Tausende Menschen in Gefahr

Angst beim Tatort „Kammerflimmern“: Kann man Herzschrittmacher hacken?

Im beliebtesten Krimi der Deutschen geht es am Sonntag um Hacker, die sich an Herzschrittmachern vergreifen. Ein realistisches Szenario?

Author - Florian Thalmann
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Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher, l.) gehört zu den Ermittlerinnen im Schweizer Tatort „Kammerflimmern“. Sie muss Patienten retten, deren Herzschrittmacher angegriffen werden.
Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher, l.) gehört zu den Ermittlerinnen im Schweizer Tatort „Kammerflimmern“. Sie muss Patienten retten, deren Herzschrittmacher angegriffen werden.ARD

Etliche Menschen haben auch in Deutschland einen Herzschrittmacher, laut Statistik gibt es etwa eine Million Patienten – für sie dürfte das Fernsehen am Sonntag besonders gruselig werden. Im neuen Schweizer Tatort geht es um einen ganz besonderen Fall von Cyberkriminalität. Der Film „Kammerflimmern“ (20.15 Uhr, ARD) dreht sich um Hacker, die die Herzschrittmacher von etlichen Patienten umprogrammieren – und sie damit in Lebensgefahr bringen. Wenn es nicht Tausende Tote geben soll, müssen mehr als 300 Millionen Franken Lösegeld den Besitzer wechseln. Aber: Wie real ist ein solches Szenario, wie es im „Tatort“ dargestellt wird?

Im Tatort „Kammerflimmern“ werden Herzschrittmacher gehackt, um Geld zu erpressen

Der Film erzählt die Geschichte einer Firma, die zum Opfer eines Cyberangriffs wird. Menschen, die einen implantierten Defibrillator der Firma Lauber haben, bekommen plötzlich Stromschläge. Die Erpresser fordern ein Millionenlösegeld für einen digitalen Schlüssel, der die Firmenrechner, mit denen die Geräte korrekt eingestellt werden können, wieder ans Laufen bringen soll. Tatsächlich kommt schnell ans Licht, dass die Firma selbst unter Konkurrenzdruck steht und in der Vergangenheit vor unsauberen Methoden nicht zurückgeschreckt ist. Wer steckt hinter der Attacke?

Neben der Frage, wer für den Angriff verantwortlich ist, dürfte viele Zuschauer vor allem eine Frage beschäftigen: Gibt es Cyber-Attacken auf Herzschrittmacher wirklich? Gegenüber dem Schweizer Portal „Blick“ erriet ein Experte für IT-Sicherheit, ob so etwas wirklich möglich ist. Sein Fazit: Grundsätzlich ja, allerdings sei es für Außenstehende recht schwierig, „solche Implantate breitflächig zu kompromittieren“, sagt Marc Ruef, der für eine Sicherheitsfirma in Zürich arbeitet.

Es ist nicht einfach, einen Herzschrittmacher wie im „Tatort“ zu hacken

Laut dem Sicherheitsexperten ist es alles andere als einfach, ein solches Gerät für Zwecke zu nutzen, wie sie im „Tatort“ gezeigt werden. Herzschrittmacher werden laut dem Bericht drahtlos angesteuert – und das ist auf maximal zwei Meter Entfernung möglich. Noch dazu dauere es lange, sie umzuprogrammieren – ein Update der Software nehme über fünf Minuten in Anspruch. Außerdem gibt es natürlich Mechanismen wie Verschlüsselungen, die es zusätzlich erschweren.

Noah Löwenherz (Aaron Arens), Kommissarin Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) und Tessa Ott (Carol Schuler) ermitteln im neuen Tatort „Kammerflimmern“.
Noah Löwenherz (Aaron Arens), Kommissarin Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) und Tessa Ott (Carol Schuler) ermitteln im neuen Tatort „Kammerflimmern“.Sava Hlavace/ARD/dpa

Realistischer als der Tatort „Kammerflimmern“ sind Angriffe auf Politiker

Aber: Die Geräte seien nicht unknackbar, so der Experte weiter. Seine Firma, die im Bereich Medizintechnik forscht, sei bereits auf Sicherheitslücken gestoßen. Allerdings ist laut Ruef unwahrscheinlich, dass sich der normale Besitzer eines Herzschrittmachers Sorgen machen muss. Wenn, dann würden die mutmaßlichen Täter Angriffe auf solche Geräte eher als ein Mittel seien, das „primär gegen High-Value-Targets aus Politik oder Wirtschaft angewendet werden würden“, sagt er. Sprich: Realistischer als eine flächendeckende Attacke seien etwa gezielte Angriffe auf Politiker oder Wirtschaftsbosse.

Spannend dürfte der Tatort „Kammerflimmern“ trotzdem bleiben. Es ermitteln die Kommissarinnen Tessa Ott (Carol Schuler) und Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher). Auch die Staatsanwältin Anita Wegenast (Rachel Braunschweig) leistet ihren Beitrag zur Klärung des Falles. Und: Kriminaltechniker Noah Löwenherz (Aaron Arens) rückt laut Kritik stärker ins Rampenlicht, was gelobt wird. Denn er verliert sich zwar in Details, liefert aber wichtige Puzzleteile, damit auch der Fall „Kammerflimmern“ beim Tatort gelöst werden kann.