„Für mich ist das schlimm“

Shitstorm gegen Gottschalk: Darf man wirklich nichts mehr sagen?

Ein Auftritt des Moderators in der Talkrunde „Kölner Treff“ schlägt hohe Wellen: Thomas Gottschalk findet „schlimm“, dass er erst nachdenken müsse, bevor er etwas sagt.

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Thomas Gottschalk am Freitagabend im TV-Studio bei der Aufzeichnung der Talkrunde „Kölner Treff“
Thomas Gottschalk am Freitagabend im TV-Studio bei der Aufzeichnung der Talkrunde „Kölner Treff“Horst Galuschka/imago

Mit seinen 74 Jahren schreibt der legendäre TV-Moderator Thomas Gottschalk weiter wilde Schlagzeilen – aber nicht mit neuen Show-Projekten, sondern mit seinen Ansichten, die die Meinung der Öffentlichkeit zunehmend spalten. Kritik an dem früheren „Wetten, dass ..?“-Moderator war nicht erst bei der letzten Folge seiner Show im ZDF im November 2023 laut geworden und ist seitdem nicht mehr verstummt: Gottschalk hatte sich dort selbstironisch, aber auch trotzig als alter weißer Mann inszeniert. Als solcher ließ er sich in einer spektakulären Sequenz mit einem riesigen Radlader von der Bühne schaufeln.

Thomas Gottschalk ließ sich bei der letzten Folge von „Wetten, dass ..?“ mit einem Radlader wegschaufeln.
Thomas Gottschalk ließ sich bei der letzten Folge von „Wetten, dass ..?“ mit einem Radlader wegschaufeln.Arnulf Hettrich/imago

Schon während der Sendung begründete Gottschalk seinen Abschied unter anderem damit, er rede inzwischen im Fernsehen anders als zu Hause – was er offensichtlich nicht hinnehmen will. Seitdem lässt er keine Gelegenheit aus, öffentlich zu behaupten, man könne ja nichts mehr sagen.

Thomas Gottschalk: „Ich habe Frauen rein dienstlich angefasst“

Es handelt sich dabei um ein äußerst erfolgreiches Genre: von Dieter Nuhr über Mario Barth bis zu Heino und Stefan Raab, in vielerlei TV-Kanälen und sozialen Medien werden angebliche Sprachverbote angeprangert – und dann paradoxerweise ohne jede Konsequenz rassistisch belastete Wörter ausgesprochen und Stimmung gegen Gendersprache gemacht. Anders als die Genannten steht Thomas Gottschalk aber auch für sein eigenes Verhalten auf der Show-Coach gegenüber weiblichen Gästen in der Kritik: Er „habe Frauen rein dienstlich angefasst“, rechtfertigte sich der Moderator im Spiegel gegen Vorwürfe, allzu oft seine Hände auf die blanken Knie seiner Gäste gelegt zu haben. „Wie ein Schauspieler, der im Film küsst, weil es im Drehbuch steht. Das lasse ich mir nicht als Attacke vorwerfen.“

Dass ein solches Verhalten früher einmal akzeptabel war, heute aber verpönt sein soll, ist Gottschalk auch nicht recht: Er würde das Anfassen „heute bleiben lassen, weil ich weiß, dass gewisse Dinge mittlerweile politisch inkorrekt sind, die es damals nicht waren“, behauptet der Moderator, der sich in der Folge sogar als Opfer darstellt: „Ich betrete heute auch keinen Aufzug mehr, in dem nur eine Frau steht. Was mache ich, wenn sie im zweiten Stock rausrennt und ruft: #MeToo, der hat mich angefasst!?“

Thomas Gottschalk: Selbst Bild findet ihn „einfach nur bockig“

Im „Kölner Treff“, moderiert von Susan Link und Micky Beisenherz, setzte Gottschalk dann zur Generalabrechnung mit dem Zeitgeist an. „Zigeunerschnitzel“, „Mohrenkopf“ und dergleichen mehr, nichts dürfe man mehr sagen – obwohl er genau diese Worte während der Sendung genüsslich und folgenlos aussprach. Er sei sauer und fühle sich nicht ernst genommen: „Wenn einer mit 74 Jahren nicht das sagen kann, was er denkt, dann ist irgendwas schiefgelaufen.“ Für ihn sei das „schlimm“, dass er erst nachdenken müsse, bevor er etwas sagt.

Das wurde dann selbst der Bild-Zeitung zu blöd, die ansonsten allen Promis die Bühne gibt, die sich über vermeintliche Sprachverbote aufregen. „Einfach nur bockig“, kommentierte Bild-Redakteurin Jenna Müller den Auftritt des „herbstblonden“ Herrn – um ihm im gleichen Atemzug kindisches Verhalten zu attestieren: „Der kleine Thommy möchte gerne aus dem Schmoll-Land abgeholt werden!“ ■