„Schüler Goebbels“

Gottschalk-Shitstorm: Jetzt giften seine Fans gegen Micky Beisenherz

In den sozialen Medien kochen die Wogen hoch: In der Kritik steht nicht nur Entertainer Thomas Gottschalk, sondern nun auch Moderator Micky Beisenherz: Hat er die Show-Legende zu hart angefasst?

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Micky Beisenherz mit der Ko-Moderatorin des Kölner Treffs, Susan Link
Micky Beisenherz mit der Ko-Moderatorin des Kölner Treffs, Susan Linkimago/Horst Galuschka

Für Thomas Gottschalk läuft es gerade wie bestellt: Am Mittwoch erscheint der dritte Teil seiner Autobiografie mit dem programmatischen Titel Ungefiltert: „Bekenntnisse von einem, der den Mund nicht halten kann“, und so könnte man die Aufregung um seine Interviews und seine provokanten Aussagen als das abhaken, was sie wohl auch ist: geschicktes Marketing. Doch der Shitstorm um den inzwischen 74-jährigen Entertainer hat eine merkwürdige Wendung genommen: Einerseits schlägt dem früheren „Wetten dass..?“-Moderator Thomas Gottschalk Kopfschütteln und Fremdscham selbst von der ‚Bild‘ entgegen, die sich sonst entschieden gegen Cancel Culture und „woke“-Kultur positioniert.

Thomas Gottschalks Wut spricht vielen aus der Seele

Doch Gottschalks Beharren darauf, unbedingt problematische Wörter wie „Zigeunerschnitzel“ vor laufender Kamera auszusprechen und im selben Atemzug zu behaupten, das dürfe man heute nicht mehr sagen – das erscheint nunmehr vielen, die der Show-Legende eigentlich gewogen sind, überzogen. Und doch scheint Gottschalk mit seiner Wut über die von ihm so gefühlte Cancel Culture vielen aus der Seele zu sprechen. Und es sind nicht nur vereinzelte Stimmen in den sozialen Medien, Unterstützung bekommt der Entertainer auch aus der Promi-Welt – in Person des früheren Fußball-Moderators Waldi Hartmann, der sich nicht nur mit Gottschalk solidarisiert, sondern seine Wut gegen WDR-Moderator Micky Beisenherz zu richten, der die Show-Legende zu hart angefasst habe.

Als„ erbärmlichen Moderator “und „Selbstdarsteller“ beschimpft der Sportjournalist, inzwischen beim rechtspopulistischen Portal Nius beschäftigt, seinen vielbeschäftigten Kollegen. Den „Kölner Treff“ moderiert Micky Beisenherz als einen von zahlreichen Nebenjobs. Bekannt wurde er vor Jahren als Comedy-Autor, unter anderem für das RTL-Dschungelcamp, inzwischen ist er einer von Deutschlands erfolgreichsten Podcaster (Apokalypse und Filterkaffee), Moderator und Autor für Stern und SZ.

Gottschalk-Fans werfen Micky Beisenherz Hassattacke und „Altersrassismus“ vor

Beim Kölner Treff geht es häufig um Menschliches, doch Beisenherz konfrontierte Gottschalk hart mit Widersprüchen, so wie es seriöse TV-Journalisten eben tun. Dafür muss dieser heftige Kritik einstecken: Sie wären ein perfekter Schüler Joseph Goebbels' gewesen", heißt es in einem inzwischen gelöschten Tweet. Ein anderer User wirft Beisenherz eine „kleine Hassattacke gegen Thomas Gottschalk, gespickt mit Altersrassismus“ vor - „kleinkarierter und spießiger geht's kaum“.

Die Angelegenheit hat aber noch eine anderen Hintergrund, an den sich kaum noch jemand erinnert: Beisenherz und Gottschalk saßen vor drei Jahren schon einmal zusammen in einer WDR-Talkshow, der wöchentlichen Talkshow Die letzte Instanz, moderiert von Steffen Hallaschka. Unter anderem ging es in der Sendung vom 29. Januar 2021 um die Frage, ob „Das Ende der Zigeunersoße“ gekommen sei. Gottschalk wollte sich damals nicht um die Kritik von Sinti und Roma scheren, die den Begriff Zigeuner als diskriminierend auffassen: „Ich bin ja jemand, der seine Karriere darauf begründet hat, dass er erst geredet und dann gedacht hat“, so Gottschalk damals – und ganz so äußert er sich heute.

Beisenherz dagegen, der in seiner Moderation bewusst gendert, zugleich die Redefreiheit hochhält und sich gegen jede politische Vereinnahmung verwahrt, verfolgte die Diskussion eher passiv – und wurde dafür nachher massiv kritisiert. Diese Kritik nahm der Moderator an: „Eine Sendung, in der vier Kartoffeln sitzen und mittels Karten über Rassismus abstimmen, hat ein Problem.“ Noch einmal die Dinge so im Raum stehen lassen wollte Beisenherz beim erneuten Zusammentreffen nicht – und so konfrontierte er Gottschalk mit dem Widerspruch, dass ihm ja niemand verbietet, so zu reden, wie er mag. Dennoch war es eben noch nie falsch, sich zunächst zu überlegen, was man im Fernsehen daherredet. ■