Ratgeber

Krankenkassen in Not: Kippt doch die versicherungsfremden Leistungen!

Was steckt hinter dem Begriff „versicherungsfremde Leistungen“? Und wer zahlt dafür? Der KURIER klärt auf.

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Eine Hebamme untersucht eine schwangere Frau. Auch Schwangerschaftsleistungen wie Mutterschaftsgeld oder Haushaltshilfen zählen  zu den versicherungsfremden Leistungen.
Eine Hebamme untersucht eine schwangere Frau. Auch Schwangerschaftsleistungen wie Mutterschaftsgeld oder Haushaltshilfen zählen zu den versicherungsfremden Leistungen.Annette Riedl/dpa

Kaum ein Tag vergeht, ohne dass die Misere bei Krankenkassen und Pflegeversicherung für Schlagzeilen sorgt. Zusatzbeiträge steigen immer weiter, den Pflegekassen droht die Pleite. Reformen? Dringend nötig! Ideen gibt’s viele: Pflegegrad 1 abschaffen, Praxisgebühr wieder einführen – und immer wieder fällt das Stichwort „versicherungsfremde Leistungen“. Doch was ist? Was kosten sie? Und wer zahlt am Ende?

Was sind versicherungsfremde Leistungen?

Klingt sperrig, ist aber simpel: Darunter versteht das Bundesgesundheitsministerium Leistungen, die nicht direkt den Beitragszahlern zugutekommen, sondern gesamtgesellschaftliche Aufgaben sind. Heißt: Eigentlich müsste der Staat zahlen – nicht die Versicherten.

Welche Leistungen fallen darunter?

Bei der Gesetzlichen Krankenversicherung ist das zum Beispiel die beitragsfreie Versicherung während des Erziehungsurlaubs. Dazu die Mitversicherung von Ehepartnern und Kindern, Schwangerschafts- und Mutterschaftsleistungen, Haushaltshilfen, Verhütungsmittel, künstliche Befruchtung, Mutterschaftsgeld, Krankengeld bei kranken Kindern und mehr.

In der Pflegeversicherung gelten unter anderem Rentenbeiträge für pflegende Angehörige als versicherungsfremd. Und während der Corona-Pandemie griff der Staat auf Gelder der Kassen zu – weil sie als Körperschaften öffentlichen Rechts dafür offenstanden.

Sind versicherungsfremde Leistungen überflüssig?

Nein! Rentenbeiträge für pflegende Angehörige sind unverzichtbar – mehr als 80 Prozent der Pflegebedürftigen werden zuhause von Angehörigen versorgt. Auch Leistungen in der Schwangerschaft sind sinnvoll. Die Frage ist also nicht, ob es sie geben soll, sondern wer bezahlt.

Was kosten sie die Beitragszahler?

Nach Angaben des Sozialverbands VdK mussten die Pflegekassen allein in der Corona-Pandemie 13,1 Milliarden Euro für versicherungsfremde Leistungen abdrücken. Für pflegende Angehörige fließen jedes Jahr rund 4 Milliarden Euro in Rentenzahlungen.
Die Jugendorganisation von CDU/CSU hat für die GKV hochgerechnet. Laut JU macht das 57 Milliarden Euro jährlich – eigentlich ein Fall für den Staat.

Und die Lösung?

Die Zusatzbeiträge der Krankenkassen klettern Jahr für Jahr, während der gesetzliche Beitrag bei 14,2 Prozent eingefroren ist. Bedeutet: Gutverdiener werden im Verhältnis geschont, Normal- und Geringverdiener tragen die Last. Würden die Leistungen über Steuern finanziert, sähe es anders aus – je höher das Einkommen, desto höher die Abgabe.
Kritiker fordern daher: Beitragsbemessungsgrenze anheben! Oder alle Einkommensarten einbeziehen. Manche wollen sogar die private Krankenversicherung kippen, in der rund zehn Prozent der Menschen in Deutschland sind.
Auch für die Pflegeversicherung gibt es Ideen: eine Vollversicherung für alle Kosten, ergänzt durch eine Bürgerversicherung, in die auch Privatversicherte einzahlen. Mit Beiträgen auf alle Einkommensarten – von Löhnen bis Kapitalerträgen – und einer höheren Bemessungsgrenze.