Dicht daneben ist auch vorbei ... Borussia Dortmund ist im Finale der Champions League in London mit dem großen Favoriten auf Augenhöhe, hat beste Chancen auf eine Führung und verliert am Ende doch 0:2 (0:0) gegen Real Madrid. Schade, da war mehr drin. So blieb Klub-Ikone Marco Reus (35) auch in seinem letzten Spiel für den BVB ohne großen Titel. Den schnappte sich bei seinem Real-Abschied dafür Toni Kroos (34).
Dortmund hatte Real in die Enge getrieben und stand doch mit leeren Händen da. In der Nacht wich die Enttäuschung nur langsam dem Stolz über eine grandiose Saison in Europas Königsklasse. Tief enttäuscht trotteten Mats Hummels (35), der noch nicht entschieden hat, wie es bei ihm weitergeht, und Reus durch die Nacht zu einer „Feier“, die so rauschend hätte werden sollen. Ein Lächeln konnten sich beide nicht abringen. Dafür fehlte beim Bankett im angesagten Outernet London im Stadtteil Soho das Wesentliche: der Henkelpokal. Bei Bier, BVB-Burgern und Discomusik versuchten die niedergeschlagenen Borussen den Schmerz zu verarbeiten. Vergeblich.
„Wir hätten uns unsterblich machen können“, war Stürmer Niclas Füllkrug (31) geknickt. Viel hatte nicht gefehlt an diesem Final-Abend im Wembleystadion. Deshalb fiel es vielen Dortmundern schwer, die Gefühle zu sortieren. Für Stolz über eine grandiose Saison auf der großen Bühne war (noch) kein Platz.
Kroos ist jetzt Henkelgott

Apropos Stolz: Real wusste gar nicht, wohin damit. Toni Kroos, der mit einer Ecke das 1:0 durch Dani Carvajal (73.) vorbereitete (das 2:0 in der 84. packte Vinicius Junior drauf), warf seinem Sohn Fin goldenes Konfetti über den Kopf, dann reckte er voller Stolz sechs Finger in die Höhe und jubelte: „Genau so wollte ich abtreten. Besser hätte es gar nicht laufen können.“ Nach seinem sechsten Triumph in der Champions League verlässt Kroos die Königlichen als „Henkelgott“.
Schon bei seiner Auswechslung hallten „Toni, Toni“-Rufe durch das weite Rund, nach dem Abpfiff kletterte der gebürtige Greifswalder dann in die Real-Kurve und ließ sich auch dort ausgiebig feiern. „Weißt du, was dich nach diesem Finale erwartet? Unsterblichkeit“, schrieb Real bei X.
In seinem letzten Spiel als Klubfußballer stand der Weltmeister von 2014 wie so oft auf der Gewinnerseite. Allein bei Real holte er 23 Titel, weltweit hat kein anderer den Henkelpott häufiger gewonnen. Kroos: „Was ich in diesen zehn Jahren erlebt habe, werde ich nie vergessen. Es wird Zeiten geben, wo ich all das vermissen werde. Aber ich habe diese Entscheidung getroffen, weil ich ein anderes Leben führen will.“
Kroos zum EM-Ziel: „Wenn ich ein Turnier spiele, will ich es gewinnen“

Vor allem will er mehr Zeit für die Familie. Auch nach dem Schlusspfiff führte ihn sein erster Weg auf die Tribüne zu seiner Frau und den drei Kindern. Ehefrau Jessica gehöre der größte Dank: „Sie ist immer da. Die Trainer haben gewechselt, die Mitspieler auch, sie nie. Diese Sicherheit, dieses Geregelte ist in einer Karriere so wichtig.“
Seine weiß-goldenen Schuhe für die Partie gegen den BVB hatte Kroos von seiner Frau und den Kindern handschriftlich verzieren lassen. Es half. Vom „traumhaften Abschied“ schrieb die Zeitung Marca und gab ihm die Höchstnote 10. Trainer Carlo Ancelotti hofft sogar noch auf den Rücktritt vom Rücktritt: „Wenn er das tut, sind wir da.“
Ein letztes Highlight bleibt Kroos noch: die Heim-EM. Das Ziel steht schon. Titel-Toni hat noch nicht genug: „Es ist ein Selbstverständnis bei mir: Wenn ich ein Turnier spiele, dann will ich es natürlich gewinnen.“■