Radikale Lebensumstellung

Kerstin Ott im Interview: „Ich habe das lange von mir weggeschoben“

Kerstin Ott plaudert im Interview mit dem Berliner KURIER über ihre romantische Ader, Texthänger auf der Bühne und ihre krasse Lebensumstellung.

Author - Julia Nothacker
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Kerstin Ott ist seit acht Jahren nicht mehr aus der Schlagerbranche wegzudenken.
Kerstin Ott ist seit acht Jahren nicht mehr aus der Schlagerbranche wegzudenken.Benjamin Pritzkuleit

Acht Jahre ist es her, dass Kerstin Ott (42) mit ihrem Hit „Die immer lacht“ die Charts eroberte. Seitdem ist sie fester Bestandteil der deutschen Schlagerbranche. Auch ihr neuer Song „Alte Liebe rostet nie“ hat Hit-Potenzial. Was Kerstin tut, damit auch ihre Liebe nie rostet, warum sie ihr Leben radikal veränderte und wie ihre Beziehung zu ihrer Geburtsstadt Berlin ist, erzählt uns die Sängerin im KURIER-Interview.

Warum die Liebe bei Kerstin Ott nie rostet

Kerstin, dein erster Hit „Die immer lacht“ liegt jetzt schon acht Jahre zurück. Hättest du damals gedacht, dass es dich so lange in der Schlagerbranche gibt?

Ich hätte mir damals nicht mal ein halbes Jahr gegeben. Ich habe mich natürlich gefreut und dachte, ich bleibe ein One-Hit-Wonder. Allein das hätte ich schon echt cool gefunden. Ich dachte mir: Wer hat das schon? Doch plötzlich ist es immer weiter und weiter gegangen, und heute haben wir ein Interview. (lacht)

Dein neuer Song „Alte Liebe rostet nie“ beinhaltet die Melodie des Klassikers „Stand By Me“ von Ben E. King. Wie kam es dazu?

Ich wollte unbedingt mal einen Song mit Oldie-Klängen machen, der mit neuen Beats unterlegt wird. Den Wunsch hatte ich schon ein paar Jahre und jetzt bin ich endlich mal dazu gekommen. Dann habe ich mir gedacht, dass das Thema alte Freundschaft gut dazu passen würde. Umso älter man wird, umso wichtiger werden auch die Freundschaften, die man noch aus Kindheitstagen hat. Meine beste Freundin habe ich, seit ich acht Jahre alt bin.

Wie pflegst du diese alten Freundschaften?

Wichtig ist, dass man Zeit miteinander verbringt. Wenn man gerade gemütlich auf der Couch sitzt, sich doch noch mal aufrafft und zusammen einen Kaffee trinken geht. Ich bin ja viel unterwegs. Aber wenn ich dann zu Hause bin, nehme ich mir die Zeit und rufe bei Freunden an.

Und was sorgt deiner Meinung nach dafür, dass die romantische Liebe nicht einrostet?

Ich finde Spontanität sehr wichtig und dass man unbequeme Dinge anspricht. Das fällt einem natürlich nicht so leicht. Aber in einer Beziehung kann sich auch mal was verändern, und dann ist es wichtig, das anzusprechen. Genauso wichtig finde ich es aber auch, schöne Dinge in der Beziehung anzusprechen.

Bist du eine Romantikerin?

Total! Karolina ist zwar auch sehr romantisch, aber ich bin es noch mehr. Ich denke, das liegt auch an meiner Kreativität. Ich überrasche meine Frau sehr gerne und überlege mir schöne Sachen. Ich freue mich einfach, wenn ich sie zum Lachen bringen kann. Wir schreiben uns öfter Zettel, wenn der eine morgens früher rausmuss, oder kochen dem anderen Kaffee.

Kerstin Ott mit Ehefrau Karolina Köppen
Kerstin Ott mit Ehefrau Karolina KöppenKochan/Eventpress/Imago

Du gehst bald wieder auf Tour. Hast du eine Routine vor und nach einem Konzert?

Vor dem Auftritt sind mir Ruhe und Konzentration ganz wichtig. Ich gehe die Texte noch mal durch und singe mich ein. Bei einem Zweistundenprogramm brauche ich das. Ich bin ja auch bekannt für den ein oder anderen Texthänger. Deshalb bereite ich mich noch mal speziell auf die Songs vor, bei denen ich weiß, dass es haken könnte. Nach dem Auftritt fahren wir meistens direkt zur nächsten Location, damit wir das am nächsten Tag nicht mehr machen müssen.

Hilft dir die Routine bei den Texthängern?

Die Hänger haben mit Routine leider nichts zu tun. Bei mir ist es so, dass in dem Moment meine Gedanken abschweifen. Ich werde zum Beispiel abgelenkt und dadurch vergesse ich dann manchmal einfach, weiterzusingen. Einmal hat mich eine Omi aus dem Publikum so süß angeguckt, dass ich dadurch total aus dem Konzept gebracht wurde. Ich sage den Leuten im Publikum dann ganz offen und ehrlich, was passiert ist, und dann verzeihen dir mir das.

