Politik, Klima, oder auch „nur“ die Frage, wer dieses Mal die Spülmaschine ausräumen soll: Selbst im Freundes- und Familienkreis ist man nicht gefeit vor Diskussionen und Streits. Wer Pech hat, bei dem verhärten sich die Fronten, und am Ende hat man vielleicht nicht nur den Streit, sondern den Partner verloren. Damit das nicht passiert, hat die HuffPost Anwälte gefragt, wie man gut streitet und diskutiert – und die hatten einige handfeste Tipps.
1. Tipp für gutes Streiten: Es geht nicht (nur) ums Gewinnen
„Die meisten Diskussionen sind heutzutage unproduktiv, weil Menschen sich zu sehr darauf versteifen, den Streit zu gewinnen, statt das Gesamtbild im Auge zu behalten“, erklärt Ugo Lord, Anwalt für Wirtschaftsrecht. Auch wenn einer von beiden mit einem kurzzeitigen Sieg davonzieht, könnten Beziehungen langfristig an zwecklosen Streits zerbrechen. Deswegen empfiehlt Lord, Diskussionen von vornherein anders anzugehen.
Die Ehe- und Familienanwältin Marilyn Chinitz hat zum Beispiel eine eigene Streit-Philosophie: „Streiten hat eine negative Konnotation, aber das sollte es nicht“, sagt sie. Es sei ein „sozialer Prozess, und jeder sollte sich bemühen, gut im Streiten zu sein“. Und weiter: „Konflikte sind nicht immer eine Bedrohung ― sondern können häufig eine Möglichkeit sein, klarzustellen, wo man steht“.
2. Tipp für gutes Streiten: Zuhören und Nachfragen
Selbst wenn einem das, was man da hört, so gar nicht gefällt, ist das Wichtigste in einem Streit, seinem Gegenüber zuzuhören. „Das Problem mit Streits heutzutage ist, dass Menschen sich nicht gegenseitig zuhören“, beklagt Robert Ottinger, Gründer seiner eigenen Anwaltsfirma. „Stattdessen wollen sie nur ihr eigenes Argument vortragen, und am Ende hat man zwei Menschen, die sich gegenseitig vollquatschen, aber keiner, der zuhört“.
Viele machen den Fehler, zu denken, dass sie schon wissen, was ihnen ihr Gegenüber sagen will. Dann tappt man oft in die Falle, dass man mit einer Meinung streitet, die es gar nicht gibt, was wiederum dafür sorgt, dass Ihr Gegenüber noch vehementer versuchen wird, seinen Standpunkt zu erklären und zu verteidigen.
Das Stichwort in diesem Fall ist „aktives Zuhören“: „Eine gute Methode dafür ist, die Meinung des Gegenübers nochmal kurz zu wiederholen, nachdem er aufgehört hat, zu sprechen“, sagt Ottinger. So weiß er, dass Sie Ihm zugehört haben, und Sie verschwenden keine unnötige Energie, über etwas zu streiten, womit Sie vielleicht eigentlich kein Problem haben. Wenn Sie im Anschluss Ihre Meinung sagen, wird sie auf offenere Ohren stoßen.
Aktives Zuhören kann auch Verwirrung lösen und Ihrer Seite helfen. Verstrickt sich Ihr Gegenüber bei genauem Nachfragen zum Beispiel in Widersprüche, kann es sogar sein, dass er Ihnen ganz von alleine recht gibt. Wer die richtigen Fragen stellt, kann manchmal effektiver sein als jemand, der nur starr versucht, seine eigene Meinung zu verteidigen. Genauso kann es vorkommen, dass Sie dadurch merken, dass ein Missverständnis vorliegt, und der Streit gar nicht hätte eskalieren müssen.
