt: Box-Champion Stevenson überragt.
Der dreifache Olympiasieger (1972, 76, 80) war der Meister seiner Zunft. So groß wie Muhamad Ali. Mindestens. Wenn nicht größer. Den Vergleich hat es trotz einiger Anläufe nie gegeben. Weil Stevenson nicht gegen das 1962 von Revolutionsführer Fidel Castro verfügte Profisport-Verbot verstoßen wollte. Verloren hat er ganz selten. Zwei DDR-Boxer schafften dieses Kunststück. Bernd Anders vom TSC Berlin 1970 und Uli Kaden in den 80er-Jahren. Hochsprungstar Javier Sotomayor und Weitsprung-Legende Ivan Pedroso hatten es in den 90er-Jahren deutlich einfacher. Kuba hatte sich geöffnet, sie besiegten regelmäßig alle Stars der Szene.

Fünf Olympiasiege in Folge in der gleichen Disziplin
Ein Kubaner stellt jetzt alle seine Landleute, ja alle Sportler bei Olympischen Spielen, in den Schatten. Ringer Mijain Lopez. „El Terrible“, der Schreckliche, hatte den Olymp erreicht - und von dort schaut er nun auf einige Legenden herab. Mit seinem Sieg über den Chilenen Yasmani Acosta Fernandez krönte sich Superschwergewicht Lopez zum fünften Mal nacheinander in ein und derselben Disziplin zum Olympiasieger. Das ist außer ihm niemandem gelungen, nicht bei Sommer- und auch nicht bei Winterspielen. Carl Lewis hat viermal in Folge den Weitsprung gewonnen, Michael Phelps viermal nacheinander Gold über 200 m Freistil geholt. Doch der fünfte Triumph, der gelang niemandem. Und dann kam Lopez.
Mit 41 Jahren und nach vier Bandscheibenvorfällen verkörpert Lopez noch immer Weltklasse. Eine einmalige Konstanz, nur eine Niederlage in 20 Jahren bei sechs Olympischen Spielen kassierte der Zwei-Meter-Mann. 2004 in Athen war das, im Viertelfinale gegen den Russen Chassan Barojew. Danach siegte Lopez 2008 in Peking, 2012 in London, 2016 in Rio, 2021 in Tokio und legte eine Pause ein - bis Paris.
Kubas Ringer kam nach drei Jahren Pause mit 41 Jahren gewaltig zurück
Er selbst beschrieb es so: „Peking - Jugend. London - Neubeginn. Rio - Aufwand. Tokio - Opfer. Paris - Freude.“ Für solch eine einmalige Serie müsse „man seinen Sport lieben, seinen Job lieben und der Welt zeigen, dass man mit wenig Großes erreichen kann“. Man muss nur hart genug arbeiten. Für sein letztes großes Ziel hatte Lopez noch einmal angefangen zu trainieren, auf der Matte, im Kraftraum, auch wenn es wehtat. „Die Müdigkeit ist da, der Schmerz im Körper ist da, also muss der Geist stark sein, die Motivation muss noch stärker sein“, sagte er.
Die Motivation zog Lopez aber nie aus der Gier nach Rekorden, glaubt man seinem Trainer. „Er ist nicht sehr an Ruhm interessiert“, sagte Raul Trujillo. „Er tut dies aus Liebe zu seinem Sport, zu seinem Vergnügen.“ Aber: „Wenn Gott ihm die Gelegenheit gab, der Größte in der Geschichte zu sein, warum sollte er sie nicht nutzen?“

Eine sechste Goldmedaille wird es allerdings nicht geben, das kündigte Lopez vor dem großen Finale in Paris an. „Wir müssen Platz für die nachkommenden Youngster schaffen, für Kontinuität“, sagte er: „Das Ringen hat mein Leben bestimmt, Ringen war die Liebe meines Lebens.“ Der „Gigant aus Herradura“ kann nach Hause gehen in sein Dorf im Westen Kubas. Er muss nicht mehr kämpfen. ■