Franz Beckenbauer, der „Kaiser“. Es ist wohl der berühmteste Spitzname des Fußballs und der Sportwelt, vielleicht sogar der bekannteste Beiname überhaupt. Und wie es sich für eine Legende wie Beckenbauer gehört, gehen die Erzählungen, wie der nun im Alter von 78 Jahren gestorbene Beckenbauer zu seiner Krönung kam, auseinander. Ein Spiel oder ein Foto? So wurde Beckenbauer wirklich zu „Kaiser Franz“.
Es gibt da dieses Bild, das lange als Ursprung für Beckenbauers Spitznamen galt. Darauf zu sehen: Beckenbauer neben der Büste des österreichischen Kaisers Franz Joseph I. (1848–1916). Entstanden war es laut Beckenbauer in Wien am Rande eines Freundschaftsspiels zwischen Deutschland und Österreich am 21. September 1969.
„Vor dem Spiel war ein Empfang, in der Mitte stand eine Büste von Kaiser Franz Joseph. Weil es damals nicht üblich war, die Mannschaft zu begleiten, war nur ein Journalist dabei, der gleichzeitig auch Fotograf war. Und der hat mich, weil es ihm scheinbar langweilig war, gebeten, mich neben die Büste zu stellen“, erinnerte sich Beckenbauer noch Jahre später. Es habe geblitzt, fortan sei er „Kaiser Franz“ gewesen. „So einfach geht das.“
Schalkes Reinhard „Stan“ Libuda kam nicht an Franz Beckenbauer vorbei
Nun gut. Das Foto mag zwar Beckenbauers Beinamen weltweit bekannt gemacht haben, „Kaiser“ wurde er aber tatsächlich bereits vorher genannt. Herbert Jung, ein Bildreporter, der Beckenbauer zu Beginn seiner Karriere auf Schritt und Tritt begleitete, erzählt in der ARD-Dokumentation „Beckenbauer – Legende des deutschen Fußballs“ eine andere Geschichte – und führt als Beleg seiner Version seinen Spielbericht über das DFB-Pokalfinale von 1969 auf, das der FC Bayern am 14. Juni im Frankfurter Waldstadion gegen den FC Schalke 04 mit 2:1 gewann.

„Kaiser Franz zürnte: Ich war ein Gentleman“, lautet die Überschrift von Jungs Artikel von damals, der mit den Worten beginnt: „Schalke probte den Aufstand gegen die bayerische Monarchie. Erfolglos.“ Jung erinnert sich: „Es war die Hölle los. Da ist uns eingefallen: Wenn Monarchie ist, dann ist der König der Schalker der Libuda und dann ist bei Bayern der Beckenbauer der Kaiser.“
Beckenbauer wurde dank des „Königs von Westfalen“ zum „Kaiser Franz“
Der Libuda, das war Schalkes Tempodribbler Reinhard „Stan“ Libuda, der in Gelsenkirchen so beliebt war, dass ein Fan ein Plakat der Kirche für einen Gottesdienstbesuch mit dem Slogan „An Gott kommt keiner vorbei!“ mit dem Spruch bekritzelte: „Außer Stan Libuda.“
Doch weil selbst der „König von Westfalen“ nicht am Verteidiger Beckenbauer vorbeikam und der FC Bayern 1969 den Pokal gewann, wurde Franz von der Presse erstmals zum „Kaiser“ gekrönt – also bevor das Foto von ihm neben der Büste von Österreichs Kaiser entstand.
Franz Beckenbauer und das Foto mit Kaiser Franz Joseph I.
Dennoch trug das Foto, das übrigens nicht 1969 bei einem Länderspiel, sondern erst zwei Jahre später, am 4. August bei einem Freundschaftsspiel des FC Bayern anlässlich des 60. Jubiläums von Austria Wien in Österreichs Hauptstadt entstand, zur Legendenbildung bei. Der Kicker veröffentliche am 16. August 1971 das vom Ösi-Fotografen Herbert Sündhofer aufgenommene Foto, das Beckenbauer neben der Büste von Kaiser Franz Joseph I. zeigt.
Erst danach verfestigte sich die bereits zwei Jahre zuvor verwendete Bezeichnung „Kaiser“ – und wird auch nach dem Tod von Franz Beckenbauer für immer in Erinnerung bleiben.