3. Tipp für gutes Streiten: Nicht vom Thema abschweifen
Eine Falle, in die viele tappen: Ein Streit bricht aus, man kommt vom Hölzchen aufs Stöckchen, und ehe man sich's versieht, streitet man wieder über die gleichen Themen, über die man sich schon tausendmal gestritten hat. Seien Sie realistisch: Es ist unwahrscheinlich, dass Sie bei diesen Themen ausgerechnet dieses Mal auf einen grünen Nenner kommen.
Marilyn Chinitz empfiehlt stattdessen, sich voll und ganz auf den vorliegenden Fall zu konzentrieren und nur darüber zu reden. „Das Ziel von jedem Streit ist es, die andere Seite dazu zu bringen, das eigene Argument zu verstehen, und nicht einfach nur möglichst viel Aufruhr zu machen“, darum sei es wichtig, wie man die eigene Meinung rüberbringt, sagt Chinitz.

4. Tipp für gutes Streiten: Ruhig und leise sprechen
Apropos Aufruhr: Dass es beim Streit mal lauter wird, ist selbstverständlich. Versuchen Sie am besten trotzdem, Ihre Stimme möglichst leise und ruhig zu halten. Schließlich wird niemand gerne angeschrien. Im Gegenteil kann es sogar dafür sorgen, dass es Ihr Gegenüber nur noch mehr davon überzeugt, im Recht zu sein.„Eine ruhige Stimme sorgt dafür, dass man Ihnen zuhört“, sagt Chinitz.
Ruhig zu bleiben macht es für Sie auch einfacher, die eigene Meinung klar auszudrücken. „Klarheit ist der Schlüssel“, findet auch Lord. „Je mehr Sie Ihre Argumente ohne zusätzlichen ‚Flair‘ ausdrücken können, desto leichter wird es für die andere Partei sein, zu verstehen, was Sie wollen“. Wenn Sie also das Gefühl haben, dass Sie die Kontrolle über Ihre Gefühle verlieren, versuchen Sie, den Ton zu ändern. „Ich finde, Humor ist oft eine tolle Technik, um jemanden den Wind aus den Segeln zu nehmen“, sagt Chinitz.
5. Tipp für gutes Streiten: Im Zweifelsfall einen Schritt zurück machen
Um die eigenen Gefühle in den Griff zu bekommen, spielt auch Zeit eine wichtige Rolle. Erhitzen sich die Emotionen zu sehr, kann es helfen, erstmal etwas Abstand zu nehmen. „Je länger ein Streit dauert, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass man eine Langzeitbeziehung zerstört“, so Lord. Also: Nehmen Sie sich Zeit, sich unabhängig voneinander abzuregen und über eine Lösung nachzudenken.
Vermeiden Sie auch um jeden Preis einen Streit zwischen Tür und Angel. „Beseitigen Sie jede Ablenkung, damit Sie sich voll auf das Gespräch konzentrieren können“, rät Scheidungsanwältin Nicole Sodoma. „Seien Sie gedanklich im Hier und Jetzt und denken Sie zielorientiert“.
6. Tipp für gutes Streiten: Keine persönlichen Beleidigungen
Zuletzt eine Falle, in die viele tappen, wenn die Emotionen hochkochen. Chinitz sagt: „Man sollte einen Streit niemals persönlich werden lassen“. In der Regel streiten wir uns über bestimmte Themen, egal ob sie politisch sind, oder den Haushalt betreffen. Während Sie sich in Bezug auf ein Thema uneinig sind, sollten Sie trotzdem dem Verlangen widerstehen, jemanden auf persönliche Art anzugreifen. Das untergräbt nämlich Ihre Glaubwürdigkeit.
„Um glaubwürdig zu sein, muss man zeigen, dass man Ahnung von dem Thema hat, über das man diskutiert, aber das reicht nicht aus“, bemerkt Chinitz. „Man muss auch die Gegenseite mit Respekt behandeln, indem man deren Meinung anerkennt und überzeugend erklären kann, warum diese Ansicht nicht richtig ist. Sie gewinnen an Glaubwürdigkeit, wenn Sie Ihre Position mit Beispielen, Daten und Beweisen unterstützen können“. ■