Es war ein Abend, der als Freundschaftsspiel begann und als Albtraum endete. Zehn Jahre nach den Anschlägen von Paris blickt eine neue Sky-Dokumentation zurück auf die dramatischen Stunden im Stade de France. Als der Knall von Explosionen die Nacht zerriss und Spieler, Politiker und Zuschauer um ihr Leben bangten. Die Doku geht streckenweise tief unter die Haut.
13. November 2015: Frankreich spielt gegen Deutschland im Stade de France. Plötzlich ein dumpfer Knall. Nur wenige Minuten nach dem Anpfiff verwandelt sich die funkelnde Flutlicht-Arena in einen Kriegsschauplatz. Vor den Toren detonieren Sprengsätze, während Zehntausende Fans jubeln, noch ahnungslos, dass draußen der Terror wütet.
Auch die Spieler auf dem Feld machen erst mal weiter. Bis die Partie abgepfiffen wird … Der Sky-Original-Dokumentarfilm „Die Nacht von Paris – Terror am Stade de France“ rollt die Geschehnisse in und am Stadion nun, zehn Jahre später, schonungslos auf.

Die Autoren Christian Twente und Markus Brauckmann rekonstruieren die chaotischen Stunden aus vielen unterschiedlichen Blickwinkeln – von der Kabine der deutschen Nationalmannschaft bis zum VIP-Raum des französischen Präsidenten François Hollande, der mit dem damaligen deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) auf der Tribüne saß.
Im Mittelpunkt der Terror-Doku steht die DFB-Elf
Im Mittelpunkt aber steht die DFB-Elf, gefangen zwischen sportlichem Ernst und wachsender Unruhe. Abwehrspieler Jérôme Boateng erinnert sich: „Uns wurde nichts gesagt, in der Kabine war eine normale Stimmung. Bis ich auf mein Handy schaute.“ Da entdeckt er in der Halbzeit die ersten Nachrichten – draußen Tote, Sirenen, Chaos.

Hinter den Kulissen versuchen Oliver Bierhoff und das Sicherheitsteam fieberhaft, die Mannschaft zu schützen. Auf dem Rasen spielen Ilkay Gündoğan, Matthias Ginter und Co. tatsächlich aber erst mal weiter, ohne zu wissen, was unmittelbar vor den Stadionmauern geschieht.
Im Kontrollzentrum herrscht Anspannung. Hollande und sein Team müssen in Sekunden über Leben und Tod entscheiden: Evakuieren? Oder Tausende im Stadion festhalten, um eine Massenpanik zu vermeiden?
Die Terroristen töteten 130 Menschen
Nach dem Abpfiff stürmen verängstigte Fans auf den Rasen, suchen Schutz in der Mitte des Spielfelds, während TV-Moderator Matthias Opdenhövel live auf Sendung bleibt – gefangen zwischen professioneller Ruhe und nackter Angst. Darin unterscheidet er sich nicht von den Fans. Denn inzwischen sind alle Zugänge vergittert worden. Keiner kommt mehr rein oder raus. Opdenhövel weiß: Eigentlich muss man die Übertragung abbrechen.
Der Film rekonstruiert in Form eines auf Spannung getrimmten Countdowns, wie sich persönliche Schicksale, politische Verantwortung und sportliche Routine kreuzen. Mithilfe von KI-Simulationen entsteht dabei das beklemmend wirkliche Bild einer Großstadt im Ausnahmezustand – und einer Fußballnacht, die zur historischen Zäsur wurde.

Manchmal wirkt die dramatische Begleitmusik ein bisschen schrill und überzogen. Am stärksten ist die Doku dort, wo sie ruhig und unaufgeregt die einzelnen Schicksale der Terror-Nacht beleuchtet. Vor allem die Szenen in der deutschen Kabine, als keiner mehr rauskam, wirken beklemmend.
Eine Szene bleibt den Spielern um Trainer Joachim Löw unvergessen: Als der Franzosen-Coach Didier Deschamps hereinkommt und sagt: Die französische Mannschaft solle jetzt zuerst in Sicherheit gebracht werden, aber niemand würde gehen, solange die deutsche Mannschaft noch im Stadion sei, aus Solidarität und Freundschaft. Was für eine tolle und humane Einstellung!
Bange Stunden der Angst für alle Beteiligten
Viele der interviewten Spieler um Ilkay Gündoğan, Jérôme Boateng, Matthias Ginter und Julian Draxler sprechen aus, wie läppisch ihnen ihre eigenen Ängste später vorkamen vor dem Hintergrund des grausigen Mordens draußen in der Stadt.

Während die Terroristen 130 Menschen töten und 350 weitere verletzen, dürfen die Spieler und Offiziellen schließlich in den Flieger steigen. „Da hat sich jeder sehnsüchtig drauf gefreut, in der Maschine zu sitzen und abzuheben“, so Oliver Bierhoff.
Auch Ilkay Gündoğan erinnert sich an den Moment des Abflugs: „Im Flieger selbst war ich ehrlich gesagt erst mal zufrieden, dass ich da überhaupt sitze und in der Luft bin, und auf dem Weg nach Hause, nach Deutschland. Aber man reflektiert natürlich so ein bisschen auch, was die letzten Stunden passiert ist, und entsprechend war der Flug relativ ruhig.“ Niemand redet auch nur ein Wort.