Alter schützt vor Leistung nicht

Die Oldies bei Olympia - als bärtige Männer den „Laufenden Hirsch“ erlegten

Eine Australierin (69) ist Rentnerin, ein Brite mit 50 der Kindergartencop und eine Chinesin feiert mit 58 Jahren ihr Debüt.

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Schwedens Sieger im  Mannschaftsschießen auf laufende Hirsche bei den Olympischen Spielen 1912:  Tore Swahns (Vater), Alf Swahn und sein Großvater Oscar Gomer Swahn (v.l.) Rechts: ein namentlich nicht genanntes Teammitglied.
Schwedens Sieger im Mannschaftsschießen auf laufende Hirsche bei den Olympischen Spielen 1912: Tore Swahns (Vater), Alf Swahn und sein Großvater Oscar Gomer Swahn (v.l.) Rechts: ein namentlich nicht genanntes Teammitglied.TT/Imago

Im Jahr 1920, bei den Sommerspielen von Antwerpen, betrat ein gewisser Oscar Swahn zum dritten Mal die olympische Bühne. Der 1847 geborene Sportschütze schnappte sich in der allseits beliebten Disziplin „Laufender Hirsch“, in der er 1908 und 1912 schon Gold gewonnen hatte, die Silbermedaille – und stellte nebenbei einen Rekord auf, der mehr als ein Jahrhundert überdauern sollte: Mit 72 Jahren und 279 Tagen wurde der Schwede zum bis heute ältesten Olympiateilnehmer. Swahn, der seinem Sport stets mit grauem Bart und adretten Hut nachging, mag seitdem unerreicht sein, dennoch trotzen bis heute zahlreiche Olympioniken dem Alter. Auch 2024 wieder.

Mary Hanna (69/Australien/Reiten)

Australiens Mary Hanna bei einem Dressur-Ritt in Hagen.
Australiens Mary Hanna bei einem Dressur-Ritt in Hagen.osnapix/Imago

In Tokio war sie mit 66 Jahren bereits die Älteste, drei Jahre später trat Hanna rund vier Monate vor ihrem 70. Geburtstag auch die Reise nach Paris an. Sie ist stolze 57-einhalb Jahre oder 21074 Tage älter als die jüngste Teilnehmerin der Spiele von Paris, die elf Jahre alte Skateboarderin Zheng Haohao aus China. Allerdings ist Hanna in diesem Jahr nur Reserve-Athletin - sollte sie nicht zum Einsatz kommen, geht der Titel des ältesten Aktiven in Paris an den 65 Jahre alten Dressur-Reiter Juan Antonio Jimenez aus Spanien.

Andy Macdonald (50/Großbritannien/Skateboard)

Andy MacDonald bei einem Wettkampf vor den Olympischen Spielen.
Andy MacDonald bei einem Wettkampf vor den Olympischen Spielen.Depositphotos/Imago

Beim Skateboarden tummeln sich dieser Tage die jüngsten Athleten der Spiele – 14, 15 und 16 lautete das Alter der Medaillengewinnerinnen im Street-Wettbewerb der Frauen am Sonntag. Und mittendrin bei dem bunten Treiben auf dem Place de la Concorde: Ein Brite, der den Altersschnitt in der Männerkonkurrenz beträchtlich anhebt. Der 50 Jahre alte Andy Macdonald ist eine Legende seines Sports, er feierte bei den X-Games zahlreiche Erfolge und hat sich nun auch ganz spät den Olympiatraum erfüllt.

Xia Lian Ni (61/Luxemburg/Tischtennis)

Luxembourg's Xia Lian Ni feiert ihren Sieg gegen die Türkin Sibel Altinkaya in Paris. 
Luxembourg's Xia Lian Ni feiert ihren Sieg gegen die Türkin Sibel Altinkaya in Paris. JUNG Yeon-je / AFP

Die Pingpong-Seniorin mit den flinken Händen kommt dieser Tage aus dem Feiern gar nicht mehr heraus. Erst durfte die gebürtige Chinesin bei der Eröffnungsfeier die luxemburgische Fahne schwenken, anschließend sorgte sie in der Halle für einen spektakulären Rekord. Mit ihrem Sieg über die 30 Jahre jüngere Türkin Sibel Altinkaya wurde Ni zur ältesten Gewinnerin einer Einzelpartie in der Olympia-Geschichte. Weniger Erfolg hatte ihre Kollegin Zhiying Zeng, die in der ersten Runde ausschied – und dennoch überwog auch bei der Chilenin der Stolz. Schließlich hatte sie mit 58 Jahren bei Olympia debütiert.

Isabell Werth (55/Deutschland/Reiten)

Isabell Werth trainiert vor dem Schloss Versailles für ihren nächsten Gold-Coup.
Isabell Werth trainiert vor dem Schloss Versailles für ihren nächsten Gold-Coup.Rolf Vennenbernd/dpa

Für Deutschlands älteste Teilnehmerin ist auch der siebte Aufgalopp bei den Sommerspielen etwas Besonderes: „An Olympia“, sagt Werth, „kann man sich einfach nicht gewöhnen.“ Fast 39 Jahre trennen die siebenfache Olympiasiegerin von der jüngsten deutschen Teilnehmerin, der 16 Jahre alten Kunstturnerin Helen Kevric. Noch größer ist der Altersunterschied zu ihrer zehn Jahre jungen Stute Wendy. Mit der lief es zuletzt allerdings hervorragend, weshalb Werth auch im fortgeschrittenen Alter noch zu den heißen Medaillenkandidatinnen in der Dressur zählt.

Timo Boll (43/Deutschland/Tischtennis)

Timo Boll will nach den Olympischen Spielen in Paris seine internationale Karriere beenden.
Timo Boll will nach den Olympischen Spielen in Paris seine internationale Karriere beenden.Tom Weller/dpa

Eines hat der Tischtennis-Altmeister selbst Werth voraus. Während die Reit-Ikone 2004 in Athen die Spiele verpasste, tritt Boll in Paris zum siebten Mal in Folge bei Olympia an und stellt damit einen deutschen Rekord auf. Der ehemalige Weltranglistenerste, der 2000 in Sydney debütierte, peilt mit dem Team die fünfte Olympiamedaille an, es ist sein letzter Auftritt auf der großen internationalen Bühne.

Sinead Diver (47/Australien/Leichtathletik)

Sinead Diver, Jessica Stenson mit Tochter Ellie, Genevieve Gregson mit Sohn Archer und Brett Robinson (v.li.) posieren für ein Foto während der Bekanntgabe der Athleten, die für Australien beim Marathon bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris antreten werden.
Sinead Diver, Jessica Stenson mit Tochter Ellie, Genevieve Gregson mit Sohn Archer und Brett Robinson (v.li.) posieren für ein Foto während der Bekanntgabe der Athleten, die für Australien beim Marathon bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris antreten werden.AAP/Imago

Dass es beim Reiten und auch im Tischtennis im fortgeschrittenen Alter noch klappen kann mit der Olympiateilnahme, leuchtet dem geneigten Sportbeobachter ein. Dass aber in der Königsdisziplin der Läufer eine 47-Jährige an den Start geht, erscheint äußerst bemerkenswert. Diver, die Zehnte von Tokio, will es beim Marathon in Paris noch einmal wissen und auch als Seniorin im Feld ganz vorne mitmischen. Ob das klappt oder nicht, nach den Spielen wird sie die älteste australische Leichtathletik-Olympionikin der Geschichte sein. ■