Bei Kerstin Ott kommt es auf der Bühne auch mal zu Texthängern.
Bei Kerstin Ott kommt es auf der Bühne auch mal zu Texthängern.Karina Hessland/Imago

Kerstin Ott wagt eine radikale Lebensumstellung

Du hast mit dem Rauchen aufgehört, trinkst keinen Alkohol mehr und bist jetzt Veganerin. Wie kam es zu diesem drastischen Lebenswandel?

Das war eine Kettenreaktion. Ich war im vergangenen Jahr alleine in Portugal im Urlaub und habe danach beschlossen, vegan zu leben. Meine Frau hatte zu dem Zeitpunkt auch schon ein Jahr lang vegan gelebt. Ich war bereits Vegetarierin, hatte aber plötzlich das Gefühl, dass ich mich ab sofort vegan ernähren möchte. Das hat auch gleich richtig gut funktioniert. Kurze Zeit später hat meine Frau mit dem Rauchen aufgehört. Mir war es dann peinlich, dass ich, wenn ich vom Rauchen reinkam, immer so gestunken habe. Es war so ein Aufwand, sich dann jedes Mal die Hände zu waschen und sich den Mund auszuspülen. Auch beim Alkohol war meine Frau wieder der Auslöser. Sie hatte sich dazu entschlossen, nicht mehr zu trinken, weil sie viel Sport macht. Und dann dachte ich mir, dass ich das auch ausprobiere. Mein Ziel ist es, ein Jahr lang auf Alkohol zu verzichten. Acht Monate habe ich schon geschafft.

Was fehlt dir am meisten?

Das Rauchen. Beim Rauchen verspüre ich immer noch den Stress. Ich habe ja 30 Jahre lang geraucht. Das wäre wohl auch ein bisschen zu viel verlangt, zu erwarten, dass ich damit jetzt ganz durch bin. Man hatte so viele Jahre diese Routine. Diese Routine dann aus seinem System rauszubekommen, ist nicht so leicht. Ich muss auch zugeben, dass es vielleicht ein bisschen viel auf einmal war. Ich merke das in verschiedenen Situationen. Wenn man auf einer Party ist und alle zum Rauchen rausgehen, das ist schon schwierig für mich. Aber ich lerne jeden Tag dazu und hoffe, dass es so bleibt. Ich bin guter Dinge.

Und wie läuft es mit der veganen Ernährung?

Heutzutage muss man sich da ja gar nicht mehr groß anstrengen. Auf vielen Produkten steht schon drauf, dass sie vegan sind. Vor zehn Jahren wäre das noch ein Problem gewesen, da fand ich viele Produkte auch eklig. Aber heutzutage gibt es tolle Sachen. Das Einzige, was mir schwerfällt, ist der Verzicht auf Käse. Ich war einfach echt ein großer Käseliebhaber. Aber da sage ich mir immer: „Sei nicht so egoistisch! Mach es für die gute Sache!“

Du engagierst dich auch zusammen mit Peta gegen Tierleid. Warum jetzt?

Ich habe das eine lange Zeit von mir weggeschoben. Ich habe immer diese Tiertransporter auf der Autobahn gesehen. Jedes Mal, wenn dieser Schweinchen-Laster an mir vorbeigefahren ist, lief es mir eiskalt den Rücken runter. Ich habe dann immer schnell weggeguckt und mich abgelenkt. Aber man sollte nicht immer weggucken. Es ist einfach ekelhaft, was für Massen an Fleisch produziert werden.

Du bist in Berlin geboren, wohnst aber jetzt schon lange auf dem Land in Schleswig-Holstein. Welches Verhältnis hast du heute zu Berlin?

Ich liebe Berlin und bin sehr oft dort, weil meine Familie in Berlin wohnt. Ich mag die Stadt und ich mag auch die Leute. Besonders lustig finde ich die Taxifahrer, auch wenn die einen mal von der Seite anpfeifen. Hier in Norddeutschland sind die Menschen eher zurückhaltend. In Berlin ist es das Gegenteil, und das liebe ich.

Leben möchtest du aber nicht mehr in Berlin?

Sag niemals nie! Vor fünf Jahren hätte ich noch gesagt: „Auf keinen Fall, ich bin ein Landei!“ Aber dadurch, dass ich viel in großen Städten unterwegs bin, weiß ich es auch zu schätzen, mal nicht das Auto benutzen zu müssen, sondern einfach in die nächste U-Bahn zu steigen. Von daher, ausschließen würde ich das nicht.

In Berlin tritt Kerstin Ott am 16. Juni 2024 in der Open-Air-Arena Gärten der Welt auf. Tickets und weitere Tour-Termine finden Sie hier. ■